Hamburg. 1998 feierte Kaiserslautern in Hamburg die Meisterschaft. 24 Jahre später wird der Volkspark wieder ausverkauft sein.
Bei Andreas Reinke zu Hause in Murcia hängt im Hintergrund ein Bild aus Hamburg. 24 Jahre ist das Foto alt. Aufgenommen am 9. Mai 1998, als der 1. FC Kaiserslautern im ausverkauften Volksparkstadion des HSV die Deutsche Meisterschaft feierte – und das als Aufsteiger. Reinke aber erinnert sich vor allem an die Kulisse.
„Das Stadion sah fantastisch aus. Die eine Hälfte ganz in Blau, die andere in Rot. Das war ein einmaliges Erlebnis, wie im Pokalfinale“, sagt Reinke. Der frühere Torwart des FCK sitzt in seinem Wohnzimmer in seiner aktuellen Heimat in Spanien und ist dem Abendblatt zugeschaltet, um im Podcast „HSV – wir müssen reden“ über das Topspiel des elften Zweitligaspieltags zwischen dem HSV und dem FCK am Sonnabend (20.30 Uhr/Sky, Sport1 und Abendblatt-Liveticker) zu sprechen.
Warum Reinke beim HSV gehen musste
Reinke, das wissen nur wenige, ist nicht nur der einzige Torwart, der mit zwei verschiedenen Vereinen Deutscher Meister wurde (Kaiserslautern 1998, Werder Bremen 2004), er hat auch sein erstes Bundesligaspiel für den HSV gemacht. Weil Richard Golz am 28. August 1991 krank war, kam Reinke unter Trainer Gerd-Volker Schock zu seinem Profidebüt. Lange überlegen muss Reinke rund 31 Jahre später nicht, wenn er an das Spiel denkt. „Es ist leider 0:3 in die Hose gegangen. Vielleicht lag es daran, dass es mit dem HSV und mir nicht richtig funktioniert hat.“
Reinke kam 1990 von Dynamo Schwerin in die Amateurmannschaft des HSV. Der damalige Manager Horst Eberstein hatte ihn 1990 beim Pokalfinale der ehemaligen DDR zwischen Schwerin und Dynamo Dresden entdeckt. Doch zwischen Reinke und seinem Trainer Benno Möhlmann wurde es nie so richtig warm.
Ein Grund: In einem Testspiel mit dem HSV gegen einen Kreisligisten wollte Reinke im Spielaufbau mal hinten flach herausspielen, anstatt den Ball nach vorne zu schlagen. „Benno hat mich angemault, ich habe zurückgemault“, erinnert sich Reinke. Möhlmann entzog dem Keeper sogar das Du. Wenig später wechselte er zum FC St. Pauli.
Reinke: „Das ist sensationell“
Unter Tim Walter wäre Reinke das nicht passiert. Der aktuelle HSV-Trainer wird nur böse, wenn seine Torhüter den Ball lang schlagen, obwohl ein Flachpass möglich wäre. Reinke wird das an diesem Sonnabend wieder beobachten, wenn er den Fernseher anschaltet, um seine zwei Ex-Clubs spielen zu sehen.
Wie schon im Mai 1998 gegen den FCK wird das Volksparkstadion mit 57.000 Zuschauern ausverkauft sein. Tausende Rote Teufel aus Kaiserslautern werden dabei sein. „Das ist schon Wahnsinn. Für die Zweite Liga ist das sensationell“, sagt Reinke, der vor allem das Geschehen in Kaiserslautern noch beobachtet. „Auch auf dem Betzenberg gibt es eine totale Euphorie. Wenn der FCK auf dieser Welle weiterschwimmt, wird er die Liga halten. Es bleibt aber ein Überlebenskampf“, sagt der 53-Jährige über den Aufsteiger, der nach vier Jahren in der Dritten Liga die Rückkehr geschafft hat.
Als Reinke mit dem FCK Meister wurde
Dass man als Aufsteiger Großes erreichen kann, hat Reinke 1997/98 mit Kaiserslautern gezeigt. Direkt Meister zu werden wäre heute undenkbar. Otto Rehhagel gelang es, mit Spielern wie Ciriaco Sforza, Olaf Marschall, Martin Wagner, Miroslav Kadlec oder Harry Koch die Schale zu holen. „Wir waren fußballerisch nicht das beste Team, aber wir hatten die beste Einheit. Der Zusammenhalt war riesig“, sagt Reinke. Das sei ein Verdienst von Rehhagel gewesen, der genau wusste, wie er mit den Spielern umgehen musste.
In den Folgejahren durchlebte Kaiserslautern aber eine ähnliche Talfahrt wie parallel der HSV. Die beiden Traditionsclubs kämpften mit wirtschaftlichen Problemen, die sich auf den Sport auswirkten. Die früheren Bayern-Konkurrenten hinken den alten Erfolgen hinterher. Trotzdem herrscht in beiden Clubs aktuell eitel Sonnenschein. Reinke spielte zwar später noch für die HSV-Rivalen St. Pauli und Werder Bremen, ist aber auch dem Club aus dem Volkspark noch verbunden.
Während der Podcast-Aufnahme hält er eine Visitenkarte von Jürgen Ahlert in die Kamera, dem früheren Zeugwart, Busfahrer und heutigen Leiter der HSV-Ehrenliga. Zu ehemaligen Mitspielern wie Stefan Schnoor hält Reinke Kontakt. „Auch in meinem Freundeskreis gibt es einige HSV-Fans, die sich endlich den Aufstieg wünschen. Es war jedes Jahr das Gleiche. Ich hoffe, dass der HSV ruhig bleibt.“
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Reinke traurig über Raab-Wechsel zum HSV
Am Sonnabend könnte Reinke auch einen seiner Nachfolger sehen, der dazu beitrug, dass der FCK die Rückkehr in die Zweite Liga schaffte: Matheo Raab. Den 23 Jahre alten Torwart verpflichtete der HSV im Sommer ablösefrei aus Kaiserslautern. Ein Wechsel, den Reinke nicht nachvollziehen konnte. „Der HSV hat mit Daniel Heuer Fernandes einen sehr guten Torhüter. In Kaiserslautern war Matheo nach dem Aufstieg ein Volksheld. Schade, dass er jetzt nur auf der Bank sitzt.“
Reinke wird am Sonnabend in jedem Fall in Murcia vor dem Fernseher sitzen. In einer Woche folgt am Millerntor mit dem Stadtderby zwischen St. Pauli und dem HSV dann schon das nächste Duell seiner Ex-Clubs. Auch als langjähriger Bremer kann Reinke sagen: „Hamburg ist noch immer eine zweite Heimat für mich.“
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
- HSV: Heuer Fernandes – Heyer, Vuskovic, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis, Benes – Jatta, Glatzel, Kittel.
- FCK: Luthe – Durm, Tomiak, Kraus, Zuck – Niehues, Ritter – Zimmer, Klement, Redondo – Boyd.