Hamburg. Vor ihrem Jubiläumskonzert am Sonnabend in der Barclays Arena verraten Michael Wendt und Muchel ihre Pläne für den Aufstieg.

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Es war einer der emotionalsten Momente der HSV-Geschichte. Die letzten Minuten des Spiels zwischen dem HSV und Borussia Mönchengladbach liefen. Und trotz der 2:1-Führung war durch den Spielstand in Wolfsburg klar, dass der erste Abstieg der Vereinshistorie in wenigen Minuten Gewissheit werde. Plötzlich erhoben sich die Zuschauer im Volksparkstadion und sangen kollektiv „Mein Hamburg lieb ich sehr“ von Abschlach! „Sind die Zeiten auch oft schwer, hier gehör ich her.“ 12. Mai 2018, 17.15 Uhr.

„Wir haben zwei Aufstiegssongs in der Schublade“

Michael Wendt und Jan-Michel Deutsch, die beiden Sänger der Band, saßen damals auf der Tribüne. „Das war für mich so ein Moment, wo ich dachte, krass! Das hat mich wirklich gepackt“, sagt Deutsch, unter den HSV-Fans besser bekannt als Muchel. Deutsch und Wendt sitzen fünf Jahre später im Podcast-Studio des Abendblatts und erinnern sich an den besonderen Moment. „Dieses Lied hat den Leuten Halt gegeben. Die Fans sind in dem Moment des Abstiegs zusammengerückt“, sagt Wendt in der 174. Folge von „HSV – wir müssen reden“.

Abschlach! wurden in ganz Deutschland bekannt

So schwer der Abstieg für die beiden Sänger und HSV-Fans auch war: Es war der Tag, den an dem die Hamburger Band auch über die Grenzen der Stadt bekannt wurde. In ganz Deutschland war ihr HSV-Lied in den TV-Zusammenfassungen zu hören. „Der Moment hat uns stolz gemacht. Es wurde ein Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugt und das ist bis heute noch da“, sagt Wendt.

Am Sonnabend um 20.30 Uhr feiern die sechs Mitglieder von Abschlach! im Volkspark ihren nächsten großen Moment. In der Barclays Arena gegenüber des Stadions spielt die HSV-Band das bislang größte Konzert ihrer Karriere. Zum 20-jährigen Bestehen der Gruppe haben sie sich eine besondere Location ausgesucht. Weil Abschlach! zwar eine HSV-Band ist, aber eben nicht Metallica heißt, kam das Volksparkstadion für das Jubiläum nicht infrage. Aber zumindest sollte es derselbe Ort sein, an dem es noch nach HSV riecht.

Die Planungen für diesen Abend laufen seit zwei Jahren. Und fast genauso lange haben Wendt, Deutsch und ihre Band gezittert, dass der HSV an diesem Wochenende kein Auswärtsspiel hat. „Dann wäre die Halle leer gewesen“, sagt Deutsch. Schließlich wären die meisten HSV-Fans auf Auswärtsfahrt gewesen.

Erst Abschlach!-Konzert, dann Heimspiel gegen Hansa

So können die Anhänger nun am Sonnabend erst zum Konzert gehen und dann am Sonntag ins Volksparkstadion zum Heimspiel gegen Hansa Rostock (13.30 Uhr) kommen. Dann werden auch wieder die zwei größten Lieder der Band, „Mein Hamburg lieb ich sehr“ und „Wir sind der HSV“, in der Stadionshow zu hören sein.

Die Erfolgsgeschichte von Abschlach! begann bereits ein paar Jahre vor dem Abstieg, als „Mein Hamburg lieb ich sehr!“ 2015 in die Stadionshow aufgenommen wurde. Seit der Trennung von Lotto King Karl nach dem ersten verpassten Aufstieg 2019 und der Herausnahme des Lieds „Hamburg, meine Perle“ haben Abschlach! im Volksparkstadion noch einmal an Bedeutung gewonnen.

Was viele gar nicht wissen: Bereits auf ihrem Debütalbum „Ne einfache Band“ im Jahr 2003 war das Lied „Mein Hamburg lieb ich sehr“ in einer früheren Version zu hören. Bekannt wurde es aber erst später in der neuen Variante. Und auch die Band brauchte ein paar Jahre, um sich zu behaupten. Wendt hatte die Gruppe sogar schon 1994 gegründet. Daher stammte auch der heutige Name, der sich auf den Abschlag des Torwarts bezieht sowie auf den Abschlag der Spieler mit den Fans nach den Spielen – nur eben auf Hamburgisch ausgesprochen.

Abschlach! haben zwei fertige Aufstiegssongs in der Schublade

Wendt war zu dieser Zeit noch Allesfahrer. Sein erstes Heimspiel: HSV gegen Waldhof Mannheim. Auf den Auswärtsfahrten kam die Idee einer eigenen Band. „Man hat sich in den Zügen kennengelernt und beim Bierchen gesprochen.“ Der eine konnte Gitarre spielen, der andere Schlagzeug, und so entstand die erste Band, die sich aber schnell wieder auflöste. 2003 ging es in neuer Besetzung richtig los. „1000 Meilen für den HSV“ hieß das erste HSV-Lied. Viele weitere kamen dazu. Und ein Jahr später auch Trompeter Muchel, der mittlerweile zusammen mit Wendt die Lieder singt. Wendt (47) und Deutsch (38) sind die Gesichter der Band.

Der aus Nordfriesland stammende Muchel war eigentlich Bayern-Fan. Doch bei seinem ersten Stadionbesuch, HSV gegen die Bayern im Volkspark, sah er viele Münchner in Lederhosen. „Die HSV-Fans mit ihren Jeans sahen viel cooler aus“, sagt Deutsch, der schließlich die Seiten wechselte und seitdem für den HSV hält.

Vom aktuellen HSV ist er begeistert. „Der ganze Verein hat wieder eine DNA. Wir sind wieder eine Familie. Es ist jedes Mal geil, im Volksparkstadion zu sein, tollen Fußball und tolle Stimmung zu erleben. Und das, obwohl wir immer noch in der Zweiten Liga spielen“, sagt Deutsch.

Mehr als 5000 Karten sind bereits verkauft

Das soll sich im kommenden Sommer wieder ändern. Die Abschlach!-Sänger verraten, dass sie zwei fertige Aufstiegssongs in der Schublade liegen haben. Der erste sollte bereits 2019 erscheinen. Nun heißt die Hoffnung 2024. „Man könnte einen direkt zum Aufstieg und den anderen zum Beginn der neuen Erstligasaison veröffentlichen“, sagt Wendt und lacht. Trainer Tim Walter, der bekennender Abschlach!-Fan ist und seinen Spielern empfohlen hat, ihre Texte zu lernen, trauen sie den Aufstieg weiterhin zu. „Ich mag ihn. Es tut dem HSV gut, dass es so einen Typen gibt, der vorweggeht“, sagt Wendt.

Mehr als 5000 Karten sind bereits verkauft für ihr Jubiläumskonzert. Tim Walter und die Spieler sind auch eingeladen, mussten wegen der Spielvorbereitung aber absagen. Die gemeinsame Feier soll im Sommer nachgeholt werden. Mit den zwei neuen Aufstiegssong.