Hamburg. Der HSV lässt die Legenden aufleben. Jürgen Ahlert macht jetzt das, was der Club in der Vergangenheit versäumte.
Am vergangenen Freitag klingelte Jürgen Ahlert zusammen mit Jonas Boldt und Bernd Wehmeyer an der Tür von Uwe Seeler. Im Namen des HSV wollten die drei dem Vereinsidol zum 85. Geburtstag gratulieren und ein Geschenk überreichen. Wenig später saßen sie alle zusammen bei Seeler im Wohnzimmer zu Kaffee und Butterkuchen.
„Uwe war sehr gut drauf und hat sich gefreut über den Besuch“, erzählt Ahlert wenige Tage später im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“. Der 61-Jährige ist seit einem Jahr verantwortlich für die neue Ehrenliga. Ein Projekt, mit dem der HSV das Ziel verfolgt, seinen ehemaligen Spielern eine höhere Wertschätzung entgegen zu bringen.
Der Besuch bei „Uns Uwe“ war dabei nur ein kleiner Baustein. „Uns war wichtig, dass Uwe sieht, dass er nach wie vor ein Teil seines HSV ist. Wir wollten zum einen verhindern, dass er denkt, keiner kommt vom HSV vorbei. Auf der anderen Seite wollten wir nicht lästig sein“, sagt Ahlert, der einen Einblick bekam, was ein Geburtstag von Uwe Seeler bedeutet. „Seine Tochter hat erzählt, dass der Postbote gleich zweimal kommen musste.“
Wer alles Teil der Ehrenliga beim HSV ist
Auch bei Ahlert im Büro stapeln sich die Postkarten. Teil des neuen Projekts, das der langjährige Busfahrer und Teammanager verantwortet, sind die Geburtstagsbriefe. Jedes Mitglied der Ehrenliga bekommt vom HSV jetzt eine handgeschriebene Glückwunschkarte. Und die Liste der Mitglieder ist lang: Jeder Spieler, der seit der Bundesligagründung 1963 für die Profis zum Einsatz kam, ist Teil der Ehrenliga.
Also auch Spieler wie die beiden Kieler Finn Porath (24) und Ahmet Arslan (27), die in ihrer HSV-Zeit nur jeweils eine Minute bei den Profis auf dem Platz standen. Hinzu kommen auch alle ehemaligen Cheftrainer sowie Vorstände und Aufsichtsräte. Seit Sommer sind nun auch die Spielerinnen der HSV-Frauen aus der Bundesligazeit (bis 2012) Bestandteil der Liste.
Idee der HSV-Ehrenliga entstand unter Beiersdorfer
Die Ehrenliga, deren Idee bereits 2015 unter dem ehemaligen Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer entstand, soll aber mehr sein als nur eine Sammlung von Namen und Adressen. „Wir wollen nicht nur die Excel-Liste verwalten, sondern die Beziehungen am Leben halten und sie mit Leben zu füllen“, sagt Ahlert.
Und kaum jemand könnte das besser als er. Seit 1994 arbeitet der Hamburger ununterbrochen für den HSV und war dabei immer nah dran an Spielern, Trainern und Verantwortlichen. Zunächst elf Jahre als Busfahrer, dann 15 Jahre als Teammanager und nun seit einem Jahr als Leiter der Ehrenliga, zu der mittlerweile auch die Traditionsmannschaft des HSV gehört.
Für die Auswahl, die früher Altliga hieß, konnte er gemeinsam mit Teamchef Thomas Bliemeister zuletzt die früheren HSV-Angreifer Benjamin Lauth und Romeo Castelen gewinnen. Am 8. Januar kommt die Auswahl erstmals wieder zu einem Hallenturnier in Regensburg zusammen. Noch in diesem Monat organisiert Ahlert für das Team im Elysee-Hotel die erste Weihnachtsfeier seit der Corona-Pandemie.
Ahlert holt HSV-Versäumnis nach
Nicht immer war der HSV im Umgang mit seinen verdienten Ex-Spielern so wertschätzend wie jetzt. Häufig meldeten sich in der Vergangenheit HSV-Legenden öffentlich zu Wort und kritisierten die fehlende Einbindung der Ehemaligen im Volkspark. Die Folge war und ist noch immer regelmäßige Kritik wie die der Landesmeisterhelden von 1983, Felix Magath, Manfred Kaltz oder auch Uli Stein.
„Sicherlich war dieser Gedanke dabei, aber die Ehrenliga ist ehrlich gemeint. Sie soll kein Mittel zum Zweck sein, um alle zurückzugewinnen, die mal verärgert waren“, sagt Ahlert.
HSV lässt die Legenden aufleben
Vielmehr geht es darum, den Kontakt durch eine regelmäßige Kommunikation zu halten. So nutzten Ahlert und Mediendirektor Christian Pletz, der ihn bei der Projektarbeit unterstützt, vor rund drei Wochen die Möglichkeit, Uli Stein zu besuchen.
Vor dem Auswärtsspiel beim SC Paderborn (2:1) schauten die HSV-Mitarbeiter bei Stein zu Hause in Bielefeld vorbei und verbrachten dann zusammen den Abend beim Spiel in Paderborn. „Wir wollten ihm den HSV so zeigen, wie er heute ist“, sagt Ahlert. „Es war schön zu sehen, wie Uli noch mit dem HSV mitfiebert und sich über das späte Siegtor gefreut hat.“
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Auch bei Heimspielen lädt der Club jetzt regelmäßig drei Gäste aus der Ehrenliga ein, die dann für interne Aktionen zur Verfügung stehen. Zuletzt waren die Kroaten Mladen Petric und Ivica Olic zu Besuch. Sie sprechen unter anderem in den Logen mit Sponsoren.
Noch ist die Liste der Ehrenliga nicht vollständig. Von manchen Ex-Spielern wie dem Polen Miroslaw Okonski (62) sucht der HSV vergeblich den aktuellen Kontakt. Ahlert hat noch viel Arbeit vor sich – damit die Legenden weiter aufleben.