Hamburg. Der HSV kämpft mit dem KSC um Platz zwei der Jahrestabelle, weil der Club auswärts mehr punktet. Für Walter liegt das auch am Rasen.

Als Tim Walter am Donnerstag seinen Platz auf dem Pressepodium in der ersten Etage des Volksparkstadions einnahm, grinste der Trainer des HSV über beide Ohren. Pressesprecher Philipp Langer hatte ihn als „heutigen“ Gast begrüßt – beide mussten schmunzeln. Doch schon wenige Sekunden später verfinsterte sich Walters Miene. Zwei Tage vor dem Spiel beim Karlsruher SC am Sonnabend (20.30 Uhr/Sky, Sport1 und im Abendblatt-Liveticker) und einen Tag vor dem Geburtstag von HSV-Idol Uwe Seeler musste er sich erneut gegen kritische Fragen nach seiner Taktik wehren.

Ob seine Spielphilosophie nach erst einem Heimsieg in Zement gegossen sei, wollte einer der Reporter wissen, oder wann der Zeitpunkt gekommen sei, auch einmal taktisch etwas zu verändern? „Ich glaube, dass uns die Herangehensweise, wie wir viele Chancen herausspielen und mittlerweile wenig zulassen, lang- und mittelfristig erfolgreicher macht“, entgegnete Walter, der auf eine solche Frage gut vorbereitet war und seine These mit Statistiken untermauerte. „Wir sind die kompakteste Mannschaft der Liga, lassen die drittwenigsten Torchancen zu und erspielen uns die meisten Torchancen.“ Deshalb stimme auch die Entwicklung der Mannschaft. „Jetzt wollen wir uns auch konsequent dafür belohnen.“

Walter kritisiert den Rasen beim HSV

Ein Ziel, das auswärts deutlich besser als zu Hause funktioniert. Drei seiner vier Saisonsiege holte der HSV in der Fremde. Beim jüngsten Auswärtsspiel in Paderborn (2:1) zeigte die Mannschaft ihre beste Saisonleistung. Doch weil das Toreschießen nicht zu den Stärken der Hamburger gehört, siegte der Club erst durch Tommy Doyles Treffer in der vierten Minute der Nachspielzeit. Es war der 23. Schuss auf das Paderborner Tor – ein ligaweiter Rekord für ein Auswärtsteam. Vier Tage später siegte der HSV auch im Pokal beim bis dahin in der Liga noch ungeschlagenen 1. FC Nürnberg.

Jonas David (r.) jubelt beim bislang letzten Auswärtsspiel über sein Tor im DFB-Pokal gegen Nürnberg (4:2 i.E.).
Jonas David (r.) jubelt beim bislang letzten Auswärtsspiel über sein Tor im DFB-Pokal gegen Nürnberg (4:2 i.E.). © imago/HMB-Media | Unbekannt

Doch warum ist der HSV in der Fremde erfolgreicher als zu Hause, obwohl die Spielweise die gleiche ist, wie Walter bestätigte? Für die Verteilung der bisherigen Punkteausbeute hat der 45-Jährige neben der fehlenden Konsequenz in den Heimspielen eine Theorie, für die sich auch die Greenkeeper im Volksparkstadion interessieren dürften.

„Wir finden auswärts manchmal sehr gute Plätze vor – das ist für uns von Vorteil, weil wir sehr viel den Ball haben“, sagte der HSV-Coach und legte auf Nachfrage hinterher: „In manchen Stadien ist die Rasenqualität mit Sicherheit besser als im Volkspark. Unser Rasen ist schon sehr frequentiert – auch dadurch, dass die Nationalmannschaft hier war.“

HSV punktet auswärts mehr wegen des Rasens

Vier Wochen ist es inzwischen her, dass die Nationalelf im Volksparkstadion 2:1 gegen Rumänien gewann. Doch darauf alleine sei der verbesserungswürdige Zustand des Hamburger Rasens nicht zurückzuführen. Es liege auch am durch das Stadiondach entstehenden Schatten. „Wir haben ein paar Probleme mit dem Lichteinfall“, räumte Walter ein, der für seinen Ballbesitzfußball optimale Platzbedingungen braucht. „Es tut unserem Spiel natürlich gut, wenn der Rasen in einem sehr guten Zustand ist.“

Glücklicherweise für Walter und den HSV wurde der Rasen im Karlsruher Wildparkstadion erst in der Sommerpause erneuert, nachdem es in der vergangenen Saison heftige Beschwerden über den Platzzustand gegeben hatte. Seit das frische Grün verlegt wurde, rollt der Ball wieder zur Zufriedenheit aller Edeltechniker – und Walter.

HSV und Karlsruhe kämpfen um Platz zwei

Die Rahmenbedingungen für ein Spitzenspiel sind also gegeben. Ein Spitzenspiel? Tatsächlich kämpft der HSV mit Karlsruhe um Platz zwei der Jahrestabelle. Mit 53 Punkten holte zwar Darmstadt die zweitmeisten Zähler im laufenden Kalenderjahr. Doch es ist fraglich, ob die auswärtsschwachen Lilien am Sonntag bei Schalke als Sieger vom Platz gehen. Somit könnte der Gewinner aus dem Duell des HSV (51 Punkte) beim KSC (52) nach diesem Wochenende die zweitbeste Jahresbilanz vorweisen. Spitzenreiter in dieser Wertung ist übrigens der FC St. Pauli mit nur noch theoretisch einholbaren 65 Punkten.

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Ob für den HSV in Karlsruhe drei Punkte zur Jahresausbeute hinzukommen, könnte auch am Einsatz von Stammtorwart Daniel Heuer Fernandes liegen, der bis zu seiner im DFB-Pokal vor einer Woche erlittenen Kapselreizung im Knie eine starke Saison spielte. Am Donnerstag absolvierte er erstmals wieder individuelle Übungen auf dem gut gepflegten Trainingsplatz im Volkspark.

Auch wenn der Deutsch-Portugiese dabei einen guten Eindruck hinterließ, wollte Walter die Prozentrechnung, wie wahrscheinlich ein Einsatz des Keepers sei, lieber anderen überlassen. „Das kann ich nicht beziffern“, sagte der Coach, der darauf verwies, im Fall der Fälle volles Vertrauen in die Nummer zwei, Marko Johansson, zu haben.

In diesem Moment setzte wieder ein Lächeln in Walters Gesicht ein – so wie es zuletzt auch auswärts nach einem Schlusspfiff zu sehen war.