Wolfsburg. Bei der Testspielpleite in Wolfsburg patzt der Ersatztorhüter des HSV mehrfach – Talent Suhonen überzeugt dagegen.
Tim Walter wirkte erstaunlich gelassen, als er seine Erkenntnisse über das Testspiel seines HSV gegen den VfL Wolfsburg preisgab. „Man muss sehen, dass der Gegner eine andere Hausnummer ist. Das wussten wir aber vorher“, sagte der HSV-Coach nach der 1:4 (0:3)-Niederlage beim Champions-League-Teilnehmer, der ohne seinen Topstürmer Wout Weghorst antrat. Doch die Abwesenheit des Niederländers nutzte ein gebürtiger Hamburger, um auf sich aufmerksam zu machen.
U-21-Europameister Lukas Nmecha erzielte einen Dreierpack in einer Partie, die vor allem in der ersten Halbzeit in puncto Handlungsschnelligkeit und Zweikampfverhalten mehr als nur einen Klassenunterschied offenbarte. Doch Walter, der Sonny Kittel schonte, wollte diese Tatsache nicht überbewerten. „Das war ein Test, der dafür da war, um zu sehen, wo man steht.“
HSV: Johansson nicht bereit für Walter
Schon nach wenigen Sekunden wurde deutlich, wo der HSV vor allem nicht steht, als Jan Gyamerah einen beinahe verhängnisvollen Fehlpass quer am eigenen Strafraum in den Fuß von Ridle Baku spielte, der diese gute Möglichkeit ungenutzt ließ (1.). Ein individueller Fehler, der kein Zufallsprodukt war. Wolfsburg lief die Hamburger von Beginn an viel höher an als die bisherigen Zweitliga-Gegner, womit sich Walters Elf sichtbar schwertat.
Insbesondere Torhüter Marko Johansson (23), der für Daniel Heuer Fernandes 90 Minuten zum Einsatz kam, hatte seine Probleme mit dem vom HSV-Coach geforderten spielerischen Aufbau und dem Wolfsburger Pressing. Nach einem Stockfehler wusste er sich nur noch durch ein Foul außerhalb des Strafraums zu helfen (3.) – in diesem Moment schwante einem bereits Böses.
Die Bestrafung für die behäbige Spielweise des HSV folgte schließlich kurz darauf nach einer Arnold-Ecke, die Nmecha zum 1:0 für den VfL nutzte (16.).
HSV-Keeper Johansson patzt mehrfach
Auch danach nahm das Hamburger Fehlerfestival munter seinen Lauf. Johanssons zweiter von insgesamt drei fußballerischen Aussetzern führte zum 0:2. Diesmal unterlief dem Schweden, der im Sommer für 600.000 Euro aus Malmö verpflichtet wurde, nahezu unbedrängt ein Querschläger ins Toraus, woraufhin Walter wütend von der Bank hochsprang. „Mich regen Fehler auf. Ich will auch gegen so eine Mannschaft nicht verlieren“, sagte der Coach. Das nächste Gegentor konnte er mit seinem Wachrüttler jedoch nicht verhindern – die anschließende Ecke vollendete Nmecha mit seinem zweiten Streich (30.).
Kurz vor der Pause entwickelte sich der ohnehin schon gebrauchte zu einem rabenschwarzen Nachmittag für Johansson. Nach einem Abstoß suchte der Keeper erneut die spielerische Lösung – und fand den Fuß von Maximilian Arnold, der mit dem dritten Wolfsburger Treffer für den Schlusspunkt der ersten Hälfte sorgte, in der sich der HSV nicht eine Torchance erspielte (43.).
„Marko hat noch nicht so häufig gespielt, schon gar nicht unter Druck“, sagte Walter als Erklärung für die Patzer. „Es ist aber nicht nur Markos Schuld, sondern auch die der Viererkette, die die Freilaufbewegung nicht so gemacht hat, wie wir das wollten. Dann ist es auch für Marko schwer“, sagte Walter und ergänzte: „Wenn du lange nicht spielst, ist es schwer, sich anzupassen. Dafür sind solche Spiele super.“
Suhonen der einzige HSV-Lichtblick
Nicht super, aber zumindest deutlich besser war die Leistung des HSV nach dem Seitenwechsel. Den Hamburger Ehrentreffer zum 1:3 verdiente sich in Anssi Suhonen einer der Fleißigsten auf dem Platz (54.). „Anssi macht einen sehr guten Job, er ist eine Frohnatur. Bei ihm muss man nur aufpassen, dass er sich nicht selbst zu sehr unter Druck setzt. Er wird erwachsen, das tut ihm gerade nicht so gut, und deshalb rede ich viel mit ihm“, sagte Walter über den Mittelfeldspieler, der heute zur finnischen U-21-Nationalmannschaft nachreist.
Auch interessant
Auch interessant
Die Freude über Suhonens Treffer währte allerdings nur kurz, denn nur wenige Minute später stellte Nmecha mit seinem dritten Tor den alten Abstand wieder her (60.). In der Schlussphase verpasste es der HSV mit der Doppelchance des eingewechselten Robert Glatzel (71./77.) und dem Elfmeter von Bakery Jatta, der links am Tor vorbeischoss, die zunehmenden Nachlässigkeiten des VfL zu bestrafen. „Wir haben die Dinge, die wir am Ende richtig gut gemacht haben, egoistisch verspielt“, klagte Walter. „Da merkt man den Unterschied in der Qualität.“
Ein Urteil, durch das sich der Trainer nicht von seiner gelassenen Stimmung abbringen ließ.
Die Statistik:
- Wolfsburg: Pervan – Stefaniak, Lang, van de Ven, Gerhardt (14. De Michele Sanchez) – Arnold (46. Wagbe) – Baku (72. Littbarski), Philipp, Felix Nmecha – Lukas Nmecha, Ginczek.
- HSV: Johansson – Gyamerah (64. Leibold), David, Schonlau, Muheim – Meffert (46. Wintzheimer) – Heyer, Suhonen (71. Velasco), Kinsombi (64. Jatta) – Alidou, Meißner (64. Glatzel).