Hamburg. Christian Eichner über das Duell mit dem HSV, die Taktik von Tim Walter und ein Wiedersehen im Wildpark.
Ein paar Tage hat Christian Eichner noch Zeit, sich die passende Taktik für das Spiel gegen den HSV zu überlegen. Doch schon jetzt hat der Trainer des Karlsruher SC eine Idee, wie er die Hamburger am Sonntag im Wildparkstadion überlisten könnte.
„Meine Tochter hat schon vorgeschlagen, mit unserem kleinen Hund als zweiter Spitze zu agieren“, sagte Eichner am Montagmittag im Abendblatt-Podcast HSV – wir müssen reden. Dass Eichners Labrador-Hündin Lola in der Hamburger Abwehr für Angst und Schrecken sorgen könnte, hat mit Stephan Ambrosius zu tun.
Der HSV-Verteidiger, der in der vergangenen Saison an den KSC verliehen war, nahm es zwar am Freitagabend gegen den FC Schalke 04 nacheinander mit den Sturmbullen Simon Terodde und Sebastian Polter (beide 1,92 Meter) auf, doch vor Hunden hat der Wilhelmsburger Respekt.
HSV-Überraschung: Eichner verrät Angst-Geheimnis
„Stephan hatte Angst, wenn mein kleiner Hund Lola manchmal beim Training dabei war. Philipp Hofmann hatte er unter Kontrolle, aber meinen Hund hätte ich ihm nicht anvertrauen können“, sagte Eichner im Spaß über den ghanaischen Nationalspieler, der auch am Sonntag in Karlsruhe wieder in der Startelf stehen könnte. Dass Ambrosius die große Überraschung der HSV-Vorbereitung wurde, hat viel mit KSC-Trainer Eichner zu tun.
Als der 24-Jährige vor einem Jahr unter Trainer Tim Walter keine Rolle spielte, wählte Eichner dessen Nummer und überzeugte ihn von einem Wechsel nach Karlsruhe. Den zweikampfstarken, aber nur 1,82 Meter großen Innenverteidiger hatte Eichner immer wieder im Kopf, seit dieser sich im Dezember 2021 unter Daniel Thioune mit dem damaligen KSC-Stürmer Hofmann (1,95 Meter) packende Duelle lieferte.
„Steph hatte 90 Minuten auf dem Rücken von Philipp Hofmann verbracht. Er hat ihn derart bearbeitet, dass er uns im Gedächtnis geblieben ist. Er war eigentlich körperlich unterlegen gegen Hoffi, gab aber nie nach.“
Eichner sieht keinen taktischen Stilwechsel beim HSV
Vor einem Jahr nutzte Eichner schließlich die Gelegenheit, Ambrosius in den Wildpark zu holen. Am Sonntag (13.30 Uhr) kehrt dieser nun erstmals mit dem HSV nach Karlsruhe zurück. Dort hat Ambrosius in der vergangenen Saison einen Entwicklungsschritt gemacht, auch wenn er in der Rückrunde aufgrund von zwei schweren Muskelfaserrissen nur noch wenig Spiele machte.
Vor allem fußballerisch hat Ambrosius unter Eichner einen Schritt nach vorne gemacht. „Er hat sich auch fußballerisch entwickelt, das unterschätzen viele“, sagt Eichner, der das Auftaktspiel der Zweitligasaison am Freitagabend zwischen dem HSV und Schalke live vor dem Fernseher verfolgte. Dabei sah er auch, wie Ambrosius erstmals in einem Pflichtspiel unter Walter das Spiel aufbaute.
„Stephan ist immer auf die Sechs rotiert. Auf ihn habe ich natürlich besonders geachtet. Schalke hatte anfangs keinen Zugriff und stellte dann auf eine Manndeckung über den gesamten Platz um. Dadurch war der HSV gezwungen, lange Bälle zu spielen“, sagt Eichner.
Was auch das Abendblatt anschließend als eine neue Variabilität im System von HSV-Trainer Walter beschrieb, war für Eichner also eher eine Reaktion auf Schalkes Spielweise. „Ich habe keine neue Taktik beim HSV erkannt. Ich glaube nicht an eine Stilveränderung. Dafür kenne ich Tim Walter zu gut, der seine Philosophie jedes Wochenende durchdrücken will. Dafür steht er auch. Ich erwarte daher am Sonntag im Wildpark keinen HSV, der auf lange Bälle setzt“, sagt Eichner sechs Tage vor dem Duell beim KSC.
Ist KSC ein Aufstiegsrivale für den HSV?
Die Karlsruher wurden insbesondere aufgrund des Transfers von Ex-Nationalspieler Lars Stindl zurück nach Karlsruhe von vielen Experten, unter anderem von Zweitligalegende und Sky-Reporter Torsten Mattuschka, als Geheimfavorit für das Aufstiegsrennen genannt.
Beim 3:2-Sieg am Sonnabend bei Aufsteiger VfL Osnabrück untermauerte der KSC seine Ambitionen. Eichner sieht seine Mannschaft am Wochenende gegen den HSV trotzdem als Außenseiter und verweist auf die Kaderqualität der Hamburger.
„Ich ziehe alle Hüte vor einer Mannschaft, die Bakery Jatta und Jean-Luc Dompé von der Bank bringen kann“, sagt Eichner, der ein ähnlich hitziges Spiel erwartet wie im März, als der HSV beim KSC mit 2:4 verlor und Walter kurz vor Schluss nach einem Wortgefecht die Rote Karte sah. „Bei dieser Paarung ist immer etwas los, die Partien sind immer ausverkauft und es knistert immer. Auch mit beiden Trainerbänken ist immer viel los, deshalb können wir uns auf ein rassiges Fußballspiel freuen“, kündigt Eichner an.
Neue Atmosphäre bei HSV-Gegner KSC
Dazu beitragen wird auch die Atmosphäre im neuen Wildparkstadion, das nach langen Umbauarbeiten nun endlich fertig ist. Beim Testspiel gegen Jürgen Klopp und den FC Liverpool gab es in der Vorbereitung den ersten Vorgeschmack. „Ich hatte die Atmosphäre selbst etwas unterschätzt. Schon beim Aufwärmen gegen Liverpool habe ich gespürt, was für eine Kraft und Power uns dieses Stadion geben kann, wenn es voll besetzt ist. Deshalb erwarte ich am Sonntag eine rassige Stimmung.“
Nach dem Spektakel gegen Schalke dürfen sich die HSV-Fans also auf das nächste Fußballfest einstellen. „Für die Trainer ist es manchmal zu viel Spektakel“, sagt Eichner, der seit drei Jahren den KSC trainiert.
„Ich muss das allerdings bei meiner Mannschaft akzeptieren. Wir stehen jedes Wochenende für Unterhaltung. Dadurch kommen die Leute gerne ins Stadion, ähnlich ist es auch beim HSV. Ich persönlich brauche am Sonntag nicht so viele Tore. Ich befürchte aber, dass es wieder etwas wild zugehen könnte. Die Zuschauer dürfen sich auf ein tolles Spiel freuen“, sagt Eichner.
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HSV: KSC dachte an Ambrosius-Transfer
Der 40-Jährige freut sich zudem auf das Wiedersehen mit Stephan Ambrosius. „Ich habe wahnsinnig gern mit ihm gearbeitet. Den Jungen muss man einfach lieb haben. Er ist ein überragender Typ, der alles dafür tut, damit die eigene Mannschaft gewinnt, und der immer für seine Kollegen da ist“, schwärmt Eichner von Ambrosius. „Ihn im Kader zu haben, kann nie verkehrt sein.“
Eichner hätte ihn auch gerne in dieser Saison im Kader des KSC gehabt, doch als sich der Trainer, der seit der Entlassung von Oliver Kreuzer im April auch teilweise die Aufgaben als Manager übernommen hat, über eine Ambrosius-Verpflichtung Gedanken machte, war der HSV aufgrund der ungewissen Ligazugehörigkeit noch nicht gesprächsbereit.
So orientierte sich der KSC anderweitig und suchte nach Alternativen für die Verteidigung. Dass Ambrosius nun beim HSV eine wichtige Rolle spielt, freut Eichner. „Er identifiziert sich enorm mit dem HSV und kann dem Club helfen.“ Wahrscheinlich schon am Sonntag beim Wiedersehen im Wildpark.