Hamburg. Ein junger Torhüter soll kommen. Ein ehemaliger Walter-Schützling schwärmt von der aktuellen Nummer eins – und vom Ansatz des Trainers.

Kenneth Kronholm kommt gerade vom Training der Chicago Fire, als ihn das Abendblatt auf dem Handy erreicht. Seit zwei Jahren lebt der ehemalige Torwart von Holstein Kiel in den USA, kämpft sich gerade nach einer Knieverletzung zurück.

Kronholm muss nicht lange überlegen, worum es geht. Natürlich um seinen ehemaligen Trainer Tim Walter und das Torwartspiel. Und um HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes, dem Kronholm in seiner Zeit bei Holstein Kiel und dem SV Elversberg siebenmal in der Zweiten und Dritten Liga begegnet ist.

„Tim Walter und der HSV – das passt perfekt zusammen“, sagt der 35-Jährige, der zwischen 2018 und 2019 eine Saison lang in Kiel mit Walter zusammenarbeitete. Und noch heute sagt er: „Die Torwartposition ist in Tim Walters Spiel mit das wichtigste.“

HSV: Heuer Fernandes mit überragender Leistung

Spätestens seit dem vergangenen Freitag wird beim HSV mal wieder über den Torwart diskutiert. Beim 3:1-Sieg zum Zweitligastart beim FC Schalke 04 zeigte Heuer Fernandes die wohl beste Torwartleistung, die man von einem HSV-Keeper in den vergangenen drei Jahren gesehen hat. Und das in der Woche, in der rund um den HSV vor allem über einen möglichen Transfer des Dänen Oliver Christensen (22) von Odense BK spekuliert wurde. Einer neuen Nummer eins für den HSV?

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Geht es nach Kenneth Kronholm, hat der HSV bereits eine Nummer eins: Daniel Heuer Fernandes. „Der HSV sollte ihm vertrauen. Er wird das schon machen. Ich sehe keine Not, einen neuen Stammtorhüter zu holen und würde es auch nicht verstehen“, sagt Kronholm, der vor allem die fußballerischen Fähigkeiten von Heuer Fernandes schätzt. „Er braucht sich vor nichts zu verstecken. Er hat einen guten ersten Kontakt, ein gutes Spielverständnis. Ein neuer Torwart müsste sich auch erst wieder beweisen.“

HSV sucht neuen Torhüter – Christensen raus?

Dass der HSV einen neuen Torwart holt, ist allerdings sicher. Dass es Christensen wird, ist angesichts der hohen Ablöseforderung von 2,5 Millionen Euro aufwärts aber sehr unwahrscheinlich. Doch selbst wenn Christensen überraschenderweise noch kommen sollte, wäre er nicht automatisch gesetzt.

Der HSV sucht grundsätzlich einen jungen Torwart, der potenziell die Nummer eins werden kann und mit Heuer Fernandes in einen Konkurrenzkampf tritt. Seine Wechselabsichten hat Heuer Fernandes, dessen Vertrag noch ein Jahr läuft, mittlerweile verworfen. Selbst wenn noch ein neuer Torwart kommt, will er seinen Platz im HSV-Tor verteidigen.

Kronholm: Von Anfang an "Bock" auf Walter

Kronholm ist überzeugt, dass Heuer Fernandes unter Tim Walter ein noch besserer Torwart wird. „So war es bei mir auch“, erinnert er sich. „Ich habe immer gedacht, fußballerisch kann mir keiner was. Aber die Zeit unter Tim Walter hat mir noch einmal geholfen“, sagt Kronholm.

Er erzählt, wie Walter vor drei Jahren bei ihm anrief, als sein Wechsel vom FC Bayern München II zu Holstein Kiel bekannt wurde. Der Trainer erklärte seinem künftigen Torwart am Telefon, wie er mit ihm spielen wolle. „Als er dann sein Büro bezogen hat, hat er mich noch vor dem ersten Training zu sich gerufen und mir auf der Tafel aufgezeigt, wie er es sich vorstellt. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Ich hatte von Anfang an Bock darauf.“

HSV: Plötzlich klappt Walters Torwartspiel

Es sollte allerdings dauern, bis die Abläufe im Spielaufbau funktionierten. In der Vorbereitung verlor Kiel gegen Dynamo Moskau mit 2:6. „Das war eine schwierige Phase“, sagt Kronholm heute. Zwei Wochen später spielte Kiel dann beim HSV. Das Eröffnungsspiel der Zweiten Liga. 57.000 Zuschauer im ausverkauften Volksparkstadion.

Torwartspiel nach Maß: Kenneth Kronholm (l.) und Tim Walter nach Kiels 3:1-Rückspielsieg gegen den HSV im Dezember 2018.
Torwartspiel nach Maß: Kenneth Kronholm (l.) und Tim Walter nach Kiels 3:1-Rückspielsieg gegen den HSV im Dezember 2018. © Picture Alliance | Unbekannt

Und zwei Trainer, die auf eine riskante Spieleröffnung über ihren Torhüter setzten. Christian Titz mit Julian Pollersbeck, Tim Walter mit Kenneth Kronholm. Am Ende siegte Kiel mit 3:0. Plötzlich klappte alles. Auch das Torwartspiel. So wie im Eröffnungsspiel drei Jahre später, als der HSV am Freitag bei Schalke 04 gewann.

Kronholm erklärt Walters Torhüter-Ansatz

Kronholm schwärmt: „Tim Walter hat in der modernen Torwart-Zeit mit seiner Idee noch einen drauf gesetzt. Man muss als Torwart dafür bereit sein. Viele Torhüter denken immer, sie dürfen keinen Fehler machen und gehen auf Nummer sicher. Da bist du bei Tim Walter falsch. Wenn du als Torwart dreimal den Ball ins Aus haust, gibt es schon mal Probleme in der Kabine.“

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Kronholm erklärt, wie das Spiel über den Torwart unter dem HSV-Trainer taktisch funktioniert. „Tim Walter will immer, dass man sich im Rücken frei macht und aus dem Deckungsschatten rausgeht, damit man verfügbar ist. Wichtig ist, dass die Innenverteidiger mitspielen. In der Zweiten Liga hast du nicht so viel Zeit, da wirst du sofort angelaufen. Dann musst du eine Entscheidung treffen. Die Entscheidung soll meistens der Kurzpass sein.“ Im Prinzip sei das Konzept einfach: „Spiel einfach den freien Mann an. Und das möglichst flach.“

Kronholm verfolgt den HSV und Walter mit Freude

Klar ist für Kronholm aber auch, dass Fehler passieren werden. Er selbst verdribbelte sich einmal mit Kiel gegen Fürth an der Außenlinie und schenkte dem Gegner so ein Tor. Tim Walter nahm den Patzer hinterher auf seine Kappe, weil er das riskante Spiel von seinem Torwart einfordere. „Das meint er auch so. Und das gibt dem Spieler ein gutes Gefühl. Fehler gehören halt dazu, wenn man Risiko spielt.“

Kenneth Kronholm im August 2019 mit Bastian Schweinsteiger.
Kenneth Kronholm im August 2019 mit Bastian Schweinsteiger. © Imago/Icon SMI | Unbekannt

Kronholm, der in Chicago noch mit Bastian Schweinsteiger zusammenspielte, wird aus der Ferne verfolgen, wie sich der HSV unter Walter entwickelt. Über die Hamburger hat er sich schon zu Zeiten informiert, als sein ehemaliger Rostocker Mitspieler Stefan Wächter noch Torwarttrainer beim HSV war. Jetzt wird er noch mehr Spiele gucken. „Ich freue mich, Tim Walter und Daniel Heuer Fernandes wieder häufiger zu sehen. Das macht als neutraler Fan einfach Spaß, zuzugucken.“

"Walter und Heuer Fernandes richtig für den HSV"

Mit Tim Walter hält Kronholm ohnehin noch regelmäßig Kontakt. Er hofft, dass sein Ex-Trainer den HSV zurück in die Bundesliga führt. „Der Fußball unter Tim Walter ist ein Prozess. Ich hoffe, dass der HSV den Mut hat, ihm die Zeit zu geben. Sonst braucht man ihn nicht als Trainer zu holen“, sagt Kronholm und nennt das Beispiel VfB Stuttgart, wo Walter als Tabellendritter nach nur einem halben Jahr entlassen wurde.

Kronholms Schlussworte: „Ich glaube, dass Tim Walter für den HSV der richtige Trainer ist. Und Heuer Fernandes der richtige Torwart.“