Norderstedt. Der 83 Jahre alte Ehrenspielführer erholt sich von seinem schweren Sturz und wünscht sich für den HSV Verstärkungen. Ein Hausbesuch.

Bestens gelaunt empfängt Uwe Seeler Norbert Gettschat an der Eingangstür seines Hauses in Norderstedt. „Komm, lass uns auf der Terrasse klönen“, sagt er zu dem Fotografen, zu dem sich über die Jahre ein private Verbindung entwickelt hat. Mit der Krücke auf der rechten Seite („Mist, ausgerechnet das ist mein Schussbein!“) geht er sicheren Schrittes Richtung Garten. Als Gettschat einige Zeit später wieder das Haus verlässt, freut er sich: „Es war toll zu sehen, wie viel Zuversicht Uns Uwe ausstrahlt. Er ist und bleibt eben eine Kämpfernatur.“

Dreimal pro Woche steht Rehatraining auf dem Programm

Fast drei Monate her ist es, als sich der Ehrenbürger der Stadt Hamburg bei einem häuslichen Unfall drei Rippen und die Hüfte brach. Die rund einstündige Operation im Albertinen-Krankenhaus verlief zwar ohne Komplikationen, aber so ein schwerer Eingriff ist für einen 83-Jährigen nun mal kein Spaß. Doch der Heilungsverlauf stimmt Seeler optimistisch – es geht Schritt für Schritt voran. „Ich bin zufrieden, komme langsam wieder auf die Beine“, sagt er einen Tag nach dem Fototermin im Telefon-Gespräch mit dem Abendblatt.

Vereinslegende Uwe Seeler hat auch einen HSV-Rollator. Dreimal pro Woche macht er Rehatraining, damit er bald wieder mobil ist.
Vereinslegende Uwe Seeler hat auch einen HSV-Rollator. Dreimal pro Woche macht er Rehatraining, damit er bald wieder mobil ist. © Norbert Gettschat | Norbert Gettschat

Seine Frau Ilka, mit der er über 61 Jahre glücklich verheiratet ist, ist natürlich in dieser Zeit die größte Hilfe. Dreimal pro Woche kommt ein Physiotherapeut zu ihm, um die Reha-Übungen abzusprechen. „Es ist wie früher als Fußballer: üben, üben, üben“, lacht Seeler, der jeden Tag an seinem „Comeback“ arbeitet und in den vergangenen Wochen auch sichtlich abgenommen hat.

Seeler ist weiter auf Krücken angewiesen

„Derzeit benutze ich zur Sicherheit noch die Krücken beim Laufen, das haben mir die Ärzte geraten. Ich muss vorsichtig sein, für den Fall, dass ich einen kleinen Aussetzer habe, besonders bei Hindernissen muss ich aufpassen.“ Die Probleme mit dem Gleichgewicht hat Seeler seit seinem Autounfall 2010, als sein Wagen von einem alkoholisierten Autofahrer gegen die Wand des Elbtunnels gerammt wurde.

Schon mehrfach war Seeler in der Vergangenheit deshalb gestürzt. Eine gute Hilfe ist deshalb heute auch der – natürlich in HSV-Blau gehaltene – Rollator, mit dem sich Seeler im Haus ebenfalls alleine fortbewegen kann. „An der Hüfte bin ich schmerzfrei, so weit ist alles in Ordnung.“

Stilecht mit HSV-Maske: Uwe Seeler entspannt derzeit in seinem Haus in Norderstedt
Stilecht mit HSV-Maske: Uwe Seeler entspannt derzeit in seinem Haus in Norderstedt © Norbert Gettschat

Auf Ausflüge verzichtet Seeler allerdings fast vollständig. Nur bei der Beerdigung seines engen Freundes, des Zehnkampf-Olympiasiegers Will Holdorf, machte Seeler im Juli eine Ausnahme. Die Zurückhaltung hängt nicht nur mit den Folgen seiner Hüftoperation zusammen, sondern auch mit der Pandemie. Selbst ein Besuch in seinem geliebten Ferienhaus an der Nordsee ist noch tabu für die HSV-Legende: „Ab und zu sind meine Kinder dort, ich plane, vielleicht im Oktober wieder einmal hinzufahren.“ Dass sich seine Rundgänge auf den Garten und eben die Terrasse beschränken, macht Seeler nichts aus angesichts steigender Infektionszahlen: „Ich kann nicht verstehen, dass die Leute manchmal so unvernünftig sind und sich dicht an dicht drängeln.“

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Seeler hofft auf weitere Verstärkungen für den HSV

Ein Gespräch mit Seeler kann aber nicht enden, ohne noch kurz das Thema HSV zu streifen. Wie so oft in den vergangenen Jahren muss sich Seeler Sorgen um seinen Club machen nach dem zweimal verpassten Wiederaufstieg. „Ich hoffe, dass sie noch einige Verstärkungen verpflichten können. Und dann müssen wir die Daumen drücken, dass sie einigermaßen funktionieren. Ich bin ja nicht nah dran, kann mir kein echtes Urteil erlauben. Aber es ist wohl offensichtlich: Wenn sie das Unternehmen Aufstieg in Angriff nehmen wollen, brauchen sie sicher noch einen stärkeren Kader.“ So oder so wird er aber seinem Verein die Treue halten, auch in Liga zwei.

Dass er bald wieder seinen geliebten HSV live auf der Tribüne des Volksparkstadions verfolgen kann, das glaubt Seeler jedoch nicht: „Ich fürchte, das wird noch eine ganze Weile dauern.“ Aber wenn es so weit ist, wird Seeler wieder bereit sein. Ganz bestimmt. „Ich bringe mich jetzt in Form für einen Einsatz im September …“