Hamburg. Nach dem Hrubesch-Debüt träumt der HSV wieder vom Aufstieg. Terodde trifft doppelt, Meißner begeistert. Aber Rivale Kiel zieht davon.
Horst Hrubesch stand der Stress nach seinem Trainer-Debüt für den HSV ins Gesicht geschrieben, als er am späten Montagabend nach dem 5:2 (3:1)-Erfolg gegen den 1. FC Nürnberg vor die Sky-Kamera trat. Schweißgebadet und mit der Geduld eines 70 Jahre alten Routiniers erklärte Hrubesch, wie es ihm gelang, den zuletzt verkrampft wirkenden Spielern wieder Selbstvertrauen einzuimpfen und zugleich die Minimalchance auf den Aufstieg zu wahren.
Hrubesch wahrt Aufstiegstraum des HSV
„Vielleicht haben wir noch eine Chance. Wir müssen jetzt alles reinpacken in die nächsten beiden Spiele", sagte Hamburgs Interimscoach in seiner gewohnt einfachen Art. Etwas deutlicher über die Aufstiegschancen seines Ex-Clubs wurde Nürnbergs Torhüter Christian Mathenia: „So, wie der HSV heute aufgetreten ist, kann er auf jeden Fall noch ein Wörtchen mitreden."
Asgas Sörensen mit einem Eigentor, Simon Terodde (2), Bakery Jatta und Sonny Kittel sorgten für einen torreichen Abend, an dem die Gäste nur wenige Minuten durch den Anschlusstreffer zum 1:2 von Erik Shuranov an einem Punktgewinn schnuppern durften. Das sehenswerte 2:5 kurz vor Schluss durch den eingewechselten Linus Rosenlöcher war nur noch Ergebniskosmetik.
Zwei Spieltage vor dem Saisonende liegt der HSV (55 Punkte) nun drei Punkte hinter dem Relegationsplatz, den Greuther Fürth (58) innehat. Holstein Kiel (59), das am frühen Abend sein Nachholspiel 1:0 gegen Hannover 96 gewann, scheint als Tabellenzweiter mit einem Spiel weniger bereits enteilt. „Wir sind leider in der Lauerposition", sagte Hamburgs Abwehrchef Toni Leistner. „Aber mit dem Sieg üben wir ein bisschen Druck aus. Das Prinzip Hoffnung gehört jetzt dazu."
Wie Hrubesch den HSV wiederbelebt hat
Der Sieg am Montagabend war die Grundvoraussetzung für den HSV, den Traum vom Wunder am Leben zu halten. Am Montagabend gelang es Hrubesch, eine zuletzt verunsicherte Mannschaft wieder aufzurichten und ihr mit einfachen Maßnahmen die nötige Spielfreude und Lockerheit zu vermitteln. In einem klassischen 4-4-2-System, in dem jeder Spieler wusste, was er zu tun hatte, rang der HSV die Gäste aus Nürnberg nieder.
Es war auffällig, wie einfach die Elf aus dem Volkspark das eigene Spiel gestaltete – aber vor allem: wie effektiv. Die Zeit der taktischen Experimente scheint vorerst der Vergangenheit anzugehören.
Hrubeschs HSV-Plan mit Meißner geht auf
Ein personelles Experiment wagte Hrubesch dagegen mit der Nominierung von Sturmtalent Robin Meißner (21), der erstmals in seiner noch jungen Karriere der Startelf angehörte. „Robin hat einen guten Eindruck gemacht. Ich wollte unbedingt mit zwei Stürmern spielen“, sagte Hrubesch vor der Partie bei Sky. „Ich habe ihm gesagt: Er kann nichts verkehrt machen, er kann eigentlich nur gewinnen.“
Und der Youngster sollte seine Aufstellung mit einem starken Spiel rechtfertigen. Das 1:0, ein Eigentor durch Nürnbergs Innenverteidiger Asga Sörensen (30.), erzwang Meißner mit einem beherzten Schuss. Das 2:0 von Bakery Jatta legte der Angreifer auf (36.).
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Der Nachwuchsstürmer, der zuvor erst 48 Minuten bei den Profis zum Einsatz gekommen war, begeisterte mit einem unbekümmerten Auftritt. Sein einziges Manko an diesem Abend: Meißner verpasste es, sich mit einem Tor zu belohnen. Am dichtesten dran war er in der 62. Minute, als Torhüter Mathenia Meißners Schuss von der Strafraumkante an die Latte lenkte.
„Wenn sein Schuss reingeht, wäre es das Tor des Monats geworden", lachte Hrubesch, der seinen Youngster aber zugleich in die Pflicht nahm. „Jetzt geht es darum, die Leistung zu bestätigen. Der Junge ist charakterlich einwandfrei."
HSV: Leistner erklärt Hrubesch-Phänomen
Auch ohne einen Treffer des Youngsters war der HSV so torgefährlich wie seit Wochen nicht mehr. Horst Hrubesch scheint den Club wieder wachgeküsst zu haben. „Er hat uns extrem stark geredet – vor allem die Spieler, die zuletzt hinten dran waren. Das hat heute Früchte getragen", erklärte Leistner das Phänomen Hrubesch, durch das der Aufstiegstraum des HSV wieder lebt.
Die Statistik:
- HSV: Ulreich – Vagnoman (74. Gyamerah), Leistner, Heyer, Leibold – Onana, Kinsombi (82. Kwarteng) – Jatta (82. Heil), Kittel (86. Narey) – Terodde, Meißner (74. Wintzheimer). Trainer: Hrubesch
- Nürnberg: Mathenia – Valentini, Mühl, Sörensen, Handwerker – Geis (84. Rosenlöcher) – Krauß (84. Suver), Robin Hack (84. Schleusener) – Möller Daehli (46. Latteier) – Shuranov, Dovedan (84. Krätschmer). – Trainer: Klauß
- Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
- Tore: 1:0 Sörensen (30./Eigentor), 2:0 Jatta (36.), 2:1 Shuranov (41.), 3:1 Terodde (45.+2), 4:1 Kittel (76.), 5:1 Terodde (80./Foulelfmeter), 5:2 Rosenlöcher (89.)