Hamburg. Unklar bleibt, ob Jansen für die Wahl im Januar 2025 überhaupt kandidieren will. Entscheidung hat Einfluss auf den HSV-Aufsichtsrat.

Wer sich für das Amt des HSV-Präsidenten interessiert, der muss schon akribisch suchen, um auf das vom Beirat erstellte Anforderungsprofil zu stoßen. Wer auf der Webseite des HSV e.V. unter dem Themenschwerpunkt „Verein“ auf „Struktur, Satzung & Gremien“ klickt, der muss nur noch nach unten scrollen, „Gremien“ auswählen, den Komplex „Das Präsidium“ über den Pfeil auf der rechten Seite für weitere Informationen aufklappen, um schließlich zum Anforderungsprofil an das Präsidium zu gelangen. Ja, wo denn auch sonst?

Zugegeben: Sechs Monate vor der im Januar 2025 anvisierten Präsidiumswahl mag es nachvollziehbar sein, dass noch keine Informationskampagne für Bewerber getrommelt wird. Und dennoch wäre ein leichter auffindbares Versteck sicherlich nicht von Nachteil für einen transparenten Vorlauf der Wahl gewesen. Zumal das Votum der HSV-Mitglieder maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft der HSV Fußball Management AG, die nach dem noch immer nicht vollzogenen Rechtsformwechsel gegründet werden soll, nehmen wird. Doch dazu später mehr.

HSV: Wird Jansen durch neuen Präsidenten beerbt?

Zunächst einmal ist die vordergründige Frage, ob es für Präsident Marcell Jansen weitergeht. Tatsächlich liegt diese Entscheidung nicht nur in der Hand der HSV-Mitglieder, die auf der für das zweite oder dritte Wochenende im Januar 2025 angepeilten Mitgliederversammlung das Präsidium wählen. Auch die aktuellen Amtsträger müssten die Zustimmung des Beirats erhalten, um für die Wahl aufgestellt zu werden. Sofern sie denn überhaupt antreten wollen.

Momentan ist es unklar, ob Jansen noch einmal antreten möchte und wenn ja, in welcher Konstellation. Seine Pläne sind auch innerhalb des Vereins unbekannt. So soll der frühere Nationalspieler noch keine Gespräche mit dem Beirat über seine mögliche Wiederwahl geführt haben. Aktuell führt Jansen das Präsidium an der Seite von Michael Papenfuß (Schatzmeister) und Bernd Wehmeyer, deren Zukunft im HSV e.V. ebenfalls offen ist.

Möglicherweise wird Jansen aber seine Entscheidung vorzeitig abgenommen. Denn nach Abendblatt-Informationen ist es zweifelhaft, ob der Beirat Jansen noch einmal die Zustimmung für eine Kandidatur erteilen würde. Zwar hat sich das Kontrollgremium zu dieser Thematik noch nicht offiziell beraten und es herrscht auch keine einheitliche Meinung. Doch es gibt eben klare Haltungen einzelner Beiratsmitglieder, wodurch dieser Trend offenkundig wird.

HSV e.V.: Warum es Zweifel an Jansen gibt

Einer der Hauptgründe ist noch immer das unterschriftsreife Papier, das Jansen seinen Präsidiumskollegen im August 2023 vorgelegt hatte, um die über die Zukunft des HSV erstellten Inhalte dem damals neuen Anteilseigner HanseMerkur zu präsentieren. Doch Jansens Präsidiumskollegen Papenfuß und Wehmeyer lehnten dieses Vorhaben ab. Das Schriftstück sorgte über Monate für Gesprächsstoff in den Gremien des Vereins.

Auf der Mitgliederversammlung im Januar sprach Beiratsmitglied Patrick Ehlers von „vermeintlich relativ radikalen Positionen“, die darin vertreten seien, wie er vom Hörensagen erfuhr. „Ich habe gehört, der Beirat soll einigermaßen entmachtet werden.“ Außerdem sollte der Vorstand der HSV Fußball AG um einen CEO erweitert werden, trug Ehlers vor, der das Papier wenige Wochen vor der Versammlung auf Nachfrage auch zu sehen bekam.

Weil dieses Schreiben allerdings „dermaßen harmlos“ gewesen sei und der Beirat „unangenehm positiv“ dargestellt worden sein soll, zweifelte Ehlers an der Echtheit des Dokuments und vermutete eine „vorsätzliche Täuschung eines e.V.-Gremiums“. Daraufhin beschwichtigte Vizepräsident Papenfuß mit seiner Aussage, das Papier sei „eins zu eins identisch, einschließlich der Rechtschreibfehler“, und auch Wehmeyer sprang Jansen auf der Versammlung zur Seite: „Es gab keinerlei Täuschung des e.V.-Präsidiums.“

HSV-Beiratsmitglied Patrick Ehlers wählte in der Causa Jansen deutliche Worte.
HSV-Beiratsmitglied Patrick Ehlers wählte in der Causa Jansen deutliche Worte. © Witters

Ende gut, alles gut? Nicht ganz, denn das ominöse Papier geistert noch immer durch die vereinsinternen Gremien. Möglicherweise könnte eine erneute Aussprache helfen. Zumal das Stimmungsbild innerhalb des Beirats für Jansen von Bedeutung ist, sofern er sich als Kandidat zur Präsidiumswahl aufstellen lassen möchte.

HSV-Präsidiumswahl: Das ist neu

Die Bewerbungsfrist beginnt sieben Wochen vor der noch nicht terminierten Mitgliederversammlung im Januar 2025 und endet vier Wochen vor der Veranstaltung. Im Anschluss gibt der Beirat die Kandidatenliste bekannt. Nach einer Satzungsänderung sind diesmal keine Team-, sondern nur noch Einzelwahlen möglich. In der Theorie könnten sich die HSV-Mitglieder also für zwei Vizepräsidenten entscheiden, die gar nicht zum Wahlkampfteam des künftigen Präsidenten gehörten.

Mit dieser Maßnahme soll verhindert werden, dass ein gesamtes Team nicht zur Wahl zugelassen wird, obwohl der Beirat an nur einem der drei Kandidaten zweifelt, so wie es 2021 bei Marinus Bester und dem als Schatzmeister vorgesehenen Philipp Wenzel der Fall war.

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Je nach dem weiteren Prozess der Rechtsformänderung könnte das neue Präsidium direkt mit einer richtungweisenden Entscheidung konfrontiert werden. Wie berichtet, wird Ralph Hartmann auf der nächsten und ebenfalls noch nicht angesetzten Hauptversammlung als Aufsichtsrat bestellt werden, um das Kontrollgremium wieder auf sieben Personen zu erweitern. Dieser Schritt ist notwendig, um den Rechtsformwechsel zu vollziehen.

Nach Ablauf des ersten vollständigen Quartals nach Gründung der HSV Fußball Management AG laufen alle Aufsichtsratsmandate zunächst einmal aus und müssen neu erteilt werden. Ein Vorgang, der bei weiteren Verzögerungen des Rechtsformwechsels in das Zeitfenster des neuen Präsidiums fallen könnte, das plötzlich über die Besetzung des Aufsichtsrats entscheiden würde. Erwartet werden ein bis zwei Veränderungen im stark nach wirtschaftlichem Know-how aufgestellten Aufsichtsrat, der an sportlicher Kompetenz dazugewinnen soll.

Diese Notwendigkeit sehen auch Jansen, Papenfuß und Wehmeyer. Ob das aktuelle Präsidium noch einmal in die Verantwortung kommt, dem Beirat des HSV e.V. Aufsichtsratsmitglieder für die AG vorzuschlagen, bleibt allerdings offen.