Hamburg. 15 Heimspiele ohne Niederlage, zuletzt drei Siege gegen Topclubs. Das Thema Aufstieg ist bei den Hamburgern allgegenwärtig.

Die Sonne erleuchtete am Sonntagmorgen das Trainingsgelände des HSV im Volkspark. Das herrliche Winter-Wochenend-Wetter passte am Tag nach dem hart erkämpften 2:0-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim bestens zur Laune der Spieler und Verantwortlichen. Zum ersten Mal in der Ära von Trainer Tim Walter (46) konnte der HSV drei Zweitligasiege in Folge feiern. Mit nun 40 Punkten sind die Hamburger mittendrin im spannendsten Aufstiegskampf der vergangenen Jahre. Ob man nun will oder nicht.

Zumal am Sonntag die Konkurrenten vom FC Schalke 04 (1:2 bei Fortuna Düsseldorf) und Darmstadt 98 (2:2 gegen Hannover 96) wichtige Punkte liegengelassen haben. Der HSV beendet den 22. Spieltag also auf Relegationsplatz drei.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Denn das böse "A-Wort" stand auch unmittelbar nach dem Heidenheim-Spiel auf dem Index. Als das Abendblatt Trainer Walter in der Pressekonferenz ein Bekenntnis zur Aufstiegsambition abtrotzen wollte, lief der Reporter ähnlich hart auf, wie die Heidenheimer Spieler zuvor während der 90 Minuten in den Zweikämpfen. "Entwicklung hört nie auf. Die Jungs können jeden Tag etwas Neues dazu lernen. Es ist gut, dass wir solche Jungs haben, die diese Bereitschaft mitbringen. Wenn wir weiter so beharrlich bleiben und diese Bereitschaft mitbringen, dann schauen wir mal, wie es nächste Woche in Sandhausen aussieht", erklärte Walter und grinste verschmitzt.

HSV tritt mit Widerstandsfähigkeit und Spielfreude auf

Das nächste Spiel ist eben das schwerste. Für Reporter eine Aussage, die vor Langeweile nur so trieft, doch aus HSV-Sicht womöglich genau die richtige Herangehensweise. In der Vergangenheit blickte man häufig zu weit in die Zukunft und vergaß bei all den möglichen tabellarischen Rechenspielen dabei die täglichen Hausaufgaben gut zu erledigen.

Vor allem die Art und Weise, wie widerstandsfähig, mental stark und spielfreudig die Mannschaft derzeit auftritt, lässt hoffen, dass die fast schon chronische fußballerische Frühjahrmüdigkeit der Vergangenheit im Jahr 2022 ausbleibt.

HSV-Trainer Walter lobt die starke Defensivleistung

Dabei dürfte auch die Defensivstärke des HSV helfen. Mit lediglich 20 Gegentoren in 22 Spielen sind die Hamburger Maß aller Dinge in der Zweiten Liga. Neben einem erneut starken Torhüter Daniel Heuer Fernandes (29), der nur im riskanten Aufbauspiel manchmal mit den Nerven der Fans spielte, sind auch alle Feldspieler bereit, die Drecksarbeit nach hinten zu verrichten und das eigene Tor mit Macht zu verteidigen. "Wir haben die beste Abwehr, wieder zu Null gespielt. Das hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt sind. Das ist ein großer Verdienst von Daniel, aber auch von der ganzen Mannschaft", schwärmte Walter.

Für eine prägende Figur des Offensivspiels war der Heidenheim-Sieg gleich in doppelter Hinsicht besonders. Nach seiner abgesessenen Gelbsperre wurde Sonny Kittel (29) mit zwei Toren zum Matchwinner. Ein Abstauber, ein cool verwandelter Elfmeter und plötzlich hat er sich in den Geschichtsbüchern der Hamburger verewigt.

Die beiden Treffer waren Nummer 25 und 26 für den HSV in der Zweiten Liga. Kein Profi hat in den vergangenen vier Jahren häufiger getroffen. Bisheriger Rekordhalter war Simon Terodde, der aktuell für Schalke 04 stürmt, und in der vergangenen Spielzeit 24 Tore verbuchen. konnte.

Sonny Kittel zeigt seiner Tochter bei der Ehrenrunde, in welches Tor er den Ball zwei Mal geschossen hatte.
Sonny Kittel zeigt seiner Tochter bei der Ehrenrunde, in welches Tor er den Ball zwei Mal geschossen hatte. © Witters

Für Kittel ist der Platz in den Geschichtsbüchern nicht wichtig

Nach dem Spiel lief Kittel die Ehrenrunde mit seinem Töchterchen auf dem Arm und genoss den Moment in vollen Zügen. "Es ist ein schöner Nebeneffekt, dass ich jetzt Zweitliga-Rekordtorschütze des HSV bin, letztendlich bedeutet mir das aber nicht so viel, weil ich ein Teil der Mannschaft bin und dem Team helfen will", sagte Kittel. Es sind Worte, die sein Trainer mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen wird.

Ohnehin ist es auffällig, wie harmonisch der Umgang zwischen Trainer und Spielern ist. Die gute Stimmung im Kader ist ein wesentlicher Baustein für den momentanen Erfolg des HSV. Nach dem Heidenheim-Spiel herzte Coach Walter jeden Profi - egal ob Stammspieler oder Joker - der ihm vor die Füße lief. "Jeder Spieler ist wichtig", erklärte Walter vor dem Spiel und genau dieses Gefühl will er seinen Jungs vermitteln.

HSV-Zugang Chakvetadze begeistert Fans mit Tricks

Ein Spieler, der in den kommenden Wochen noch richtig wichtig werden könnte, ist Offensivspieler Giorgi Chakvetadze (22). Der Georgier feierte am Sonnabend seine Heimpremiere und begeisterte die 10.000 Fans dabei mit schön anzusehenden Hackentricks, Spielfreude und der Bereitschaft, auch in der Defensive mitzuarbeiten. "Giorgi hat Potenzial, zeigt das auch immer wieder, aber er muss erst mal reinkommen, finden. Er ist eine Woche hier. Da müssen wir den Ball ein wenig flachhalten", glänzte Trainer Walter in seiner Paraderolle als Euphoriebremse.

Schema:

  • HSV: Heuer Fernandes - Heyer, Vuskovic, Schonlau, Muheim - Meffert - Reis (90. David), Kittel (82. Kinsombi) - Jatta (90. Wintzheimer), Alidou (66. Chakvetadze), Glatzel (90. Kaufmann).
  • 1. FC Heidenheim: Müller - Busch, Mainka, Hüsing, Föhrenbach - Theuerkauf (80. Schimmer), Burnic (72. Malone) - Leipertz (72. Sessa), Schöppner, Mohr (72. Kühlwetter) - Kleindienst (90. Kerschbaumer).
  • Tore: 1:0 Kittel (64.), 2:0 Kittel (78., Foulelfmeter).
  • Schiedsrichter: Christian Dingert (Gries)
  • Video-Schiedsrichter: Marco Fritz (Korb)
  • Zuschauer: 10.000 (ausverkauft)
  • Gelbe Karten: Muheim (3) - Föhrenbach (3), Kleindienst (5)
  • Torschüsse: 13:10
  • Ecken: 3:3
  • Ballbesitz: 59:41 %
  • Zweikämpfe: 153:133
  • Die Ergebnisse vom Freitag: Erzgebirge Aue - Holstein Kiel 2:3, Hansa Rostock - Werder Bremen 1:2.
  • Die Ergebnisse vom Sonnabend: Karlsruher SC - 1. FC Nürnberg 4:1, SC Paderborn - Dynamo Dresden 0:0, Jahn Regensburg - FC St. Pauli 2:3.
  • Die Ergebnisse vom Sonntag: Fortuna Düsseldorf - FC Schalke 04 2:1, FC Ingolstadt - SV Sandhausen 0:0, Hannover 96 - SV Darmstadt 98 2:2.