Hamburg. Die HSV-Mittelfeldspieler Ludovit Reis und László Bénes reden im Abendblatt über tiefe Achter, die Slowakei und extravagante Frisuren.

Ludovit Reis und László Bénes sind noch etwas verschwitzt, als sie sich direkt nach dem HSV-Training auf eine schattige Bank fallen lassen. Die beiden slowakischen Mittelfeldspieler sind im System von Tim Walter zentrale Akteure, ständig fordert der Trainer von seinen Achtern tiefe Laufwege. Im Abendblatt sprechen sie über Taktik, die Nationalmannschaft und besondere Haarschnitte.

Hamburger Abendblatt: Herr Bénes, Herr Reis, haben Sie schon mal über einen Irokesen-Haarschnitt nachgedacht?

Reis: Nein.

Bénes: Ich auch nicht. (lacht)

Als slowakischer zentraler Mittelfeldspieler dürfte Marek Hamšík für Sie doch normalerweise ein Vorbild sein. Wenn nicht Frisuren-mäßig, dann zumindest fußballerisch?

Bénes: Fußballerisch ist er das auf jeden Fall, bei der Frisur aber eher nicht. (lacht)

Herr Bénes, Sie haben mit Hamšík bereits zusammen in der Nationalmannschaft gespielt. Was haben Sie von ihm gelernt?

Bénes: Ich habe nicht so oft mit ihm zusammen auf dem Platz gestanden. Wer aber Marek Hamšík kennt, der kennt auch seine Stärken. Es hat immer Spaß gemacht, wenn ich mit ihm zusammen trainiert oder gespielt habe, weil er ein absoluter Vollprofi ist und eine brutale Qualität hat. Leider hat er seine Karriere in der Nationalmannschaft beendet.

László Bénes beim Spiel gegen den FC Heidenheim.
László Bénes beim Spiel gegen den FC Heidenheim. © Wittters

Herr Reis, Sie haben sich für Ihr Geburtsland, die Niederlande, entschieden. Denken Sie manchmal, dass Sie in der slowakischen A-Nationalmannschaft größere Chancen hätten zu spielen?

Reis: Natürlich wäre es eine große Chance, für die A-Nationalmannschaft der Slowakei zu spielen. Ich habe aber momentan das Gefühl, dass ich für die Niederlande spielen möchte. Dort kann ich sehr viel lernen und aktuell noch für die U 21 auflaufen. Ich bin noch jung, könnte mich zukünftig mit Blick auf das A-Team auch noch anders entscheiden.

Die slowakische Nationalmannschaft hätte den Vorteil, dass Sie gemeinsam im Verein und für Ihr Land spielen könnten …

Reis: Das ist klar. László ist ein guter Freund von mir, ich schätze seine Qualitäten sehr. Wenn wir irgendwann zusammen in Verein und Nationalmannschaft spielen könnten, hätte das was, klar.

Bénes:Wir sind jetzt schon mehrere Wochen zusammen beim HSV, ich spiele sehr gerne mit Ludovit zusammen. Er ist auch auf dem Platz ein richtig guter Typ. Wenn wir irgendwann zusammen in der slowakischen Nationalmannschaft spielen könnten, wäre das überragend. Am Ende ist es aber seine Entscheidung. Ich werde ihn nicht überreden, weil es eine große persönliche Entscheidung ist.

Herr Bénes, wie lange dauert es, bis man sich als Spieler auf einer zentralen Position an ein neues Spielsystem gewöhnt hat?

Bénes:Ich habe schon in Kiel ein halbes Jahr unter Tim Walter gespielt. Trotzdem ist das System hier ein bisschen anders. Mir gefällt es hier in Hamburg, wir haben viel den Ball und suchen immer die spielerische Lösung. Jedes Training, jedes Spiel macht Spaß. Ich weiß aber auch, dass ich noch ein bisschen Geduld brauche.

Sie haben in den ersten Spielen nicht Ihre hundertprozentige Leistung zeigen können.

Bénes: Die Spielidee kenne ich, die Mitspieler, ihre Laufwege und viele weitere Dinge aber sind neu. Ich weiß selbst, dass ich besser spielen kann. Es geht immer besser – und daran arbeite ich.

Tim Walter sagt immer wieder, dass er viele tiefe Laufwege von Ihnen sehen will. Wie oft spricht er mit Ihnen über dieses Thema?

Reis: Sehr oft. Seit ich hier bin, hat er einen klaren Plan. Der Trainer weiß genau, was er von uns sehen will. Er hat seine Taktik – und wir wollen sie umsetzen. Die tiefen Laufwege auf der Achterposition sind eine Sache, die wir häufig im Training üben. Es ist jetzt der Beginn einer neuen Saison. Wir müssen versuchen, unser Niveau vom Ende der vergangenen Saison zu erreichen. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen werden.

Nervt es Sie auch manchmal, wenn der Trainer jeden Tag über das gleiche Thema mit Ihnen spricht?

Reis: Nein, überhaupt nicht. Wie László bereits sagte: Wir haben Spaß. Und es ist auch unser Job. Man muss akzeptieren, was der Trainer von einem sehen will. Mir gefällt unsere Spielweise, viel Ballbesitz ist gut für Spieler wie László und mich.

Wie oft sprechen Sie beide untereinander über Themen wie tiefe Laufwege?

Bénes: Wir sprechen nicht nur zu zweit, sondern mit der ganzen Mannschaft über die Taktik. Bisher haben wir auch erst drei Ligaspiele hinter uns. Für eine große Analyse ist es noch zu früh. Wenn wir aber weiter so trainieren und letztlich auch spielen, dann werden wir auf jeden Fall erfolgreich sein.

Herr Bénes, Sie sind mit 17 nach Mönchengladbach gewechselt, Herr Reis, Sie mit 19 nach Barcelona. Waren die Wechsel zu diesen Topclubs noch zu früh für Sie?

Reis: Ich denke nicht, dass es ein Fehler war. Man trifft in seiner Karriere Entscheidungen – und dann muss man 100 Prozent geben. Wir haben beide sehr viel bei diesen Clubs gelernt und sind immer noch jung. Das kann uns in der Zukunft nur helfen.

Bénes: Für mich war es ein Traum, aus der Slowakei in die Bundesliga zu so einem großen Verein zu wechseln. In Mönchengladbach bin ich erwachsen geworden. Alles, was ich dort gelernt habe, habe ich mit zum HSV genommen. Ludovit hat in Barcelona mit den besten Spielern der Welt trainiert, das kann einem nur weiterhelfen.

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  • Was müssen Sie abgesehen von tiefen Laufwegen tun, um den Aufstieg zu schaffen?

    Bénes: Wir müssen einfach alle Gas geben und gemeinsam Widerstände überwinden, um unser großes Ziel zu erreichen. Der Aufstieg ist das Ziel von allen hier. Wir haben eine große Qualität im Kader. Wenn wir die an den Wochenenden zeigen, haben wir eine große Chance.

    Herr Reis, was haben Sie aus der vergangenen Saison gelernt, als Sie den Aufstieg verpasst haben?

    Reis: Wir haben viele Spiele erlebt, die wir dominiert haben, und hätten gewinnen müssen – und haben es trotzdem nicht geschafft. Wir waren häufig die bessere Mannschaft, haben aber gerade im ersten Drittel der Saison nur Unentschieden gespielt. Daraus haben wir viel gelernt. Wie wir am Ende der vergangenen Saison gespielt haben, macht uns viel Hoffnung. Da haben die Leute gesehen, was wir können.

    Und wenn Sie Ihr Ziel erreichen, lassen Sie sich auf der Aufstiegsparty einen Irokesen schneiden?

    Reis: Das kann ich Ihnen leider nicht versprechen. (lacht)