Hamburg. Saarland-Connection will trotz fehlender Einnahmen in der neuen Saison ein kalkuliertes Risiko eingehen. Die exklusiven Zahlen.

Die Frage musste ja kommen. Ob sich das neue HSV-Vorstandsduo Eric Huwer und Stefan Kuntz, immerhin beide aus dem Saarland, gut kennen würde, wurde Huwer am Rande der Kuntz-Vorstellung im Presseraum des Volksparkstadions vor einer Woche gefragt.

Der Finanzvorstand, aufgewachsen im Landkreis Neunkirchen, lächelte. Das Saarland sei zwar das kleinste Bundesland und ja, auch er kenne das Vorurteil, dass in dem gerade einmal 2570 km² kleinen Gebiet jeder jeden irgendwie über ein paar Ecken kennt. Aber Kuntz, geboren in Neunkirchen, sei ihm bislang noch nicht über den Weg gelaufen, so Huwer am vergangenen Donnerstag.

Ziel des neuen HSV-Vorstands bleibt der Aufstieg

Nun, das hat sich mittlerweile geändert. Bereits am ersten offiziellen Arbeitstag von Neu-Sportvorstand Kuntz saßen die beiden Saarländer lange zusammen und sprachen dabei weniger über ihre gemeinsame Herkunft als viel mehr über die abgelaufene und die kommende Saison. Einig waren sich die beiden HSV-Chefs, die sich kurioserweise vor mehr als 20 Jahren nur um eine Saison bei Borussia Neunkirchen verpassten, vor allem in einer Sache: Auch nach sechs gescheiterten Versuchen bleibt der HSV-Aufstieg in die Bundesliga das Ziel.

„Das ist schon ein ganz gutes Ziel“, sagte Kuntz bei seiner Präsentation. „Was soll ich Ihnen denn jetzt verkaufen? Soll ich sagen: Es wäre schön, wenn wir Dritter oder Vierter werden?“, fragte der Nachfolger von Jonas Boldt, und gab auch direkt die Antwort selbst: natürlich nicht. „Ich möchte gerne am 30. Spieltag auf den ersten drei Plätzen stehen. Danach beginnt so eine kleine neue Meisterschaft um den Aufstieg.“

HSV hat ein Plus von knapp vier Millionen Euro erwirtschaftet

Gut für Kuntz: Als Huwer seinem neuen Vorstandskollegen die finanziellen Rahmendaten präsentierte, war schnell klar, dass die Zielsetzung keinesfalls zu hoch gegriffen ist. Wie das Abendblatt erfuhr, konnte Huwer Kuntz verraten, dass der HSV im laufenden Geschäftsjahr ein Millionenplus von voraussichtlich knapp vier Millionen Euro erwirtschaften wird.

Die genaue Summe ist noch unklar, da im Juni, dem letzten Monat des laufenden Geschäftsjahrs, immer mal wieder ungeplante Kosten auflaufen können. Aktuell ist das sogar der Fall, da der HSV ab sofort mit Huwer, Kuntz und dem freigestellten Jonas Boldt drei Vorstände bezahlen muss. Und mit einem Jahresgehalt von rund 850.000 Euro soll Boldt sogar der bestbezahlte Vorstand der Zweiten Liga gewesen sein.

2023/24: Marodes Volksparkstadion verschlang viel Geld

Doch die HSV-Finanzen sind gesund. Bereits im Geschäftsjahr 2022/23 machte der HSV einen kräftigen Millionengewinn von 7,8 Millionen Euro. Und auch im laufenden Geschäftsjahr wäre das Millionenplus sogar noch sehr viel üppiger ausgefallen, wenn das in die Jahre gekommene Volksparkstadion nicht immer wieder ungeplant viel Geld verschlungen hätte. Der durch die Dacharbeiten entstandene Wasserschaden in den Logen war teuer, und auch die sogenannten vagabundierenden Ströme kosteten den HSV rund zwei Millionen Euro.

Doch anders als in den vergangenen Jahren hat der HSV zuletzt gut gewirtschaftet, sodass auch ungeplante Millionenkosten aufgefangen werden können. Hilfreich ist natürlich auch, dass Investor Klaus-Michael Kühne sein Darlehen in Höhe von 30 Millionen Euro durch die Rechtsformänderung in Anteile umwandeln will. Doch ganz so rosig, wie es zuletzt wirkte, ist die Finanzsituation des HSV dann allerdings auch wieder nicht.

Gehaltsetat soll bei 24 Millionen Euro bleiben

So musste Finanzchef Huwer seinem Vorstandskollegen Kuntz eröffnen, dass nach drei positiven Geschäftsberichten in Folge dem HSV in der kommenden Saison erstmals wieder ein Minus droht, wenn man für das Ziel Aufstieg den Gehaltsetat von rund 24 Millionen Euro nicht kürzen will.

Es ist der Fluch der guten Tat: Denn auf der Einnahmeseite gibt es für den HSV in der Zweiten Liga kaum noch Steigerungspotenzial. Der Volkspark ist Woche für Woche ausverkauft, die Logen und Businessetats sind durchvermarktet, und auch im Sponsoring sind nur kleine Sprünge (wie etwa beim neuen Ärmelpartner, der schon bald präsentiert werden soll) möglich. Beim größten Posten der TV-Gelder muss der HSV im siebten Zweitligajahr als neuer „Dino der Zweiten Liga“ sogar Abstriche in Höhe von rund zwei Millionen Euro machen.

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Unter dem Strich bedeutet das, dass in der kommenden Saison erstmals nach zwei Jahren wieder ein negativer Jahresbericht droht. Der Aufsichtsrat ist bereits informiert und hat auch schon seine Bereitschaft signalisiert, ein kalkuliertes Risiko einzugehen. Einig sind sich die Verantwortlichen, dass keine „verrückten Dinge“ möglich sind. Gehälter und Ablösesummen sollen im bisherigen Rahmen bleiben.

Mit Boldt-Nachfolger Kuntz wurde auch bereits besprochen, auf welchen Positionen man sich mit den zur Verfügung stehenden Mitteln verstärken will. Als wichtigste Transferziele auserkoren wurde die Verpflichtung eines zusätzlichen Mittelfeld-Sechsers, damit in Zukunft nicht mehr alles an Jonas Meffert hängt. Abhängig von der Zukunftsentscheidung von Top-Stürmer Robert Glatzel soll auch ein zweiter Stürmer verpflichtet werden, zudem noch ein Flügelspieler, mindestens ein Innenverteidiger und ein Rechtsverteidiger.

HSV: Kuntz und Huwer planen den Aufstieg

Nach dem „Saarland-Gespräch“ mit Huwer über die Finanzen hatte Kuntz auch schon ein ausgiebiges „Ruhrpott-Gespräch“ mit Claus Costa über die sportlichen Personalplanungen. Beide – Sportvorstand Kuntz und Sportdirektor Costa – haben früher beim VfL Bochum gearbeitet.

Das erste gemeinsame Foto der beiden wurde am Donnerstag aufgenommen. Kuntz links, Costa rechts – und in ihrer Mitte strahlte Ersatztorhüter Tom Mickel. Der 35 Jahre alte Keeper verlängerte überraschend bis 2025 und ist damit die erste Kuntz-Personalentscheidung.

Weitere werden folgen.