Hamburg. Beim 7:4-Spektakel gegen Nordsjaelland überzeugt die zuletzt kritisierte Offensive. Welche Rückschlüsse daraus zu ziehen sind.
So gut gelaunt wie am Donnerstagnachmittag war Tim Walter schon länger nicht mehr unmittelbar nach einem Spiel zu sehen. Der Trainer des HSV strahlte über beide Ohren und war sichtlich zufrieden mit der Vorstellung seiner Mannschaft, als er sich nach dem 7:4 (3:2)-Testspielerfolg gegen den dänischen Erstligisten FC Nordsjaelland den Fragen der Medienvertreter stellte.
„Wenn ihr Action sehen wollt, müsst ihr woanders hin“, scherzte der Coach über die wilde Elf-Tore-Show, die ganz nach seinem Geschmack ablief. Vier Tore kassiert, aber sieben geschossen. Tim Walter steht für Spektakel – sowohl defensiv als auch offensiv.
HSV zeigt von Walter geforderte Effektivität
Doch gerade offensiv geriet der viel zitierte Walter-Fußball zuletzt etwas ins Stocken. Nicht, weil sich der HSV schwertat, Chancen zu spielen. Sondern vielmehr, weil sich der HSV schwertat, die zahlreichen Chancen auch zu verwerten. Vier der vergangenen fünf Zweitligapartien der Hamburger gingen 1:1 aus.
Dass eben jenes Ergebnis, das im Volkspark keiner mehr sehen kann, nicht auch der Endstand beim Auswärtsspiel vor drei Wochen in Paderborn (2:1) war, hatte Walter dem Siegtorschützen Tommy Doyle zu verdanken, den er nur wegen eines Krampfes von Sonny Kittel in der 90. Minute einwechselte.
Gegen den dänischen Abstiegskandidaten Nordsjaelland zeigte der HSV nun die Effektivität, die Walter seit Wochen fordert. „Chancen für viele Tore haben wir immer, wir müssen nur lernen, konsequenter zu werden“, sagte der Coach, der die sieben Testspieltore nicht überbewerten will, aber hofft, dass seine Spieler Selbstvertrauen im Abschluss für die beiden anstehenden Zweitliga-Heimspiele gegen Regensburg (20. November) und Ingolstadt (28. November) gesammelt haben. „Das tut uns heute mal gut, aber trotzdem wollen wir in den Saisonspielen auch viel mehr Tore schießen.“
HSV schießt zu wenig Tore
In der Liga gelang es dem HSV erst einmal beim Auftakt auf Schalke (3:1), mehr als zwei Tore zu schießen. Auffällig ist, wie abhängig die Mannschaft von ihrem Torjäger Robert Glatzel ist. Trifft Glatzel nicht – und das war zuletzt dreimal in Folge der Fall –, dann tut sich der HSV schwer, mehr als ein Tor zu erzielen. Neben Glatzel (sechs Saisontore) haben bisher nur Moritz Heyer (fünf) und Sonny Kittel (drei) mehr als ein Saisontor geschossen.
Gegen Nordsjaelland reichten Linksverteidiger Miro Muheim 90 Minuten, um gar einen Doppelpack zu erzielen. Der Schweizer klärte zudem zweimal auf der Linie und bewarb sich um den inoffiziellen Titel des „Man of the Match“. „Er hat sich belohnt“, lobte Walter den Vertreter des schwer verletzten Tim Leibold, der in dieser Saison wegen eines Kreuzbandrisses kein Spiel mehr bestreiten wird. „Miro findet immer besser rein, das konnte man nicht von heute auf morgen erwarten. Je mehr Spiele er macht, desto reifer wird er.“
HSV und Walter beklagen zwei Verletzte
Vorerst keine Spiele machen wird dagegen Jonas David. Der HSV-Verteidiger fehlte gegen Nordsjaelland wegen eines Muskelfaserrisses und wird voraussichtlich drei Wochen ausfallen. Auch Jonas Meffert muss bis nächsten Montag wegen eines Zehenbruchs pausieren.
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In Abwesenheit der beiden Profis sowie der verreisten U-Nationalspieler ermöglichte Walter einigen Nachwuchstalenten die Chance, sich bei den Profis zu zeigen. Lust auf mehr machten dabei vor allem U-19-Kapitän Elijah Krahn (18), der durchspielte, und U-19-Mitspieler Felix Paschke (18), der in der zweiten Hälfte zum Einsatz kam. „Es hat richtig Spaß gebracht, die jungen Spieler reinzuschmeißen. Sie waren mutig und haben sich nicht versteckt“, sagte Walter über die beiden zentralen Mittelfeldspieler. „Sie müssen körperlich stärker werden, daran arbeiten wir.“
Körperlich deutlich robuster als die Dänen, deren Startelfspieler im Schnitt 19,2 Jahre alt sind, war der Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselte Glatzel, der wie Muheim einen Doppelpack erzielte. „Alle waren engagiert und haben Gas gegeben“, lobte Walter die gesamte Mannschaft, die endlich den Fußball zeigte, den er sehen will – und sich mit sieben Toren auch dafür belohnte.
Die Statistik
- HSV: Johansson (88. Mensah) – Heyer (61. Andresen), Schonlau (46. Seifert), Gyamerah – Kinsombi (61. Paschke) – Jatta (61. Glatzel), Wintzheimer (72. Rexhepi), Krahn, Muheim – Meißner, Kaufmann.
- Tore: 0:1 Agnero (4.), 1:1 Muheim (6.), 2:1 Heyer (11.), 2:2 Coulibaly (19.), 3:2 Muheim (45.), 4:2 Kinsombi (59.), 4:3 Coulibaly (64.), 5:3 Meißner (71.), 6:3 Glatzel (73.), 6:4 Nagalo (80.), 7:4 Glatzel (88.).