Hamburg. Die 104. Auflage HSV gegen St. Pauli findet unter Corona-Bedingungen statt. Was das für das Drumherum in Hamburg bedeutet.

Am Freitag wird gezittert bis zum Schluss. Das könnte zum einen für die sportlichen Protagonisten des 104. Stadtduells zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli gelten, das um 18.30 Uhr (Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) angepfiffen wird. Aber auch die 1000 HSV-Fans, die ein Ticket zugelost bekommen haben, müssen noch bis zum Anpfiff bangen. Der Tabellenführer der Zweiten Liga hat vom zuständigen Gesundheitsamt bereits die Genehmigung für das Zuschauerkontingent erhalten, eine abschließende Prognose wollte am Donnerstag angesichts der Entwicklungen in der Corona-Krise aber noch kein HSV-Verantwortlicher abgeben. Lesen Sie hier, was sonst noch rund um das Derby passiert.

Rund um das Volksparkstadion nur wenig Polizei

Sicherheit: Sandra Levgrün stellt sich auf einen entspannten Abend ein. Die Sprecherin der Polizei Hamburg ist zwar in Einsatzbereitschaft, rechnet aber nicht mit Vorkommnissen rund um das Spiel. „Aus polizeilicher Sicht wird es das wohl ruhigste Derby aller Zeiten“, sagte Levgrün am Donnerstag. In den vergangenen zwei Jahren erarbeitete die Polizei vor jedem Derby ein umfangreiches Strategiekonzept, um die Fangruppen voneinander zu trennen. An diesem Abend werden rund um das Volksparkstadion nur wenige Beamte anwesend sein. Der Schwerpunkt der Polizei liegt auf der Kontrolle von Gaststätten und Restaurants, in denen das Spiel übertragen wird. Auch auf dem Kiez sind die Beamten vor Ort.

Mit möglichen Ausschreitungen rechnet bei der Polizei niemand. „Wir haben die beiden Fanszenen in den vergangenen Monaten als sehr verantwortungsbewusst wahrgenommen und gehen davon aus, dass das auch am Freitag der Fall sein wird“, sagte Levgrün. Vor dem Abschlusstraining präsentierte die Fanszene des HSV am Trainingsplatz zwei Transparente: „Unsere Stadt“, stand auf dem einen. „Haut die braunen P… weg“ auf dem anderen. Weitere Aktionen der Ultras sind nicht zu erwarten.

St. Paulis Stadionrestaurant schließt schon jetzt

Gastronomie: Mit Polizeikontrollen rechnet am Freitagabend auch Mario Drifte. Der Wirt der „Unabsteigbar“ am Bahnhof Stellingen wird seine Kneipe wieder öffnen und auch draußen einen Fernseher aufbauen. Wie viele Gäste er in die Bar lassen darf, hängt vor allem davon ab, wie viele Fans aus einem Haushalt zusammen zum gemeinsamen Derbygucken kommen. Im November wird der 56-Jährige seinen Laden dann aber schließen müssen. Trotz der angekündigten staatlichen Unterstützung für alle Gastronomiebetreiber von 75 Prozent der Novemberumsätze aus dem Jahr 2019 ist Drifte schwer genervt von der Regierung. „Für uns reicht das vorne und hinten nicht.“ Auf das Derby freut er sich trotzdem. „Noch mehr Bock hätte ich, wenn wir das Derby gewinnen.“

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Während die meisten Bars die letzte Möglichkeit vor der Schließung im November nutzen und ihre Türen für ein Derby-Public-Viewing mit Hygieneregeln öffnen, bleibt St. Paulis Stadionrestaurant „Clubheim“ geschlossen. Ohnehin appelliert der Kiezclub an seine Anhänger, auf größere Ansammlungen vor den Bildschirmen zu verzichten.

Stadtderby: Akkreditierungsnachfrage gesunken

TV und Medien: Einer der Auserwählten, der am Freitagabend im Stadion dabei sein darf, ist Toni Tomic. Der Stuttgarter, der in München lebt, wird das Spiel live für Sky kommentieren. Für den 47-Jährigen ist es bereits der zweite Einsatz bei einem Hamburger Stadtderby. Gutes Omen für den HSV: Beim bislang letzten Derbysieg gegen St. Pauli im Februar 2019 am Millerntor kommentierte Tomic ebenfalls das Spiel, als der HSV mit 4:0 gewann. „Allmählich fiebere ich dem Spiel entgegen“, sagte Tomic. „Ich finde, das sind beides coole Clubs, und ich bin gespannt, welcher Spielstil der Trainer sich durchsetzen wird.“ Getrübt wird seine Vorfreude nur durch die 56.000 fehlenden Zuschauer. „So ein Derby lebt von den Emotionen. Aber an die Stimmung haben wir uns ja leider schon fast gewöhnt“, sagte Tomic.

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Eine geringere Begeisterung für das Spiel spürte auch die HSV-Medienabteilung. Zwar war die Akkreditierungsnachfrage für das Derby immer noch größer als bei anderen Spielen, aber längst nicht so groß wie in den vergangenen Jahren, als verschiedene internationale Medien anreisten. Eine Zeitung aus Dänemark hat sich angemeldet, um St. Paulis Stürmer Simon Makienok zu beobachten.

St. Pauli legt Delegation kurzfristig fest

Gästeliste: Normalerweise treffen sich die Delegationen aus der Führung des HSV und des FC St. Pauli beim Derby in einer gemeinsamen Loge im Stadion. Seit der Corona-Krise werden die Gäste allerdings getrennt von den HSV-Verantwortlichen. Welche St.-Pauli-Funktionäre im Volksparkstadion dabei sind, entscheidet sich erst am Freitag unmittelbar vor dem Spiel. Für Aufsichtsratschefin Sandra Schwedler ist das Derby in Corona-Zeiten gewöhnungsbedürftig. „Ich bin sehr zwiegespalten in meiner Vorfreude auf das Derby. Ich freue mich darüber, was die Mannschaft gerade macht, was dort passiert“, sagte Schwedler. „Ich bin aber ein großer Fan von Fußball mit Zuschauern. Es zerreißt mir das Herz, keine oder nur sehr wenige Zuschauerinnen und Zuschauer im Stadion zu haben. Gerade beim Derby zeigt sich immer das Miteinander, weil Fans und Mannschaft zusammen etwas erreichen können.“

Gästefans sind im Stadion wegen der DFL-Vorschriften nicht erlaubt. Mit Wolf Schmidt und Leif Tönnies vom AFM-Radio sind aber trotzdem zwei Menschen im Stadion, die die St.-Pauli-Fahne im Volkspark sprichwörtlich hochhalten. „Wir freuen uns sehr auf das Spiel. Wenn Terodde keinen Doppelpack macht, sehe ich unsere Chancen gar nicht so schlecht“, sagte Schmidt.

HSV und St. Pauli – Fans im Wohnzimmer vereint

Sofaderby: Weil größere Zusammenkünfte für ein Public Viewing nicht möglich sind, wird das Stadtduell zum Wohnzimmerderby. Auch im Haus von Helmut Grahli in Poppenbüttel wird es an Derbystimmung nicht mangeln. Eigentlich, so sagt der 69-Jährige, ist sein Stadtteil „HSV-Hoheitsgebiet“, doch mittlerweile gibt es auch immer mehr St.-Pauli-Fans. „Wir sind halt Zecken und zecken uns hier gerade in Poppenbüttel ein wenig ein“, sagt Grahli und lacht.

Mit der Nachbarsfamilie, die glühende HSV-Fans sind, wird das Derby am Freitagabend mit Abstand geschaut. „Ich mit St.-Pauli-Maske und Astra-Bier, meine Nachbarn mit HSV-Maske und einem Holsten“, sagt Grahli, der seit 1999 Mitglied in der Abteilung Fördernde Mitglieder (AFM) ist. „Wir sind schon richtig heiß auf das Derby. Wir machen das Beste aus der Situation.“ Bei diesem Derby ist eben alles ein bisschen anders.