Hamburg. Dem Niederländer gelang per Glücks-Traumtor der Siegtreffer bei Hertha BSC. Nun soll Montag die große Party perfekt gemacht werden.

Alle wussten am Donnerstagabend, bei wem sie sich zu bedanken hatten. Ludovit Reis wurde im Berliner Olympiastadion von jedem geherzt, der das Logo des HSV auf der Brust trug. Der Niederländer hat mit seinem Kunstschuss in der 59. Minute den 1:0 (0:0)-Sieg im Relegations-Hinspiel bei Hertha BSC perfekt gemacht. Am Montag (20.30 Uhr) kann der HSV im Rückspiel im Volksparkstadion somit den Traum von der Bundesliga-Rückkehr Wirklichkeit werden lassen. "In so einem wichtigen Spiel ist es völlig egal, wie der Ball reingeht. Ich hätte mich auch über jeden anderen Torschützen gefreut. Dass wir 1:0 gewonnen haben ist das, was zählt. Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht und bis zum Ende gekämpft. Aber Monday geht es weiter", sagte Reis in bestem "Denglisch".

Vor allem die Art und Weise, wie die Mannschaft in Berlin auftrat, war beeindruckend. Von einem Liga-Unterschied war nichts zu sehen. Vor allem in der Defensive präsentierte sich das Walter-Team abgeklärt und gut organisiert. Hertha BSC kam in einem Heimspiel gerade einmal zu sechs Torabschlüssen. "Wir genießen das hier sehr, weil wir es uns verdient haben. Zu Beginn hatten wir nicht genug Balltempo, das haben wir in der zweiten Halbzeit deutlich besser gemacht. Aber wie die jüngste Mannschaft der Zweiten Liga hier besteht, ist aller Ehren wert", schärmte Trainer Walter von seinem Team.

HSV in der Relegation: Magath lobt Auftritt der Hamburger

Gewohnt nüchtern und sachlich analysierte HSV-Idol und Hertha-Coach Felix Magath (67) die bittere Niederlage seiner Spieler. "Der HSV hat sehr gut gespielt. Es war ein interessantes und kampfbetontes Spiel, das eigentlich 0:0 hätte ausgehen sollen. Aber dann ist ein Ball einem Spieler abgerutscht, der sich hinten reingesenkt hat. Das war der Unterschied", analysierte Magath und fügte an: "Wir haben weniger Zweikämpfe gewonnen als der HSV. Das hätte in einem Heimspiel eigentlich sein sollen. Wir sind alle enttäuscht, aber wir werden daraufhinarbeiten, dass wir Montag besser spielen und das Spiel noch umbiegen. Es gibt ja zweimal 90 Minuten. Heute war der HSV der Glückliche, warum sollen wir das nicht am Montag sein?"

Das Relegations-Hinspiel des HSV bei Hertha BSC im Liveticker

Es war alles angerichtet für ein denkwürdiges Spiel des HSV. Knapp 30.000 Fans hatten die Hamburger in die Hauptstadt begleitet. Phasenweise fühlte es sich wie ein Heimspiel im fremden Stadion an. „Mit Leidenschaft und Kampf zurück zu altem Glanz“ stand auf der großen Choreographie der HSV-Fans beim Einlaufen der Mannschaften.

HSV in der Relegation: Fans machen Partie zum Heimspiel für die Hamburger

Beflügelt von den 75.000 Fans im Stadion wirkten beide Teams zunächst nicht. Hertha und der HSV beschnupperten sich, versuchten herauszufinden, wie der jeweils andere spielt. Fehlervermeidung stand ganz oben auf der Agenda in der Anfangsphase. Nach knapp zwanzig Minuten gab es auf beiden Seiten noch keine einzige Torchance.

Und doch wirkte es so, als würde Hertha BSC das Nervenkostüm ein wenig besser in den Griff bekommen. Der HSV konnte kaum längere Ballstafetten vortragen, viele Ungenauigkeiten prägten die Partie. Den ersten Abschluss konnte in der 22. Minute das Walter-Team verbuchen, doch der Versuch von Linksverteidiger Miro Muheim ging deutlich am Kasten vorbei.

Der HSV-Newsblog zur Relegation

HSV-Fans in Berlin: Zumindest zeitweise in der Überzahl

In der Folge blieb es ein umkämpftes, aber wenig hochklassiges Spiel, das vor allem von der Spannung lebte. Das galt vor allem für die 32. Minute. Ein Torschuss von Robert Glatzel wurde von Peter Pekarik mit der Hand geblockt. Der Videoschiedsrichter Robert Kampka empfahl Schiedsrichter Harm Osmers, sich die Szene selbst am TV-Gerät noch einmal anzuschauen.

Diskussionen um möglichen HSV-Elfmeter

Zur Überraschung aller bekamen die Hamburger den Elfmeter nicht. Doch die Entscheidung war tatsächlich korrekt. In der Entstehung der elfmeterwürdigen Szene bekam HSV-Profi Rohr den Ball selbst an die Hand. Das Vergehen des Berliner Rechtsverteidigers im Anschluss war daher irrelevant.

Aber immerhin tat sich mal etwas auf dem Rasen. Und die Gangart wurde auf und neben dem Platz ruppiger. Nach einem harten Foul gegen HSV-Verteidiger Mario Vuskovic bepöbelten sich beide Trainerbänke sekundenlang. Für den letzten Aufreger der ersten Halbzeit sorgten die Gastgeber, als Ishak Belfodil völlig frei per Kopf zur vermeintlichen Führung einnickte. Doch der Algerier stand knapp im Abseits.

So gingen beide Teams mit einem 0:0 in die Kabine. Richtig unzufrieden wirkten die Hamburger ob der Tatsache, dass sie 60 Prozent Ballbesitz, die besseren Chancen und 64 Prozent gewonnene Zweikämpfe hatten, wahrlich nicht.

HSV ließ kaum Chancen von Hertha BSC zu

Nach dem Seitenwechsel wurde die Partie deutlich lebendiger. Das lag vor allem an den Gästen. Beide Mannschaften suchten ihr Glück mehr in der Offensive. Der HSV über Ballbesitz, Hertha über Umschaltmomente und Standardsituationen. Jubeln durften aber in der 59. Minute die Hamburger. Über die linke Seite kam Ludovit Reis frei zum Flanken, doch der Ball in die Mitte rutschte derart kurios über den linken Fuß des Niederländers, dass die Kugel über Hertha-Keeper Oliver Christensen ins Netz flog.

Die HSV-Profis in der Einzelkritik

Das so wichtige 1:0 für den HSV als Brustlöser. Und ein Wirkungstreffer für Hertha BSC. Insgesamt musste man konstatieren, dass die Hamburger immer über eine gute Restverteidigung verfügten. Hertha kam über die gesamten 90 Minuten kaum zu gefährlichen Aktionen im Strafraum. Mit jeder Minute wurden die Hamburger daher selbstbewusster. Sonny Kittel und der eingewechselte Jan Gyamerah verpassten zwar das zweite Tor, doch das tat dem Jubel keinen Abbruch. Der HSV hat eine überragende Ausgangslage, um am Montag im Volksparkstadion die ganz große Party zu feiern. "Wir haben einen wichtigen Schritt gemacht, aber Hertha hat eine gute Mannschaft, die wir nicht unterschätzen dürfen. Trotzdem müssen wir am Montag den Deckel draufmachen", sagte Reis und gab die Marschrichtung für das Rückspiel aus.

Und genau darauf freut sich auch HSV-Sportvorstand Jonas Boldt, der auf der Tribüne mit den mitgereisten Mitarbeitern der Geschäftsstelle mitfieberte. "Die Ausgangslage", so Boldt, "ist komfortabel, und am Montag wollen wir die Krone draufsetzen."

Schema:

  • Hertha BSC: Christensen - Pekarik, Boyata, Kempf, Plattenhardt - Stark (70.Gechter), Tousart - Wollschläger (46. Jovetic), Serdar (70. Richter), Mittelstädt - Belfodil
  • HSV: Heuer Fernandes - Heyer, Schonlau, Vuskovic, Muheim - Meffert, Reis, Rohr (58. Vagnoman), Jatta (74. Kaufmann), Glatzel, Kittel (90. Gyamerah).
  • Schiedsrichter: Osmers (Hannover)
  • Zuschauer: 75.000 (ausverkauft)
  • Tor: 0:1 Reis (59.)
  • Gelbe Karten: Stark, Tousart, Boyata -
  • Torschüsse: 6:10
  • Ecken: 2:4
  • Ballbesitz: 45:55 %
  • Zweikämpfe: 109:144