Hamburg. Der HSV-Neuzugang Noah Katterbach war ein Senkrechtstarter. Der erste Knick in seiner jungen Karriere traf ihn unvorbereitet.

Noah Katterbach muss nachsitzen. Am Donnerstag hat der Neuzugang, der seine Leihe zum FC Basel vorzeitig abgebrochen hat, um sich vom 1. FC Köln an den HSV zu verleihen, einen Termin. Im Trikot steht der 21-Jährige im Erdgeschoss des Volksparkstadions, um die offiziellen DFL-Fotos zu machen. Am Sonntag will der Linksverteidiger zum Rückrundenstart gegen Eintracht Braunschweig (13.30 Uhr/Sky) das erste Mal für den HSV spielen, auch wenn Miro Muheim zunächst die Nase vorn hat. Doch Katterbach hat in seiner noch jungen Karriere gelernt, sich nicht verrückt zu machen.

Herr Katterbach, wissen Sie noch, was das erste Wort war, das Sie sprechen konnten?

Noah Katterbach: So weit ich mich erinnern kann, war es das Wort Ball.

Darauf hätten wir tatsächlich auch getippt. Sie haben mit drei Jahren schon beim TuS DJK Dreiborn im Verein gespielt. Haben Sie mit dem Ball am Fuß laufen gelernt?

Das kann man so sagen. Ich bin meinen Eltern schon mit drei Jahren auf die Nerven gegangen, dass ich im Verein spielen möchte. Eigentlich darf man das mit drei noch nicht. Aber sie haben es dann ermöglicht. In meinem Dorf kennt sich jeder.

Mit sieben Jahren haben Ihre Eltern Sie zum Probetraining beim 1. FC Köln gebracht. Wessen Idee war das?

Meine Eltern haben mir das Probetraining zu Weihnachten geschenkt. Meine Jugendtrainerin in Dreiborn, Monika Hilgers, hat ihnen das empfohlen, weil ich sehr talentiert war. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Köln wollte Sie direkt nehmen. Sie brauchten aber offenbar noch Zeit?

Meine Eltern hatten damit gar nicht gerechnet und wollten es zunächst auch nicht, weil es zu jedem Training aus der Eifel eine Stunde Fahrt gewesen wäre. Aber ich habe offenbar erfolgreich rumgequengelt (lacht). Wir haben es dann erst einmal für ein Jahr probiert. Köln hat sogar einen extra Platz in der U 8 für mich geschaffen. Und meine Mutter hat ihren Job aufgegeben, um mich viermal die Woche zum Training zu fahren.

Mit 15 sind Sie dann in das Internat des FC gezogen. Ist Ihnen der Schritt schwergefallen?

Natürlich war es hart, zu Hause auszuziehen. Aber für meine Mutter war es eine Entlastung und auch für mich, weil ich dadurch mehr Freizeit hatte. Mir ist es leichtgefallen, schnell selbstständig zu sein, weil meine Eltern mich so erzogen haben.

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  • Haben Sie nichts vermisst in Ihrer Jugend?

    Nein. Ich war so auf den Fußball fokussiert, dass ich darüber gar nicht nachgedacht habe. Es hat immer Spaß gemacht. Es war genau richtig so.

    Sie waren sehr früh sehr erfolgreich. Mit 16 das erste Länderspiel, mit 17 die Fritz-Walter-Medaille in Gold, mit 18 das erste Bundesligaspiel. Ging das alles zu schnell?

    Im Nachhinein ging alles sehr schnell, vielleicht etwas zu schnell.

    Ihr steiler Aufstieg erinnert an Fiete Arp, der auch früh die ersten Rückschläge erlebt hat. Unter Steffen Baumgart haben Sie in Köln auf einmal keine Rolle mehr gespielt. Waren Sie auf so einen Rückschlag vorbereitet?

    Nein, mich hat niemand direkt darauf vorbereitet. Das wäre aber vermutlich wichtig, weil es bei jedem Fußballer früher oder später mal passiert. Es ist nicht leicht, mit Rückschlägen umzugehen, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Wenn es immer steil nach oben geht, steigt die Erwartungshaltung. Mit dem Druck, der von außen entsteht und den man sich selbst macht, muss man sich beschäftigen. Man sollte als junger Spieler frühzeitig darauf aufmerksam gemacht werden.

    Sie hatten mit 15 ihren ersten Berater. Haben Sie selbst erlebt, wie die Agenten schon früh an den Talenten zerren?

    Meine Eltern haben viel von mir ferngehalten, und ich hatte mich auch schnell entschieden. Aber es lässt bis heute nicht nach. Ich kriege immer noch Anrufe und Anfragen von Agenten, die mich sozusagen abwerben wollen. Doch das ist im Fußball ja normal.

    Tut es Ihnen gut, nach so vielen Jahren jetzt mal raus zu sein aus Köln?

    Auf jeden Fall. Die Zeiten, in denen es für mich persönlich nicht so lief, waren auch wichtig für mich, um zu sehen, wo ich stehe. Wenn man schnell nach oben steigt, passiert vieles aus der Euphorie heraus. Es ist wichtig, aus Rückschlägen zu lernen.

    Wäre es ein Rückschlag für Sie, wenn Sie in den ersten HSV-Spielen auf der Bank sitzen?

    Nein. Mir wurde gesagt, dass es einen offenen Konkurrenzkampf gibt und ich erst einmal von hinten angreifen muss. Daher mache ich mir keinen Kopf.

    Im deutschen Fußball wird gerade mal wieder über die Ausbildung diskutiert. Welchen Rat würden Sie als junger Spieler dem neuen DFB-Sportdirektor Rudi Völler geben?

    Ich glaube nicht, dass ich in der Position bin, um Rudi Völler irgendwelche Ratschläge zu geben. Er kann als Spieler, Trainer und Funktionär auf einen enormen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Ich persönlich habe manchmal das Gefühl, dass viele junge Spieler heute im Laufe der Ausbildung nicht mehr so frei aufspielen, weil man teilweise ihr Spiel verändern möchte.

    Dass beispielsweise von dribbelstarken Spielern verlangt wird, nur noch mit zwei Kontakten zu spielen. Es ist wichtig, den Spielern Freiheiten zu überlassen, um im Kopf frei zu bleiben. Das habe ich selbst gemerkt. Deswegen bin auch zum HSV gewechselt, weil der Trainer uns hier freien Fußball spielen lässt.

    Haben Sie mit Ihrem Berater schon überlegt, wie es im Sommer weitergeht? Der 1. FC Köln hat gerade mit Leart Paqarada einen neuen Linksverteidiger verpflichtet.

    Wenn der HSV mich im Sommer fest verpflichten will, würde ich mich freuen. Das ist mein Ziel. Aber ich will mir auch noch nicht zu viele Gedanken machen. Der Aufstieg ist ein geiles Projekt. Dafür will ich alles geben.