Hamburg/Bochum. Im Interview erklärt der Bochumer, wie sein VfL Tabellenführer werden konnte und wie ihn die Zeit in Hamburg geprägt hat.

Fünf Jahre lang stand Robert Tesche beim HSV unter Vertrag. Am Freitag (18.30 Uhr/Liveticker bei Abendblatt.de) trifft er mit dem VfL Bochum auf seinen früheren Club. Nicht zum ersten Mal – aber zum ersten Mal in einem Spitzenspiel.

Hamburger Abendblatt: Herr Tesche, der VfL Bochum kämpfte in der vergangenen Saison bis zur Corona-Krise gegen den Abstieg. Am Freitag empfangen Sie den HSV als Tabellenführer der 2. Bundesliga. Wie erklären Sie sich den Aufschwung?

Robert Tesche: Er ist das Ergebnis einer Entwicklung, die schon in der vergangenen Saison eingesetzt hat. Wir haben uns während und nach der Corona-Unterbrechung als Team gefunden und sind in der Folge nicht umsonst der sogenannte „Corona-Meister“ geworden.

Ihr Team holte in den neun verbleibenden Spielen nach dem Re-Start 18 Punkte ...

Tesche: Im Sommer hat es dann kaum gravierende Veränderungen in der Mannschaft gegeben, ein weiterer Pluspunkt. Leistungsträger konnten gehalten werden, sodass wir am Ende des Kalenderjahres 2020 als punktbestes Zweitligateam dastanden, noch vor Darmstadt und dem HSV. Wir sind inzwischen als Mannschaft in der Lage, dem Spiel unseren Stempel aufzudrücken. Außerdem haben wir es geschafft, Rückschläge wegzustecken. Nicht nur nach Niederlagen, sondern auch innerhalb von Spielen. Die Balance zwischen Defensive und Offensive stimmt, wie man auch an unseren Statistiken ablesen kann.

Ist der Aufstieg mit dem VfL mittlerweile das erklärte Ziel?

Tesche: Es sind noch zehn Spiele zu absolvieren, das macht 30 Punkte. Das ist verdammt viel Holz, zumal wir noch gegen den HSV und Kiel, unsere direkten Konkurrenten, aber auch noch in Düsseldorf und Heidenheim, die unmittelbaren Verfolger, spielen müssen. Also ist es noch zu früh, von Zielsetzungen zu sprechen. Klar ist aber auch, dass wir uns den hart erkämpften ersten Platz nicht wegnehmen lassen wollen.

Würden Sie sagen, dass Sie persönlich Ihre beste Saison überhaupt spielen?

Tesche: Es kann schon sein, dass es die beste Saison meiner Karriere ist. Sicher aber die erfolgreichste. Mit meinen 33 Jahren bin ich natürlich relativ erfahren, der Reifegrad ist also da. So kann ich der Mannschaft noch mehr helfen. Hilfreich ist auch, dass sich meine Position nicht verändert hat, ich spiele immer noch vor der Abwehr. Das Spiel mit möglichst vielen und einfachen Pässen zu eröffnen, dazu Zweikämpfe gewinnen – das sind die Kernaufgaben.

Ihr Vertrag läuft im Sommer aus. Wäre es ein Ziel/Wunsch, mit dem VfL in der Bundesliga zu spielen?

Tesche: Mein Ziel ist es auf jeden Fall, noch weiterzuspielen. Wenn das mit dem VfL passiert, umso besser. Und wenn es mit dem VfL in der Bundesliga sein sollte, wäre es die Krönung. Wir werden sehen, was die Gespräche ergeben.

War das gewonnene Hinspiel beim HSV ein Schlüsselmoment in dieser Saison, durch das man Stärke und Selbstbewusstsein gezogen hat?

Tesche: Da würde ich zustimmen. Bis zum HSV-Spiel waren wir noch zu schwankend im Auftritt, hatten vor der Länderspielpause zu Hause gegen Fürth verloren. Schon in der Pause haben wir etwas an unserem Spiel verändert. In Hamburg sind wir dann mutig und robust aufgetreten, haben den HSV oft früh unter Druck gesetzt.  Das hat sich am Ende ausgezahlt.

Wie schätzen Sie den HSV in dieser Saison ein? Wird er den Aufstieg im dritten Anlauf schaffen?

Tesche: Der HSV ist richtig spielstark und verfügt über eine sehr hohe individuelle Klasse. Da sind viele gute Einzelspieler dabei. Sie haben auch schon richtig gute Spiele gezeigt, die nun aber von einer Phase, in der zu wenig gepunktet wurde, ein bisschen überlagert wird. Dabei konnten sie ihre Überlegenheit, die sie in nahezu jedem dieser Spiele hatten, nicht in Punkte umwandeln. Aber der HSV ist und bleibt ein Aufstiegsaspirant. Mit dieser Mannschaft, mit diesem Potenzial müsste es gelingen.

Wie denken Sie im Nachhinein über Ihre eigene HSV-Zeit zurück?

Tesche: Meine Zeit in Hamburg war eine schöne Zeit, mit Höhen und Tiefen. Die Zeit beim HSV hat mich geprägt. Auch die Nackenschläge, die ich in Kauf nehmen musste, habe ich gut weggesteckt. Anfangs haben wir in der Europa League gespielt, das war natürlich aufregend und schön. Aber so langsam haben wir uns tabellarisch weiter nach unten orientieren müssen, bis es so weit kam, dass nach meiner HSV-Zeit auch der Abstieg feststand. Das hat sich niemand gewünscht und erst recht nicht gewollt. Bei mir bleiben viele positive Momente in Erinnerung: Ich habe mit vielen sehr guten Spielern zusammen auf dem Platz gestanden, der Verein hat ein professionelles Umfeld und ist sehr gut organisiert. Egal in welcher Abteilung, man war gut aufgehoben.