Hamburg. Der HSV-Torwart überragte beim Sieg in Kiel einmal mehr. Der Sportvorstand kann sich nur bedingt freuen – und hat eine Erklärung.

Der Morgen nach dem Spiel ist für Matheo Raab immer ein besonderer. Während die Stammspieler des HSV im Kraftraum regenerieren, kann er auf dem Platz vor dem Volksparkstadion im kleinen Trainingskreis sein ganzes Torwartkönnen zeigen. Wann er es einmal im Stadion darf? Steht in den Sternen.

Zu gut sind die Leistungen von Daniel Heuer Fernandes (29), als dass Trainer Tim Walter auch nur über einen Wechsel im Tor nachdenken könnte. Den neunten Pflichtspiel-Auswärtssieg nacheinander beim wilden 3:2 in Kiel am Freitag hatte seine Mannschaft wieder einmal vor allem ihrer Nummer eins zu verdanken. Allein Heuer Fernandes' Paraden erklärten, warum Holstein trotz der „besten Saisonleistung“ (Kapitän Hauke Wahl) als Verlierer vom Platz ging.

„Wir haben in den ersten 20 Minuten den Knall verpasst. Aber wir haben Ferro, der einen sehr guten Job macht“, sagte Walter. Und Torjäger Robert Glatzel erkannte demütig an, dass „wir uns wieder bei Ferro bedanken müssen“.

HSV-Sportvorstand Boldt ist bei Heuer Fernandes „zwiegespalten“

Die überragende Torwartleistung lässt sich auch in Zahlen ausdrücken. Die HSV-Fans wählten Heuer Fernandes mit Dreiviertelmehrheit zum Spieler des Spiels. Der „Kicker“ berief den Deutschportugiesen in dieser Saison bereits dreimal in die „Elf des Tages“ – so oft wie keinen anderen Profi der 2. Bundesliga.

Jonas Boldt kann sich über diesen Rekord nur bedingt freuen. „Ich bin da ein bisschen zwiegespalten“, sagte der HSV-Sportvorstand: „Wenn dein Torwart permanent in der ‚Elf des Tages‘ ist, sollte das vielleicht ein Zeichen sein, dass man defensiv das eine oder andere verbessern muss.“

Daniel Heuer Fernandes (r.) war 2019 die erste Verpflichtung von Jonas Boldt als HSV-Sportvorstand. Den Transfer hatte aber noch Vorgänger Ralf Becker vorbereitet.
Daniel Heuer Fernandes (r.) war 2019 die erste Verpflichtung von Jonas Boldt als HSV-Sportvorstand. Den Transfer hatte aber noch Vorgänger Ralf Becker vorbereitet. © WITTERS | Valeria Witters

Was die Torwartposition angeht, hat der HSV bereits gehandelt. Vor einem Jahr wurde Sven Höh als Spezialtrainer vom 1. FC Kaiserslautern geholt. Seiner Arbeit schreibt Boldt das Leistungshoch von Heuer Fernandes zu. Der habe jetzt „enormes Selbstvertrauen und hat noch einige Schritte nach vorn gemacht“.

Auch dass Heuer Fernandes nun taktisch mehr ins Spiel eingebunden sei, komme ihm entgegen. Boldt: „Das hilft, weil du dann eine andere Grundspannung hast.“

HSV-Einzelkritik: Retter Heuer Fernandes

Der neue Konkurrenzkampf mag ein Übriges beitragen. Marko Johansson (24), die Nummer zwei der vergangenen Saison, bekam zwar Einsatzzeit, weil sich Heuer Fernandes verletzte. Ernsthafte Ansprüche auf die Startelf konnte er aber nie anmelden – zu lasch wirkte seine Trainingseinstellung.

Im Sommer wurde der Schwede deshalb aussortiert und der talentierte Raab aus Kaiserslautern verpflichtet. Dorthin hatte ihn Höh einst schon als 18-Jährigen geholt.

Vergangene Saison war Raab (23) beim FCK zum Stammtorwart aufgestiegen und durfte am Ende den Aufstieg bejubeln. Nun sitzt er wieder auf der Bank. Aber das sei er gewohnt: „Ich musste mich immer durchsetzen“, hatte er zu Saisonbeginn gesagt. Beim HSV wolle er sich vor allem am Ball weiterentwickeln und das Torwartteam auf ein anderes Niveau heben. Das letzte Ziel scheint er schon jetzt erreicht zu haben.