Hamburg. HSV-Trainer erklärt seinen Standpunkt in der Causa Leistner, spricht über fehlende Qualität im Kader und über die Ungeduld der Fans.
Plötzlich war es wieder zu sehen. Dieses Funkeln in den Augen von Tim Walter, das immer dann aufblitzt, wenn der Trainer des HSV die maximale Bereitschaft für seine Spielidee spürt. So geschehen am Mittwoch auf der turnusmäßigen Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel an diesem Sonnabend beim 1. FC Heidenheim (13.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker), als Walter eine Frage über seinen Musterschüler Anssi Suhonen beantworten sollte.
Walter schwärmt über HSV-Talent Suhonen
Was denn der 20 Jahre alte Youngster der Konkurrenz auf seiner Position – immerhin der teuerste Zweitliga-Einkauf David Kinsombi und Neuzugang Ludovit Reis – momentan voraushabe, wollte einer der Medienvertreter wissen. „Die Leichtigkeit, die Lockerheit, die Freude“, antwortete Walter wie aus der Pistole geschossen und deutete damit an, dass Suhonen in Heidenheim zum zweiten Mal in Folge der Startelf angehören wird. „Das lebt er vor und das macht uns allen sehr viel Spaß“, ergänzte der HSV-Coach.
Erst einmal in Fahrt, geriet Walter regelrecht ins Schwärmen über Mittelfeldspieler Suhonen, der sich nach seinem Kreuzbandriss vor einem Jahr eindrucksvoll zurückgekämpft hat. „Die Jungs ziehen sich selbst an ihm ein bisschen hoch“, sagte Walter metaphorisch über den 1,70 Meter kleinen Finnen. „Er geht mit seinen jungen Jahren extrem voran.“
Walter erklärt Leistner-Aus beim HSV
Einer, der beim HSV dagegen nicht mehr vorangehen soll, ist Toni Leistner. Der 31 Jahre alte Innenverteidiger ist nach seinem Instagram-Eklat für einen Wechsel freigestellt worden. Am Mittwoch schilderte Walter, der zuletzt Leistners Professionalität intern moniert hatte, seinen Standpunkt. Darin machte der Trainer noch einmal deutlich, dass der Verteidiger mit seiner Reservistenrolle derart unzufrieden war, dass er sich offenbar nicht mehr in den Dienst der Mannschaft bringen wollte.
„Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir alle Spieler brauchen, weil wir eine sehr lange Saison haben. Dafür ist es wichtig, dass wir eine Einheit sind“, sagte Walter. „Ich verstehe, wenn ein Spieler mit seiner Rolle nicht ganz zufrieden ist. Das gehört dazu. Aber wenn ich nicht spiele, dann muss ich mich im Training zeigen und mit Elan und einem gewissen Vorbild vorangehen – gerade als erfahrener Spieler.“ Doch dazu war Leistner offenbar nicht bereit.
Reicht die Qualität beim HSV, Herr Walter?
Auch unabhängig vom bevorstehenden Abgang Leistners fehlt es dem HSV momentan offensichtlich noch an Qualität im Kader, um den eigenen sportlichen Ansprüchen gerecht werden zu können. Das weiß auch Trainer Walter, der andeutete, dass es in der Mannschaft zwar viele talentierte Spieler gebe, die eine oder andere Soforthilfe aber noch fehle.
„Mit unserer Truppe verfügen wir über viele, viele Potenziale – gerade, was die Entwicklung von Spielern betrifft. Trotzdem muss man auch sehen, dass wir eine junge Mannschaft haben, die man noch weiterentwickeln muss“, stellte der Trainer klar. An einen Aufstieg scheint also momentan nur schwer zu denken sein. Es sei denn, Vorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel lösen ihr Versprechen ein, bis Dienstag noch mehrere Neuzugänge zu verpflichten.
Mindestens zwei Spieler sollen noch kommen. Bedarf hat der HSV vor allem im zentralen Mittelfeld. „Wir versuchen, Augen und Ohren offen zu halten“, kündigte Walter an, der im Fall der Fälle aber nicht meckern will. „Trotzdem bin ich zufrieden mit meinen Jungs. Wir haben Entwicklungspotenziale, die müssen wir natürlich erst einmal ausschöpfen, das ist ganz klar.“
Walters Appell an die HSV-Fans
Klar ist dem Trainer auch, dass die Fans bereit sein sollen, die neue, durchaus risikoreiche und zum Saisonstart defensiv anfällige Spielweise zu akzeptieren. Beim jüngsten Heimspiel gegen Darmstadt (2:2) waren die HSV-Anhänger schon ab der 15. Minute unruhig und pfiffen am Ende sogar die eigenen Spieler nach mehreren Rückpässen aus. Eine Reaktion, die Walter nicht gefiel, an der er aber durch einen besseren Auftritt der Mannschaft arbeiten will.
„Ich glaube, dass wir die Zuschauer mitnehmen und emotionalisieren können“, sagt der HSV-Coach, der zudem die Fans in die Pflicht nimmt. „Wir versuchen, den Zuschauern unsere etwas andere Spielidee näherzubringen. Es gilt aber auch, offen zu sein. Das erwarte ich sowohl von meinen Spielern als auch von jedem einzelnen Zuschauer.“
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In Heidenheim würde Walter wohl gerne Pfiffe von den Rängen hören. Denn das hieße, dass sein auswärts antretender HSV um Anssi Suhonen den unbequemen Gegner aus Ostwürttemberg im Griff hätte. Und dann wäre auch wieder das Funkeln in Walters Augen zu sehen.
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