Hamburg. Simon Terodde verabschiedet sich beim 4:0 über Eintracht Braunschweig standesgemäß. Serdar Dursun bleibt heißer Nachfolgerkandidat.
Um 17.21 Uhr beendete Schiedsrichter Patrick Alt mit einem lauten Pfiff eine Saison, die der Hamburger SV gerne so schnell wie möglich aus dem Gedächtnis streichen möchte. Durch das 4:0 (3:0) gegen den Zweitliga-Absteiger Eintracht Braunschweig beendete die Mannschaft von Interimstrainer Horst Hrubesch (70) die Spielzeit 2020/21 auf einem insgesamt enttäuschenden vierten Tabellenplatz.
Es war jene Platzierung, die der ehemalige Bundesliga-Dino auch in den drei vorherigen Jahren am Ende innehatte. Ein Hauch von Konstanz beim HSV. "Pflicht war, dass wir noch mal ein gutes Gesicht zeigen für unsere Fans draußen. Das haben wir getan. Uns war klar, dass nicht mehr drin ist und dass wir auf Strecke zu viel haben liegengelassen", bilanzierte Sportvorstand Jonas Boldt.
Hrubesch lobt Reaktion seiner Mannschaft
Immerhin konnte HSV-Legende Hrubesch mit einer positiven Bilanz in den "Campus" zurückkehren. Der Interimstrainer konnte zwei seiner drei Partien gewinnen. "Jeder kann sich vorstellen, wie die Woche nach dem Spiel in Osnabrück war. Am Ende war es das, was ich von der Mannschaft erwartet habe. Mit den beiden ersten Toren war es eine Partie, die wir souverän über die Zeit gebracht haben", sagte Hrubesch.
Rein sportlich hatte das Duell mit Eintracht Braunschweig einen überschaubaren Wert. Überraschend verzichtete Hrubesch in der Startformation auf die Routiniers Toni Leistner (30) und Stürmer Simon Terodde (34), der noch theoretische Chancen auf die Torjägerkanone hatte. Für den künftigen Schalker kam Manuel Wintzheimer in die Partie. Rick van Drongelen (22), der für Leistner in die Partie kam, und Jonas David (20), der den angeschlagenen Jan Gyamerah (25) ersetzte, kamen zu ihren Startelfdebüts in dieser Zweitliga-Saison.
Onana verletzte sich beim Aufwärmen an der Leiste
Beim Warmmachen verletzte sich Mittelfeldspieler Amadou Onana (19) an den Adduktoren, sodass Gyamerah unmittelbar vor dem Anpfiff doch noch in die Startelf rotierte.
Der HSV wollte sich keine Wettbewerbsverzerrung nachsagen lassen, und zeigte vor den Augen von 250 Mitarbeitern, die im Volksparkstadion zugelassen waren, über 90 Minuten eine ordentliche Leistung, sodass die Saison versöhnlich beendet wurde. Der Hamburger kontrollierten die Partie über die gesamte Spielzeit.
Kittel glänzt mit zwei schönen Treffern
Für das erste Highlight sorgte Sonny Kittel, der in der siebten Minute einen Freistoß aus 20 Metern im Winkel versenkte. Nur 14 Minuten später war es erneut der technisch versierte Mittelfeldspieler, der nach schöner Vorarbeit von Sturmtalent Robin Meißner zum 2:0 einschieben konnte.
Vier Tore zum Abschluss: HSV schlägt Braunschweig souverän
Und eben jener Meißner sorgte für den dritten Streich. Der 21-Jährige traf in der Nachspielzeit nach einer Eckballvariante sehenswert unter die Latte.
Zum zweiten Durchgang brachte HSV-Trainer Hrubesch dannTerodde für Wintzheimer und Khaled Narey für Gyamerah. Am Spielverlauf änderte sich wenig. Der HSV dominierte, ohne allerdings groß zu glänzen. Braunschweig versuchte, sich mit Anstand aus der Zweiten Liga zu verabschieden.
Terodde trifft, verpasst aber die Torjägerkrone
Die Hamburger versuchten, immer wieder Terodde zu finden, damit dieser sein Abschiedstor macht. Das gelang ihm in der 76. Minute per schönem Lupfer. Der 24. Saisontreffer genügte aber nicht für die Torjägerkanone. Die sicherte sich Darmstadts gebürtiger Hamburger Serdar Dursun, der in Kiel doppelt traf und am Ende 27 Treffer auf dem Konto hatte.
Bittere Tränen bei Torjäger Terodde
Trotzdem hatte Terodde einen ordentlichen Abschied vom HSV. "Ich wünsche mir, dass ich irgendwann, wenn ich auf meine Zeit beim HSV zurückblicke, auch das Positive sehen kann. Ich wurde vom ersten Tag an hier super empfangen. Bis zur Winterpause sah es sehr gut aus, umso größer ist die Enttäuschung, dass wir es am Ende nicht geschafft haben. Ich wünsche dem HSV alles Gute. Es hat mich stolz gemacht, für diesen Club zu spielen", sagte Terodde mit Tränen in den Augen
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Den insgesamt enttäuschenden Gesamteindruck der Hamburger konnte aber auch der 16. Sieg dieser Spielzeit nicht kaschieren. Mal wieder hat der HSV, der mit 71 Toren die meisten in der Liga erzielt hat, in der Rückrunde alles vermissen lassen, was nötig ist, um die Rückkehr in die Bundesliga zu schaffen.
Planungen für die neue Saison beginnen beim HSV
Ab sofort beginnen die Planungen für die vierte Zweitligasaison der Clubgeschichte. In der kommenden Woche sollen erste Personalien geklärt werden. Allen voran die Trainerfrage soll unmittelbar vor dem Abschluss stehen. Mit Wunschkandidat Tim Walter (45) stehen Sportvorstand Jonas Boldt (39) und Sportdirektor Michael Mutzel (41) vor einer Einigung. Nach Klärung der T-Frage soll dann die Kaderplanung konkretisiert werden. Am Tag vor dem Spiel wurden Terodde sowie Torwarttrainer Kai Rabe intern verabschiedet.
Boldt kündigt mehr Kompromisslosigkeit an
Mit Innenverteidiger Sebastian Schonlau (26), der ablösefrei vom SC Paderborn kommt, wurde bislang ein Neuzugang präsentiert. Zurückkommen werden vorerst die Leihspieler Xavier Amaechi (20, Karlsruher SC), David Bates (24, Cercle Brügge) und Aaron Opoku (22, Jahn Regensburg).
Wie groß der personelle Umbruch wird, hängt maßgeblich mit dem neuen Cheftrainer zusammen. "Ich habe während der Saison viele Dinge gesehen, die erfreulich waren, die Mut machen. Aber ich habe auch Dinge gesehen, die nicht erfreulich sind. In der neuen Saison werden mir mit Sicherheit kompromissloser sein", kündigte Boldt an.
Dursun kann sich einen Wechsel nach Hamburg vorstellen
Überraschend flirtete am Sonntagnachmittag Torschützenkönig Serdar Dursun mit einem Wechsel zum HSV. Der Hamburger, der auch Angebote von Union Berlin und Topclubs aus der Türkei vorliegen hat, könnte sich eine Rückkehr in seine Geburtsstadt vorstellen. "Der HSV ist immer eine Option – jetzt ist es soweit, dass ein Angebot vorliegt", erklärte Dursun.
Die Aufstellungen:
- HSV: Ulreich - Gyamerah (46. Narey), David (78. Leistner), van Drongelen, Leibold - Heyer, Kinsombi (74. Kwarteng) - Jatta, Kittel (64. Heil) - Wintzheimer (46. Terodde), Meißner.
- Braunschweig: Fejzic - Wiebe (87. Kleeberg), Behrendt, Diakhite, May (65. Ziegele) - Ben Balla, Nikolaou - Kaufmann (65. Kupusovic), Kroos (77. Kammerbauer), Bär - Otto
- Tore: 1:0 Kittel (7.), 2:0 Kittel (21.), 3:0 Meißner (45.+1), 4:0 Terodde (76.).
- Schiedsrichter: Patrick Alt (Illingen)
- Zuschauer: 250