Hamburg. Präsident Marcell Jansen und die Vize Thomas Schulz und Moritz Schaefer schmeißen geschlossen hin. Wie es nun weitergeht.
Pünktlich zur Tagesschau erhielten die HSV-Mitglieder am Dienstagabend Post. Und der Inhalt der E-Mail hatte durchaus Neuigkeiten zu bieten: „Liebe Mitglieder, liebe HSVer“, fing das Schreiben harmlos an, ehe im nächsten Satz die mediale Bombe platzte: „Nach intensiven und zielführenden Gesprächen in den vergangenen Tagen haben wir uns als Präsidium gemeinsam dazu entschlossen, mit sofortiger Wirkung von unseren Präsidiumsämtern zurückzutreten und so die zuletzt vorhandenen Meinungsverschiedenheiten im Präsidium nicht mehr zu einem Themenfeld innerhalb unseres Vereins zu machen.“
Damit bestätigte der HSV e.V., was das Abendblatt bereits vor einer Woche berichtet hatte. Denn schon am vergangenen Dienstag hatten die seit Monaten zerstrittenen Marcell Jansen (Präsident) auf der einen sowie Thomas Schulz (Vizepräsident) und Moritz Schaefer (Schatzmeister) auf der anderen Seite über einen kollektiven Rücktritt verhandelt.
Rücktritt des HSV-Präsidiums – Schulz gibt Veto auf
Nach Abendblatt-Informationen liegt das Angebot Jansens, dass man gemeinsam die Konsequenzen zieht, sogar seit Wochen auf dem Tisch. Nachdem aber die Lösung bislang immer am Veto von Vize Schulz gescheitert sein soll, konnte sich das Trio am Dienstagnachmittag dann überraschend doch noch einigen.
Die außerordentliche Mitgliederversammlung, die sämtliche Gremien beantragt hatten, um den streitbaren Vize Schulz abzuwählen, ist damit hinfällig.
HSV-Rücktritt: Marcell Jansen äußert sich
Am Mittwoch bezog Jansen noch einmal selbst Stellung zum geschlossenen Rückblick. „Als HSV-Mitglied und Aufsichtsratsvorsitzender ist für mich klar: Nichts ist wichtiger als der HSV! Es geht um die Raute, ums Wir, nicht um Einzelpersonen", schrieb der 35-Jährige in einer Erklärung, die er am Mittag auch über seine Social-Media-Kanäle verbreitete.
Deshalb halte er den geschlossenen Rücktritt des e.V.-Präsidiums „für sinnvoll und zielführend“, schrieb Jansen: „Es ist längst überfällig, dass wieder Ruhe einkehrt. Und es ist jetzt auch nicht die Zeit, den Wahlkampf zu eröffnen.“
Außerordentliche Mitgliederversammlung des HSV fällt aus
In dem Schreiben an die Mitglieder hieß es zuvor: „Die Mitgliederversammlung als höchstes Organ des HSV e.V. erhält damit die Möglichkeit, im Rahmen einer ordentlichen Mitgliederversammlung ein neu gewähltes Präsidium mit dem Vertrauen und Rückhalt auszustatten, die notwendig sind, um den HSV weiter erfolgreich durch herausfordernde Zeiten zu führen.“
Mit anderen Worten: Der HSV kann sich die kostspielige digitale Mitgliederversammlung sparen, die durch den Misstrauensantrag gegen Schulz innerhalb der nächsten drei Wochen fällig gewesen wäre. Nun soll auf einer Präsenzveranstaltung im Sommer ein neues Präsidium gewählt werden.
Interimsführung soll HSV e.V. bis zum Sommer leiten
Damit der HSV e.V. auch ohne Präsidium operativ handlungsfähig bleibt, wurden Geschäftsführer Kumar Tschana und dessen Vorgänger Michael Papenfuß, der vor anderthalb Jahren in Rente gegangen war, einstimmig zu besonderen Vertretern gemäß § 30 BGB ernannt.
Trotz des Rücktritts aus dem Präsidium wird Jansen, der sich seit der Entlassung Bernd Hoffmanns als Vorstandschef des HSV mit Schulz im Streit befindet, im Aufsichtsrat der AG bleiben. Eine Neubesetzung des Aufsichtsrats, über die das Präsidium seit Wochen gestritten hatte, ist vorerst hinfällig.
HSV-Aufsichtsrat soll erst nach Wahl des neuen Präsidiums neu besetzt werden
Bei der Besetzung der beiden vakanten Aufsichtsratsplätze vertraten beide Lager grundsätzlich unterschiedliche Ansichten. Seit den Rücktritten von Ex-Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen und Schulz im März 2020, die damit auf das Aus ihres Vertrauten Bernd Hoffmann reagierten, besteht das Gremium nur noch aus fünf statt der erforderlichen sieben Kontrolleure. Kurioserweise stand jener Köttgen zuletzt wieder auf der Kandidatenliste für den Aufsichtstrat des nun zurückgetretenen Schaefer, der das Kontrollgremium komplett austauschen wollte.
Eine Hauptversammlung soll aber nicht vor der Präsidentenwahl einberufen werden.
Wer könnte für das HSV-Präsidium kandidieren?
Wer sich im Sommer überhaupt für ein neues Präsidium zur Wahl stellt, steht noch nicht fest. Nach Abendblatt-Informationen sollen sowohl Jansen als auch Schaefer grundsätzlich offen für die Idee sein, mit ihren eigenen Teams neu anzutreten. Schulz soll einer erneuten Kandidatur dagegen eher ablehnend gegenüber stehen. Für eine Stellungnahme war Schulz am Dienstagabend allerdings nicht zu erreichen.
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In den Stunden zuvor hatte das Trio noch intensiv über den Wortlaut des Briefes an die Mitglieder verhandelt. „Wir bedanken uns bei allen im HSV für die Zusammenarbeit auf den verschiedensten Ebenen während unserer Amtszeit. Insbesondere danken wir an dieser Stelle allen Mitgliedern für den Rückhalt, den sie dem HSV geben“, heißt es am Ende, ehe noch ein letztes Mal „blau-weiß-schwarze Grüße“ verschickt wurden.
Und Jansen schrieb am Mittwoch: „Der HSV als Gesamtorganisation steht weiter vor großen Aufgaben, die Auswirkungen der Pandemie zu minimieren und die gute Arbeit und sportliche Entwicklung in der Fußball AG fortzuführen. Und das gemeinsam.“