Sotogrande. Jatta in Quarantäne, Vagnoman weiter mit Rückstand, Alidou unter Beobachtung: Die Hamburger stehen vor Herausforderung.
Tim Walter ließ seine Spieler ordentlich laufen. 50-Meter-Sprints standen am Montagvormittag zum Abschluss der ersten Einheit auf dem Trainingsplan des HSV. Die schnellsten Sprinter der Hamburger aber fehlten auf der Anlage des Santa Maria Polo Clubs in Sotogrande.
Der mit dem Coronavirus infizierte und isolierte Bakery Jatta saß in seiner Hamburger Wohnung auf dem Fahrradergometer, der noch immer leicht angeschlagene Josha Vagnoman in Sotogrande hinter der Glasscheibe des Fitnessraums auf dem Spinningrad. Strampeln statt spurten heißt es aktuell für die Topsprinter des HSV, die sich in der vergangenen Saison bei den Bestwerten der Höchstgeschwindigkeit noch regelmäßig abwechselten.
HSV-Trainer Walter hofft auf schnelles Comeback von Jatta
Jetzt aber haben die Hamburger ein Tempolimit. Und das ausgerechnet auf den Außenbahnen, auf denen Geschwindigkeit im modernen Fußball das wahrscheinlich wichtigste Attribut ist. Hinzu kommt: Mit Faride Alidou hat ein weiterer Topsprinter einen Vertrag bei Eintracht Frankfurt bis 2026 unterschrieben. Spätestens im Sommer ist der 20-Jährige, der in den vergangenen neun Spielen (zwei Tore, vier Vorlagen) so erfolgreich auf der Außenbahn gewirbelt hat, weg. Schade für die Hamburger. In der Phase, in der Jatta und Alidou die Flügelzange bildeten, erzielte der HSV zuletzt viele Tore über die Außen.
Und nun? Trainer Tim Walter hat noch die Hoffnung, dass Jatta schon zum ersten Spiel des Jahres bei Dynamo Dresden am Freitag in einer Woche wieder dabei sein kann. „Baka hat keine Symptome. Es geht ihm gut. Ich hoffe, dass er sich Ende der Woche freitesten kann“, sagte Walter. Doch das ist derzeit nicht so einfach. Wer sich mit der Omikron-Variante angesteckt hat, muss Stand jetzt 14 Tage in Quarantäne bleiben – unabhängig ob er Symptome hat oder nicht. Nur bei den vorherigen Corona-Varianten können Infizierte ohne Symptome und mit Impfschutz nach einer Woche die Isolation durch einen negativen Test beenden. Und das auch nur nach Absprache mit dem jeweiligen Gesundheitsamt.
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Hat sich Jatta mit Omikron angesteckt?
Bei Jatta ist bislang unklar, ob er sich mit Omikron angesteckt hat. In Hamburg werden derzeit nur bei wenigen positiv Getesteten weitere Laboranalysen gemacht, um die Variante festzustellen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat aber bereits angekündigt, dass die Quarantäne-Zeit bei einer Omikron-Infektion künftig wie in anderen Staaten verkürzt wird. Ob die Regel schnell genug in Kraft tritt, damit Jatta gegen Dresden wieder spielen kann, ist noch offen.
Auch Vagnoman muss sich noch gedulden. Nach seiner langwierigen Muskel- und Sehnenverletzung im Oberschenkel hat der Außenverteidiger aktuell leichte Achillessehnenprobleme. In der kommenden Woche will sich Vagnoman erneut beim ehemaligen FC-Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt (79) in München untersuchen lassen. Nicht jedem beim HSV gefällt das. „Er ist ja der Sportpapst“, sagte Trainer Walter am Montag leicht sarkastisch über den renommierten Sportmediziner. „Wir haben auch gute Mediziner. Aber es ist jedem selbst überlassen“, so Walter.
Vagnoman wäre Option auf der offensiven Außenbahn
Vagnoman hatte sich im August beim Stadtderby gegen den FC St. Pauli (2:3) nach seiner Einwechslung gleich beim ersten Sprint erneut am Oberschenkel verletzt, diesmal zudem mit einem Sehnenriss. Nun ist der 21-Jährige offenbar etwas vorsichtiger geworden. „Es wäre schön, wenn wir wieder den alten Vagnoman sehen“, sagte Sportvorstand Jonas Boldt. „Er macht uns flexibler und löst ein paar Probleme.“
Vagnoman könnte nach dem Kreuzbandriss von Tim Leibold nicht nur links hinten in der Viererkette eine Alternative zu Miro Muheim werden. Auch auf der offensiven Außenbahn wäre der schnelle Verteidiger eine Option. Insbesondere dann, wenn der HSV mal mit einer Dreierkette spielt. Walter deutete am Montag an, dass er in der Rückrunde auch mal mit den Innenverteidigern Sebastian Schonlau, Mario Vuskovic und Rückkehrer Jonas David gemeinsam spielen würde. „Wir haben da ja drei gute Spieler. Warum soll man die nicht alle einbauen“, sagte Walter. Auf Nachfrage, ob er an eine Dreierkette denke, sagte er mit einem Lächeln: „Kann sein.“
Trotz der bevorstehenden Rückkehr Vagnomans bleibt die offensive Außenbahn angesichts der offenen Fragen rund um Jatta und Alidou eine Position, auf der die Hamburger noch Verstärkung gebrauchen könnten. Das hat auch Boldt erkannt. „Die Vakanz ist eher auf dieser Position da, wobei auch die Frage ist, wie du es interpretierst. Aber klar ist, dass Tempo im Fußball sehr wichtig ist“, sagte der Sportvorstand.
Mit Xavier Amaechi (20/Bolton Wanderers) und Aaron Opoku (22/VfL Osnabrück) sind zwei weitere schnelle Außenspieler an Drittligisten verliehen. Das Leihgeschäft von Amaechi mit dem englischen Club soll bis zum Sommer verlängert werden, wie Boldt bestätigte.
Wer macht beim HSV bald das Tempo?
Wer macht beim HSV also in der Rückrunde das Tempo? Ligaweit liegt Jatta mit einem Topspeed von 34,88 km/h auf Platz neun. Dahinter folgt als nächster Hamburger der seit Montag 21 Jahre alte Mikkel Kaufmann mit 34,76 km/h auf Platz zwölf. Doch der dänische Stürmer ist kein typischer Außenbahnspieler. Er könnte genau wie Manuel Wintzheimer und Robin Meißner in einem System mit zwei Spitzen eine bessere Option sein.
Als schneller Flügelspieler steht Walter für das Dresden-Spiel Stand jetzt also nur Alidou zur Verfügung. Nach dem Wirbel um seinen Unterschrift in Frankfurt steht der 20-Jährige allerdings unter besonderer Beobachtung. „Ich hoffe, dass er genauso brennt wie vorher“, sagt Boldt. „Er wirkt klar, der Trainer hat Bock auf ihn.“ Trotzdem braucht der HSV bei der Planung auf den Außenbahnen jetzt vor allem eines: Tempo.