Hamburg. Gegen Darmstadt 98 wollten die Hamburger Wiedergutmachung für das verlorene Stadtduell betreiben. Das gelang nur sehr bedingt.
Es sollte die Wiedergutmachung für das verlorene Stadtderby werden – es wurde ein teils wildes Spektakel. Der HSV kam gegen Darmstadt 98 nicht über ein 2:2-Unentschieden (2:2) hinaus, verpasste somit den ersten Saisonsieg und verlor vorerst den Kontakt zur Spitzengruppe der 2. Bundesliga. Der Rückstand auf Spitzenreiter Regensburg beträgt bereits sieben Punkte.
Zugleich fand eine schwarze Serie eine Fortsetzung: Darmstadt ist nun seit sechs Spielen im Volksparkstadion ungeschlagen. Immerhin: Die 17.950 Zuschauer im ausverkauften Stadion wurden bestens unterhalten. Eine Halbzeit lang ließ sich ihre Mannschaft auf einen offenen Schlagabtausch ein – versäumte es dann aber, gegen nun tiefer stehende Gäste den durchaus möglichen Siegtreffer zu erzielen.
„Wir hatten genügend Chancen, daraus müssen wir lernen“, sagte HSV-Kapitän Sebastian Schonlau nach dem Spiel bei Sky. Auch Teamkollege Moritz Heyer sah gute Ansätze: „Aber am Ende haben wir nur den einen Punkt.“
HSV-Trainer Walter lässt Suhonen gegen Darmstadt starten
Mit einer dann aber doch wieder nicht so großen Überraschung wartete HSV-Trainer Tim Walter bei seiner Startelf auf: Nachwuchsmann Anssi Suhonen durftenach zuletzt starken Leistungen erstmals beginnen. Auch Maximilian Rohr stand in der Startaufstellung.
„Die Jungs haben die ganze Woche über sehr gut trainiert, deshalb haben sie es sich verdient zu spielen“, sagte Walter vor dem Anpfiff bei Sky. „Anssi soll das Freche, die Leichtfüßigkeit auf den Platz bringen und so unser Spiel beleben.“ Der formschwache David Kinsombi und auch Ludovit Reis mussten zunächst auf der Bank Platz nehmen.
Jan Gyamerah stand erst gar nicht im Kader, er hatte sich im Derby am Kopf verletzt. Da auch Josha Vagnoman nach seinem Sehnenriss noch länger ausfällt, nahm Allrounder Heyer die Position des rechten Verteidigers ein. Verzichten musste Walter zudem auf Verteidiger Stephan Ambrosius (Kreuzbandriss) und Ersatztorwart Tom Mickel (Schultereckgelenkssprengung). Die Nummer eins Daniel Heuer Fernandes, zuletzt angeschlagen, meldete sich rechtzeitig wieder gesund. Beim Kampf um den zweiten Torhüterplatz im Kader gab Walter Youngster Leo Oppermann den Vorzug vor Neueinkauf Marko Johansson.
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Noch keine Minute war gespielt, da ging Heyer im Darmstädter Strafraum zu Boden – Klaus Gjasula hatte bei seiner Rückkehr in den Volkspark aber fair geklärt. Kurz darauf versuchte es Suhonen aus der Distanz, verfehlte aber das Tor deutlich. Noch aussichtsreicher wurde es in der 6. Minute: Sonny Kittel flankte umsichtig auf Bakery Jatta, doch der Gambier bekam aus kurzer Distanz per Kopf keinen Druck mehr auf den Ball.
Tietz schockt den HSV vom Punkt
Wenig später mussten die HSV-Fans durchatmen, als Darmstadts Phillip Tietz im Hamburger Strafraum den Ball nicht richtig traf (10.). Doch kurz darauf machte es der Stürmer besser und ließ Heuer Fernandes vom Elfmeterpunkt keine Chancen – 0:1 (14.). HSV-Verteidiger Jonas David hatte Tietz zuvor am Fuß getroffen. Als wäre das nicht Schock genug, ließ Heyer wenig später mit einem schlampigen Rückpass kurz den Atem der HSV-Fans stocken, doch Heuer Fernandes konnte gerade noch Schlimmeres verhindern (20.).
Dann aber stand Marcel Schuhen im Mittelpunkt: HSV-Stürmer Robert Glatzel bot sich plötzlich nach Anspiel von Tim Leibold aus kürzerster Distanz die Riesenchance zum Ausgleich, doch Darmstadts Keeper parierte mit einem starken Reflex (20.).
Heyer dreht per Hacke das Spiel
Und doch schienen die Lilien dem 2:0 in dieser Phase mindestens genauso nahe wie die Hamburger dem 1:1, aber erst verdribbelte sich Mathias Honsak im Strafraum (22.), dann verzog er aus 14 Metern (26.). Das Tor fiel dann aber doch auf der Gegenseite. Gjasula hatte Jatta gefoult. Kittels Freistoß verlängerte HSV-Kapitän Schonlau ins Tor. Schuhen hätte das durchaus verhindern können, tat es aber nicht – 1:1 (30.).
Zur Beruhigung des Spiels trug der Ausgleich aber nicht bei. So blieb es zumindest kurzweilig. Wieder war es Honsak, der diesmal nur um Zentimeter das Tor verfehlte (32.). Dann rannte Jatta frei aufs Darmstädter Tor zu, traf den Ball dann aber nicht richtig (42.).
Es bedurfte wieder eines Freistoßes, um das Spiel zu drehen. Darmstadts Abwehr geriet zu kurz, Jonas Mefferts Schuss aus 18 Metern zur unfreiwilligen Vorlage für Heyer, der gekonnt mit der rechten Hacke ins Eck traf (45.).
HSV lässt gute Chancen aus
Doch in die Pause nehmen konnte der HSV die Führung nicht. Ein Schuss von Jannik Müller klatschte an den Hamburger Pfosten, den Abpraller nutzte Tietz per Kopf zum Ausgleich (45.+4). Und es hätte aus HSV-Sicht sogar noch schlimmer kommen können, doch – wer sonst? – Honsak scheiterte wieder nur ganz knapp (45.+5).
Ganz so wild ging es in der zweiten Halbzeit nicht weiter. Darmstadt zog sich nun etwas zurück, der HSV suchte nach Lücken – und fand in der 62. Minute gleich eine ganz große. Einen Meffert-Aufsetzer konnte Schuhen nur abklatschen, den Nachschuss verzog der heranstürmende Suhonen dann ganz unglücklich.
HSV-Trainer Walter: „Dämlich angestellt“
Wenig später bot sich Glatzel nach einer sehr guten Flanke von Jatta die nächste Großchance, doch der Kopfball des Stürmers strich haarscharf am Darmstädter Pfosten vorbei – aus allerdings abseitsverdächtiger Position (69.).
Mit abnehmender Kraft fehlte es den HSV-Abschlüssen nun an Präzision, das galt etwa für Heyers Schlenzer von der Strafraumgrenze (80.) und Mefferts Volleyschuss aus halblinker Position (85.). Walter ging noch einmal ins Risiko, brachte Stürmer Mikel Kaufmann für Verteidiger Heyer (88.). Chancen zum Siegtreffer hatte freilich nur noch Darmstadt auf dem Fuß, doch Erich Berko (90.+3) und Tietz (90.+6) scheiterten. So konnte Darmstadts Trainer Torsten Lieberknecht sogar „enttäuscht“ sein, „dass wir nicht gewonnen haben“.
Walter verbarg seine Enttäuschung zumindest gut. „Wir haben es Ende der ersten und Anfang der zweiten Halbzeit versäumt, den Sack zuzumachen“, sagte der Trainer. Seiner Mannschaft könne er aber keinen Vorwurf machen – außer dass sie sich beim Gegentreffer zum 2:2 „dämlich angestellt“ habe. Sie habe im Spiel nach vorn „einen Tick den Kopf verloren“. Ziel müsse sein, mit mehr Geduld nach vorn zu spielen, dann ergäben sich die Torchancen schon. Am kommenden Sonnabend in Heidenheim ist die nächste Gelegenheit dazu.