Hamburg. Merlin Polzin und Loic Favé sind eng mit der Stadt verbunden, gelten als große Trainertalente. Ihre Laufbahnen ähneln sich.

Vor ziemlich genau drei Jahren waren Merlin Polzin und Loic Favé gemeinsam zu Gast in der Abendblatt-Redaktion am Großen Burstah. Polzin arbeitete damals unter Daniel Thioune als Co-Trainer des HSV, Favé war noch Assistent unter Timo Schultz beim FC St. Pauli. Am Montagnachmittag werden beide dann gemeinsam auf dem HSV-Trainingsplatz stehen. Nach der Entlassung von Tim Walter gilt es für die jungen Trainer, die Mannschaft als Interimslösungen auf das kommende Auswärtsspiel bei Hansa Rostock (Sa., 13 Uhr) vorzubereiten. Für Dienstag und Mittwoch sind bereits Doppelschichten angesetzt.

Rückblick: Rund neun Jahre ist es her, dass sich Polzin und Favé zum ersten Mal begegneten. Favé trainierte die U 17 des Eimsbütteler TV, Polzin war bereits Co-Trainer von Thioune in der B-Jugend des VfL Osnabrück. Schon damals fielen die beiden in der U-17-Regionalliga durch ihre innovativen Ideen auf. Mit seinen Videoanalysen der Gegner schaffte es Polzin auch, die Verbindung zu Thioune aufzubauen.

HSV News: Polzin kam über Thioune in den Profifußball

Als der gebürtige Hamburger für ein Lehramtsstudium in Deutsch und Sport zum Wintersemester 2011/12 nach Osnabrück zog, stellte er sich beim Training einfach mal vor und bot Thioune an, ein Taktikprofil der Hamburger Gegner zu erstellen. Polzin überzeugte Thioune – und kam so später auch zum HSV. Als die Hamburger Thioune am 3. Mai 2021 entließen, durfte Polzin unter Walter Co-Trainer bleiben. In dieser Saison übernahm er immer häufiger die Leitung des Trainings, während Walter den stillen Beobachter gab.

Während Polzin seine eigene fußballerische Laufbahn beim Bramfelder SV wegen Arthrose in den Zehen bereits mit Anfang 20 beenden musste, wechselte auch Favé in jungen Jahren auf die Trainerbank. Mit 18 stand er noch im Kader der ETV-Mannschaft, die im DFB-Pokal gegen Greuther Fürth spielte, danach machte er sich mit innovativen Trainingsmethoden schnell einen Namen in der Szene. Favé entwickelte unter anderem die sogenannten „Skillshirtz“. Durch die simple Idee, Trainingsleibchen mit zwei Farben zu entwickeln, um die kognitiven Fähigkeiten der Spieler zu optimieren, erlangte er auch internationale Aufmerksamkeit.

Timo Schultz holte Favé zu St. Pauli

Auch Timo Schultz wurde auf Favé aufmerksam, als er mit der U17 und der U19 der Kiezkicker mehrfach auf den ETV traf. Im Sommer 2021 klingelte dann Favés Handy, als er gerade in seiner zweiten Heimat Frankreich bei den Großeltern in der Bretagne Urlaub machte. Schultz war in der Leitung und fragte ihn, ob er zur neuen Saison sein Co-Trainer bei den Profis des FC St. Pauli werden wolle. Favé sagte zu, wurde mit einem gewissen Fabian Hürzeler Assistent von Schultz.

Als Schultz, der mittlerweile den Bundesligisten 1. FC Köln trainiert, im Dezember 2022 entlassen wurde, musste auch Favé gehen. Nur Hürzeler durfte bleiben, entwickelte sich in der Folge von der Interims- zur Dauerlösung und ist mittlerweile eine der heißesten Aktien auf dem deutschen Trainermarkt.

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Nach einer weiteren Station mit Schultz beim FC Basel wechselte Favé vor wenigen Wochen zum HSV, wo er Nachwuchschef Horst Hrubesch als sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) unterstützen soll. Zudem soll Favé im kommenden Sommer die U 21 von Pit Reimers übernehmen.

Vorerst geht es für Polzin und Favé aber darum, die HSV-Profis auf Rostock vorzubereiten. Eine Dauerlösung sind der 33 Jahre alte Polzin und der 30 Jahre alte Favé eher nicht. Vor zwei Wochen startete für beide der Pro-Lizenz-Lehrgang des Deutschen Fußball Bundes (DFB). Polzin und Favé zählen zu den 17 Teilnehmern der ehemals als Fußballlehrer-Lehrgang bekannten Fortbildung, die bis zum Ende des Jahres regelmäßige Präsenzphasen in der DFB-Akademie in Frankfurt (Main) beinhaltet.