Düsseldorf. Die Hamburger behaupten im Topspiel der 2. Bundesliga die Tabellenführung – und können sich am Ende beim Torwart bedanken.

Hansi Küpper ist kein Freund von Untertreibungen. Vom „Duell der Giganten“ sprach der Sky-Kommentator am Dienstagabend. Und tatsächlich ist der Dienstagabend ja normalerweise die Zeit der Champions League. Doch mit der Königsklasse konnte das Spitzenspiel der Zweiten Liga zwischen Fortuna Düsseldorf und dem HSV naturgemäß nicht mithalten. Auch von einem Topspiel war am Ende nicht mehr viel zu sehen.

Schiedlich und friedlich trennten sich die beiden Schwergewichte der Zweiten Liga zum Auftakt der Rückrunde mit einem 0:0. „Für uns ist das eher ein Punktgewinn“, sagte HSV-Trainer Daniel Thioune im Sky-Interview. „Aber nach der reifen Vorstellung in der ersten Halbzeit wären zwei Punkte mehr verdient gewesen.“

Die Hamburger behaupten damit die Tabellenführung und sind zudem seit acht Spielen ungeschlagen. Auswärts immer einen Punkt holen und die Heimspiele gewinnen – so könnte es in jedem Fall klappen mit der Rückkehr in die Bundesliga.

Fortuna und HSV gedenken der Holocaust-Opfer

Etwas mehr als drei Stunden zuvor war Fußball ausnahmsweise mal Nebensache. Gemeinsam mit Fortuna unterstützte der HSV die Aktion „!Nie wieder“, bei der zahlreiche Fußballclubs an den 76. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee gedachten.

Der Schwerpunkt in diesem Jahr lag auf der Verfolgungs- und Leidensgeschichte der Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität in der Zeit des Nationalsozialismus ausgegrenzt, gedemütigt, eingesperrt und ermordet wurden. Die Kapitäne Andre Hoffmann und Tim Leibold verdeutlichten das Gedenken durch eine gemeinsame Binde, in der beide Clublogos zu sehen waren.

HSV-Trainer Thioune baut rechte Seite um

Fußball gespielt wurde dann aber natürlich trotzdem. Allerdings auf der einen Seite ohne die Düsseldorfer Edgar Prib und Felix Klaus, die sich kurz vor dem Anpfiff mit einem Magen-Darm-Infekt abmeldeten. Auch der Ex-Hamburger Rouwen Hennings musste zunächst auf der Bank Platz nehmen.

Auf der anderen Seite erhielt neben dem verletzten Josha Vagnoman (doppelter Bänderriss) auch Bakery Jatta eine künstlerische Schaffenspause. Das neue Pärchen auf der rechten HSV-Seite bildeten diesmal Jan Gyamerah und Khaled Narey.

HSV-Einzelkritik:

Und tatsächlich dauerte es nicht lange, ehe genau diese rechte HSV-Seite Fortuna vor einige Probleme stellte. Nach rund 200 Sekunden war es der gut aufgelegte Narey, der einen ersten Warnschuss abgab. Es war der Startschuss einer halbstündigen Sturm-und-Drang-Phase, in der sich die Hamburger ein halbes Dutzend an größeren und kleineren Chancen herausspielen konnten, allerdings den letzten Punch eines Spitzenreiters vermissen ließen.

HSV belohnt sich für Dominanz nicht

Der Tabellenvierte aus Düsseldorf überließ den Gästen, die vor diesem Abend seit mehr als 37 Jahren kein Ligaspiel mehr bei der Fortuna gewinnen konnten, in der ersten Halbzeit fast komplett das Spiel. Als Schiedsrichter Benjamin Cortus nach 45 Minuten abpfiff, musste sich Daniel Thiounes Mannschaft im Prinzip nur einen Vorwurf machen: dass sie sich im Topspiel des 18. Spieltag nicht selbst belohnte.

Besonders Innenverteidiger Toni Leistner, der sich am vergangenen Wochenende in Braunschweig mit dem (zu dem Zeitpunkt noch nicht rasierten) Kopf einen dicken Klops erlaubte, hatte mit dem (mittlerweile frisch frisierten) Haupt gleich zweimal die gute Chance zur Führung. „Wir hatten nicht die letzte Konsequenz vor dem Tor“, kritisierte Sportdirektor Michael Mutzel in der Halbzeit bei Sky, lobte aber gleichzeitig: „Insgesamt haben wir eine richtig gute erste Halbzeit gespielt. Wir hatten viel Ballbesitz, ein gutes Gegenpressing und gefühlt auch ein sehr gutes Zweikampfverhalten.“

Die beeindruckenden Zahlen, die Mutzels Gefühl stützten: 65 Prozent Ballbesitz und 65 Prozent gewonnene Zweikämpfe im ersten Durchgang für den HSV. Die entscheidenden Zahlen auf den beiden Anzeigentafeln waren aber andere: 0:0 nach 45 durchaus ansehnlichen Minuten. „Der HSV war die deutlich aktivere Mannschaft“, bestätigte auch der frühere Hamburger und Düsseldorfer Torwarttrainer Claus Reitmaier.

Terodde muss runter, Ulreich muss retten

Im zweiten Durchgang war es mit der Sturm-und-Drang-Phase der Hamburger dann aber schlagartig vorbei. Ob Trainer Thioune dem Team in der Halbzeit gesagt hat, dass ein Punkt in Düsseldorf ja auch ganz okay sei, war am Abend noch nicht überliefert. Deutlich zu erkennen war aber, dass beide Mannschaften das Spiel auf keinen Fall verlieren wollten.

Der HSV kontrollierte zwar weiterhin das Geschehen, nahm aber deutlich Tempo raus. Nur selten noch kamen die Hamburger in die Nähe des Düsseldorfer Tores. Toptorjäger Simon Terodde wurde von Fortuna-Verteidiger Kevin Danso weitestgehend aus dem Spiel genommen. Bei seiner einzigen Torchance stand er im Abseits (69.).

Düsseldorfs Trainer Uwe Rösler versuchte es in der Schlussviertelstunde mit Hennings, Thioune setzte auf Aaron Hunt, Bobby Wood, Manuel Wintzheimer und Bakery Jatta. Doch stürmischer wurde es dadurch auf beiden Seiten nicht. Bis zum Schlusspfiff blieb es bei einer chancenarmen Halbzeit.

Am Ende hatte der HSV tatsächlich erstmals seit März 2018 in einem ganzen Spiel keinen Schuss aufs Tor gebracht. Anders die Fortuna: Kenan Karaman und Luka Krajnc hatten kurz vor dem Ende noch zwei Kopfballchancen, doch HSV-Torhüter Sven Ulreich hielt die Null fest, mit der beide Teams an diesem Abend gut leben konnten.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Der VfL Bochum könnte mit einem Sieg beim FC St. Pauli bis auf einen Punkt an den HSV heranrücken. Für den Tabellenführer geht die englische Woche am Sonnabend mit dem Heimspiel gegen den zweiten Absteiger SC Paderborn weiter.

Düsseldorf: Kastenmeier – Zimmermann, Hoffmann, Danso, Krajnc – Morales, Sobottka – Pledl, Peterson (46. Borrello) – Karaman, Kownacki (76. Kownacki).

HSV: Ulreich – Gyamerah (56. Onana), Leistner, Ambrosius, Leibold – Kinsombi (77. Hunt), Heyer, Dudziak (86. Wintzheimer) – Narey, Terodde (77. Wood), Kittel (86. Jatta).

Schiedsrichter: Cortus (Röthenbach).

Gelbe Karten: Hoffmann (4), Danso (2), Sobottka (3) – Kittel (3), Ambrosius (3).

Statistik: Torschüsse 12:7, Ecken 3:4, angekommene Pässe: 196:451, Ballbesitz: 33:67 Prozent, Fouls: 16:14, Laufleistung: 112:109 Kilometer.