Hamburg. Trotz des vierten Siegs im vierten Spiel kündigt Trainer Thioune gegen Würzburg zum vierten Mal Veränderungen an.
Michael Mutzel hätte sich den Hintergrund nicht besser aussuchen können, als er am Donnerstagvormittag das 3:0 des HSV gegen den FC Erzgebirge Aue analysierte und auf den nächsten Gegner Würzburger Kickers blickte. „Keiner kann sich sicher sein, dass er am Sonnabend spielt“, sagte der Sportdirektor, während hinter ihm gleich 14 Reservisten auf dem Rasen standen, um sich vor den Augen von Trainer Daniel Thioune zu präsentieren.
Und obwohl die Hamburger gegen Aue den vierten Sieg in Serie feierten, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass am Sonnabend (13 Uhr/Sky und Abendblatt.de Liveticker) von den 14 Ersatzspielern wieder der eine oder andere in die Startelf rutscht. „Gehen Sie nicht davon aus, dass dieselben Spieler wieder spielen werden“, hatte Trainer Daniel Thioune schon unmittelbar nach dem Aue-Spiel gesagt.
Sportdirektor Mutzel muss schmunzeln, als er auf die neue Veränderungskultur beim HSV angesprochen wurde. „Vielleicht ist das ja auch nur Taktik des Trainers, um den Gegner zu verwirren“, sagte der 41-Jährige. Tatsächlich ist es nicht die verbale, sondern die sportliche Verwirrungstaktik, mit der Thioune am Mittwoch nicht nur den Gegner überraschte, sondern vermutlich auch seine eigenen Spieler. Zum vierten Mal in Folge hatte der Chefcoach seine Aufstellung verändert – und zum vierten Mal in Folge Erfolg gehabt. Und so stellt sich schon jetzt die Frage, welcher Spieler gegen Würzburg womöglich wieder auf die Bank rotiert?
Wer steht diesmal in der HSV-Elf?
Um diese Frage zu beantworten, müsste man am besten das Videomaterial der Würzburger Kickers studieren und wissen, ob der Aufsteiger besonders gerne mit langen Bällen operiert, im Pressingverhalten vertikal anläuft oder in der Spieleröffnung über die Außenverteidiger aufbaut? Vor dem Spiel gegen Aue hatte HSV-Trainer Thioune gemeinsam mit seinen Video- und Gegnerscouts analysiert, dass Dirk Schusters Team bevorzugt das Zentrum verdichtet. Als Konsequenz versuchte es der HSV am Mittwoch immer wieder, das Spiel auf die schnellen Flügelstürmer Bakery Jatta und Khaled Narey zu verlagern. Ein Matchplan, der aufgehen sollte.
Thioune nahm gegen Aue überraschend den bislang überzeugenden Amadou Onana aus der Startelf, schob Moritz Heyer auf die Sechser-Position und stellte Stürmer Manuel Wintzheimer völlig unerwartet auf die Achterposition ins halbzentrale Mittelfeld. Dort zog der 21-Jährige immer wieder mehrere Auer auf sich und machte somit Platz für Jatta und Narey auf den Flügeln. Gegen Würzburg könnte diese Anordnung schon wieder ganz anders aussehen.
„Früher hieß es immer: never change a winning team“, sagte Mutzel, der mit „früher“ auch die vergangene Saison unter Trainer Dieter Hecking hätte meinen können, als der HSV fast durchgehend im 4-3-3-System spielte und für den Gegner ausrechenbar wurde. Wer am Sonnabend für den HSV spielt, ist noch nicht vorhersehbar. Kapitän Tim Leibold ist wieder einsatzfähig und wird wohl in die Startelf zurückkehren. Einer der Aue-Besieger müsste dann auf die Bank. Mutzel sieht darin kein Problem. „Die Jungs haben alle gemerkt, dass dieser Weg funktioniert und dass man vielleicht auch mal draußen ist.“
Auch in Osnabrück veränderte Thioune die Startelf ständig
Genauso schnell könne man aber auch wieder im Team sein. Das weiß man auch beim VfL Osnabrück, bei dem Thioune in der vergangenen Saison mehr als
30-mal die Formation wechselte. „Wer sich meine Zeit in Osnabrück anguckt, kann erkennen, dass ich nicht unbedingt der Never-change-a-winning-team-Trainer bin“, sagte Thioune dem Abendblatt bereits vor drei Wochen. In Hamburg ist Thioune in Rekordzeit zum Always-change-a-winning-team-Trainer geworden.
HSV siegt 3:0 im Nachholspiel gegen Erzgebirge Aue
Die Gründe für den guten Saisonstart sehen die sportlichen Verantwortlichen aber nicht nur in der neuen Variabilität, sondern in der kollektiven Zusammenarbeit. „Mein Gefühl ist, dass alle Spieler im Vergleich zur vergangenen Saison auch defensiv denken und sich mehr aufopfern für die Mannschaft. Wir arbeiten sehr viel, um die Spiele zu gewinnen“, sagt Mutzel.
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Teamgedanke macht den HSV so stark
Auch Thioune legt neben der taktischen Vielseitigkeit viel Wert auf den Zusammenhalt. Nach dem Schlusspfiff gegen Aue hatte der 46-Jährige im Kreis neben dem Team auch alle Mitarbeiter sowie die verletzten und nicht-nominierten Spieler versammelt. „Wenn der Einzelne sich nicht über das Team stellt“ und das Team „Geschlossenheit demonstriert“, dann könne man „erfolgreich Fußball spielen“, sagte Thioune. „Es ist der Teamgedanke, der uns nach vorne bringt.“
Sportdirektor Mutzel ist sich sicher, dass dieser Teamgeist die Grundlage ist, um bis zum Ende der Saison oben zu bleiben. Und dass der auch anhalten wird, wenn Thioune mal wieder eine erfolgreiche Startelf durcheinanderwirbelt. „Das Feuer wird bleiben“, so Mutzel. „Keiner wird sich in der Gruppe ausruhen.“ Und noch einmal: „Keiner wird nachlassen.“