Hamburg. Finanzvorstand Wettstein legt Widerspruch gegen abgelehnten Zuschauerantrag ein. Bierverkauf soll möglich werden, das 2G-Modell auch?

Am späten Montagnachmittag bekam die Hamburger Behörde für Inneres und Sport Post. Absender: der HSV. Betreff: Widerspruch. Was Finanzvorstand Frank Wettstein am Sonntag bereits angekündigt hatte, setzte der Club nur einen Tag später um. Der HSV fordert von der Stadt eine schriftliche Begründung, warum sein Antrag auf eine höhere Auslastung der Stadionkapazität bei den Zweitligaheimspielen nicht angenommen wurde.

„Das erschließt sich mir ebenso wenig wie die Ungleichbehandlung mit anderen Sportveranstaltungen in der Stadt Hamburg. (...) Es kann und darf doch nicht sein, dass in einer Stadt beispielsweise zwei Zweitliga-Fußballclubs nach unterschiedlichen Maßstäben bewertet werden“, hatte Wettstein gesagt und mit dem Widerspruch am Montag den Druck auf die Stadt noch einmal erhöht.

Konkret geht es darum, dass der HSV nicht die bundesweit mögliche Auslastung von 25.000 Zuschauern ausschöpfen kann, dass der FC St. Pauli eine prozentual höhere Auslastung genehmigt bekommen hat und dass im Stadion nach wie vor kein Alkoholverkauf erlaubt ist, was bei anderen Sportveranstaltungen wie zuletzt dem Springderby in Klein Flottbek möglich war.

Stadt reagiert gelassen auf den Vorstoß des HSV

„Wir haben unter anderem einen umfangreich begründeten Antrag auf eine Erhöhung der Zuschauerzulassung gestellt und trotz der durchweg positiven Rückmeldungen des Gesundheitsamtes Altona nach unserem Heimspiel gegen Darmstadt vom Sportamt bisher eine Absage für zusätzliche Kapazitäten ohne nachvollziehbare Begründung erhalten“, sagte Wettstein.

Bei der Stadt reagierte man am Montag gelassen auf den Vorstoß des HSV. Sportstaatsrat Christoph Holstein wollte die Kritik von Wettstein aber nicht unkommentiert stehen lassen. Dem Abendblatt sagte der Politiker auf Nachfrage: „Hamburg hat mit seiner konsequenten Pandemiebekämpfung und der schrittweisen Rückkehr zur Normalität gute Erfahrungen gemacht. Dabei muss man die Ruhe und die Nerven behalten. Das können wir. Je ernster die Profivereine die Corona-Regeln bei ihren Heimspielen nehmen, je zuverlässiger sie diese Regeln durchsetzen, desto größer können anschließend die Schritte zurück in Richtung Normalzustand sein.“

FC St. Pauli plant nun den nächsten Schritt

Holstein spielt damit auf die Probleme rund um die Einlasskontrollen beim ersten HSV-Heimspiel gegen Dresden an, als einige Zuschauer nicht auf ihren 3G-Nachweis überprüft wurden, weil es zu Gedränge vor den Stadioneingängen gekommen war. Ein Vorgang, der möglich war, dem zuständigen Gesundheitsamt Altona aber nicht unmittelbar kommuniziert wurde. Künftig, so die Auflage, müsse der HSV der Behörde in solchen Fällen direkt Bescheid geben.

Dem FC St. Pauli soll vom Gesundheitsamt Mitte eine bessere Organisation der 3G-Überprüfung bescheinigt worden sein. Der Kiezclub plant nun den nächsten Schritt. Schon beim nächsten Heimspiel gegen Ingolstadt will St. Pauli vor 15.000 Zuschauern spielen.

Im Stadion sollen dann auf den Tribünen nur noch Geimpfte und Genesene Zugang erhalten – das betrifft auch alle Dienstleister wie Ordnungskräfte und Caterer, aber auch die Medienvertreter. Präsident Oke Göttlich ist ein Befürworter des 2G-Konzepts. „2G ist unser Wunsch. Und es ist auch der Wunsch der Stadt. Da sind wir auf einer Linie“, sagte Göttlich am Sonnabend nach dem Ende der Mitgliederversammlung am Millerntor.

HSV hält 2G-Umsetzung für nicht praktikabel

Der HSV hält die Umsetzung des 2G-Konzepts angesichts der Corona-Bestimmungen in Hamburg aktuell für operativ nicht praktikabel. Demnach müssten alle Menschen im Stadion geimpft oder genesen sein, also auch extern Beschäftigte. Arbeitsrechtlich darf der Club diese aber gar nicht nach ihrem Impfnachweis fragen. Anders ist es beim 1. FC Köln oder bei Borussia Dortmund. Die beiden Bundesligisten setzen bereits auf das 2G-Konzept. Ausgenommen sind alle Berufstätigen im Stadion.

Angesichts der Obergrenze von 25.000 Zuschauern ergibt es für den HSV aktuell aber ohnehin keinen Sinn, auf 2G zu setzen. Diese Zahl könnte der Club auch im 3G-Modus ausschöpfen. Platz hätte der HSV im Volksparkstadion unter Berücksichtigung der Abstandsregeln sogar für 26.000 Zuschauer.

Der HSV setzt nun auf ein Einlenken der Stadt, um zeitnah zumindest die maximal mögliche Auslastung nutzen zu können. Das Heimspiel gegen den SV Sandhausen am Sonnabend (20.30 Uhr) kommt dafür wohl noch zu früh. Zumindest aber darf der HSV hoffen, dass die Stadt bis dahin den Alkoholverkauf im Stadion wieder erlaubt. Staatsrat Holstein und Daniel Nolte, Direktor Organisation und Infrastruktur beim HSV, befinden sich zu diesem Thema in guten Gesprächen, heißt es.

Länderspiel im Volkspark als Druckmittel?

Helfen könnte dem Club bei der Erhöhung der Zuschauerauslastung das WM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft am 8. Oktober (20.45 Uhr) im Volksparkstadion gegen Rumänien. Schließlich hat auch der DFB Interesse daran, in Hamburg vor möglichst vielen Fans zu spielen.

Bis dahin wird sich die Stadt nicht nur beim Thema Fußball bewegen. Am Mittwoch dürfen beim Erstligastart der Handballer des HSV Hamburg nur 3000 von 13.000 Plätzen in der Barclays Arena besetzt werden, während in der Elbphilharmonie bei der Saisoneröffnung am Freitag 1300 von 2200 Plätzen belegt waren. Ist das noch nachvollziehbar? Man gehe Schritt für Schritt, heißt es von der Stadt. Nicht nur der HSV würde sich wünschen, dass sich diese Schrittgeschwindigkeit deutlich erhöht.