Hamburg/Bielefeld. Der ehemalige Sportdirektor des HSV spricht über seine Rolle bei Arminia Bielefeld und sein Wiedersehen mit Jonas Boldt.
Wer regelmäßig an der Elbe spazieren geht, hat gute Chancen, hin und wieder Michael Mutzel zu treffen. Der ehemalige Sportdirektor des HSV ist zwar seit dieser Saison Geschäftsführer bei Arminia Bielefeld, doch seine Familie lebt noch immer im Westen von Hamburg.
„Ich versuche, an zwei Tagen die Woche in Hamburg bei meiner Familie zu sein, sofern das die Zeit zulässt“, sagt der 44-Jährige, der von 2019 bis 2022 als Manager im Volkspark gearbeitet hatte, ehe ihn der Club nach Differenzen mit Sportvorstand Jonas Boldt vor einem Jahr freistellte.
Mutzel will HSV-Boss Boldt die Hand geben
Am Dienstagabend kommt es im DFB-Pokal zum großen Wiedersehen. Im Zweitrundenspiel trifft Drittligist Bielefeld auf den Zweitligisten HSV. Mutzel wird in der Schüco-Arena auch wieder auf Boldt treffen, der ihn im Juni 2022 im Zuge des Machtkampfes mit dem damaligen Vorstand Thomas Wüstefeld öffentlich kritisiert hatte.
„Michael funktioniert in einer Führungsrolle rund um die Mannschaft nicht“, hatte Boldt gesagt – und Mutzel wenig später fristlos gekündigt. Wenige Wochen später trafen sich beide vor dem Arbeitsgericht wieder.
Ein Streit, der womöglich noch nachwirkt, wenngleich sich beide Manager professionell begegnen wollen. „Wir können uns die Hand geben“, sagt Mutzel etwas mehr als ein Jahr nach dem Prozess. Die Geschichte seines Endes beim HSV habe er abgeschlossen. „Es bleibt nichts mehr hängen. Für mich ist da ein Haken dran“, sagt Mutzel, der nun in Bielefeld seine ideale Rolle gefunden hat. „Ich bin jetzt am genau richtigen Ort und als Geschäftsführer auch in der genau richtigen Rolle.“
Mutzel holte 20 Neuzugänge nach Bielefeld
Während Mutzel beim HSV hinter Boldt immer im Schatten gestanden hatte, kann er nun in Bielefeld selbst die wichtigen Entscheidungen treffen. Und davon gab es bei seinem Amtsantritt einige. Nach dem Abstieg der Arminia in die Dritte Liga hatte kaum noch ein Spieler einen gültigen Vertrag. Lediglich Vereinslegende Fabian Klos konnte für die neue Saison eingeplant werden.
Alle anderen Leistungsträger verließen den Verein. So wie Guilherme Ramos, der zum HSV wechselte und am Dienstagabend erstmals nach Bielefeld zurückkehrt. Als erste Amtshandlung verpflichtete Mutzel einen neuen Trainer: Michel Kniat (38) kam vom SV Verl. „Wir mussten extrem viel aufbauen. Es war eine super spannende Aufgabe. Es haben viele im Verein die Ärmel hochgekrempelt“, sagt Mutzel, der seine Frau in den ersten vier Wochen nur selten sah. „Da war wenig Zeit für private Themen.“
20 neue Spieler verpflichtete Mutzel innerhalb kurzer Zeit. Eine Mammutaufgabe, zumal nur wenig Geld zur Verfügung stand. „Wir mussten auf jeden Cent achten. Das Weiterkommen im Pokal hat uns natürlich geholfen.“
Bielefelder Parallelen zu Walters HSV
Genauso wie seinen Kontakt zum HSV. Mutzel holte Maximilian Großer und Torwart Leo Oppermann aus der Regionalligamannschaft des HSV. Auch bei der Leihe von Ex-HSV-Stürmer Manuel Wintzheimer aus Nürnberg profitierte Mutzel von seinem Netzwerk aus Hamburger Zeiten. Ein Megaumbruch, der zunächst für Probleme sorgte. Die Mannschaft hatte kaum Zeit sich einzuspielen.
Nach neun Spieltagen stand die Arminia nach zwei Abstiegen in Folge schon wieder auf einem Abstiegsplatz. Mittlerweile hat sich Bielefeld stabilisiert. „Wir sind jetzt gefestigter, verteidigen besser. Wir haben einen sehr guten Teamgeist. Das fühlt sich jetzt richtig gut an“, sagt Mutzel.
Ähnlich wie Tim Walter beim HSV versuchte auch Kniat mit der Arminia zunächst vor allem über fußballerische Lösungen zum Erfolg zu kommen. Das führte zu vielen Fehlern. Doch Kniat passte seinen Fußball an, lässt jetzt einfacher spielen – und erfolgreicher.
Mutzels Rat an anfälligen HSV
Den HSV verfolgt Mutzel mittlerweile nur noch am Rande. Das 3:3 beim 1. FC Kaiserslautern am Sonnabend hat er zur Vorbereitung aber im TV gesehen. Und sich an seine drei Jahre beim HSV erinnert. „Vorne ist nach wie vor eine hohe Qualität vorhanden. Hinten wurden wieder zu viele Fehler gemacht.“
Vor allem die Probleme in Auswärtsspielen kennt Mutzel noch gut. „Der Gegner macht fünf Prozent mehr als sonst. Es ist nie einfach. Das war schon zu meiner Zeit so. Das zu durchbrechen und die unangenehmen Spiele zu gewinnen, wird wieder die Aufgabe sein.“
Trotz der Auswärtsschwäche ist Mutzel optimistisch, dass es in dieser Saison mit dem Aufstieg klappen kann. Wenn der HSV ins Spielen kommt, hat er eine super Qualität. Der Weg ist der Richtige und irgendwann wird es auch funktionieren, davon bin ich überzeugt.“
Mutzel wünscht HSV den Aufstieg
Im Rennen um den Aufstieg sieht er aber vor allem auch den FC St. Pauli als harten Konkurrenten. Schon in der vergangenen Saison hatte er sich das Spiel des Kiezclubs gegen Bielefeld angeschaut. In der Sommervorbereitung traf man sich erneut. „St. Pauli steht zu Recht da oben. Sie machen einen sehr gefestigten Eindruck.“
Neben dem HSV und St. Pauli sieht Mutzel auch den aktuellen Tabellenzweiten Fortuna Düsseldorf mit Trainer Daniel Thioune als Aufstiegsfavoriten. Mit Thioune hatte Mutzel in der Saison 2020/21 beim HSV zusammengearbeitet. Mutzel ist sich sicher: „Die drei, die jetzt oben stehen, die werden auch oben bleiben. Die machen auf mich den stärksten Eindruck.“
Die Daumen drückt Mutzel aber dem HSV. „Es wird ähnlich wie in den vergangenen Jahren. Irgendwann musst du die anderen Mannschaften wegdrücken. Am Ende entscheiden Kleinigkeiten.“
HSV: Treffen sich Mutzel und Boldt noch mal?
Das gilt auch für seine Arminia, die in der Dritten Liga – ähnlich wie der HSV – immer für einen Motivationsschub bei den Gegnern sorgt. In dieser Saison hält der Sportchef eine schnelle Rückkehr in die Zweite Liga für unrealistisch. „Vom Aufstieg zu sprechen, wäre vermessen und nicht sinnvoll.“
In naher Zukunft will er den HSV aber in einer Liga wiedertreffen. Dann könnte es zum nächsten Wiedersehen mit Jonas Boldt kommen.