Hamburg/Berlin. HSV-Vorstand Wettstein hält die Zuschauerpläne des Bundesligisten für nicht durchsetzbar. Auch Hamburg erstellt Fankonzept.

So richtig glauben konnte HSV-Vorstand Frank Wettstein zunächst nicht, was er da am Freitag las. Unter der Überschrift „Union strebt Vollauslastung an“ machten die Verantwortlichen von Union Berlin auf der vereinseigenen Homepage öffentlich, was man einerseits als tollkühnen Plan bezeichnen kann.

Andererseits als populistischen Größenwahn. Wettstein ist ein höflicher Mensch, tendiert aber zu Letzterem. „Ich halte den Vorstoß von Union Berlin in der Form und zum jetzigen Zeitpunkt für nur sehr schwer durchführbar“, sagt der Finanzvorstand im Gespräch mit dem Abendblatt.

Volles Stadion: Das plant Union Berlin

Der am Wochenende viel diskutierte Union-Vorstoß sieht vor, dass die Berliner ab dem ersten Spieltag der kommenden Saison wieder in einem ausverkauften Stadion – ohne Abstandsregeln – spielen wollen. Gelingen soll das, indem alle Zuschauer vor dem Spiel auf Corona getestet werden sollen.

„Der 1. FC Union Berlin arbeitet darauf hin, seine Mitarbeiter und alle 22.012 Karteninhaber am Spieltag auf eine Infektion mit dem Corona-Virus zu testen.“ Das schier unglaubliche Union-Versprechen: Die Kosten von mehr als einer Million Euro pro Heimspiel will der Verein selbst tragen.

HSV zweifelt an Unions Corona-Konzept

Unabhängig von den extremen Kosten sieht Wettstein vor allem ein Problem darin, wie man die hohe Zahl der Testung für ein Fußballspiel plausibel begründen soll. „Ziel sollte es ja sein, ein Konzept zu entwickeln, das es den Fans erlaubt, bundesweit wieder in die Stadien gehen zu können. Rechnet man die Idee aus Berlin auf den gesamten Profifußball hoch, müssten jedes Wochenende 500.000 Menschen getestet werden.“

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Beim HSV sorgte allerdings nicht nur der Vorschlag aus Berlin für wenig Freude. Auch die fertig ausgearbeiteten Zuschauer-Konzepte aus Leipzig und Dortmund, die bereits vor einer Woche öffentlich wurden, hat man mit einer gehörigen Portion Missfallen zur Kenntnis genommen.

Der unausgesprochene Vorwurf: Dass ausgerechnet Leipzig und Dortmund, die neben Bayern, Frankfurt, Freiburg und Köln der DFL-Kommission angehören, die allen Clubs bis zum Ende dieser Woche ein ausgearbeitetes Konzept für eine (Teil-)Rückkehr mit Zuschauern vorlegen sollen, unabgestimmt an die Öffentlichkeit gehen, ärgerte nicht nur den HSV.

Hinter vorgehaltener Hand wird sogar spekuliert, ob es Zufall sein kann, dass mit Leipzig und Köln zwei Kommissionsstandorte jeweils zwei Heimländerspiele noch in diesem Jahr vom DFB zugesprochen wurden.

HSV erstellt Fankonzept

Unabhängig davon arbeitet auch der HSV an eigenen Fankonzepten. „Natürlich würden wir uns freuen, wenn auch beim HSV wieder Zuschauer ins Stadion dürften. Es wäre ein Schritt zurück in die Normalität“, sagt Wettstein, der aber nicht glaubt, dass eine Teil-Öffnung die Clubfinanzen entspannen kann.

Intern sollen Daniel Nolte, verantwortlich für die HSV-Infrastruktur, und Stadionchef Kurt Krägel bei einer Zuschauerbegrenzung zwischen 15.000 und 25.000 ausgerechnet haben, dass der HSV wohl lediglich die Zusatzkosten decken könnte.

Wärmebildkameras und personalisierte Tickets bedürften eines extremen Mehraufwands. „Die größten organisatorischen Baustellen sind aus meiner Sicht aber die Anreise der Fans und die Einlasskontrollen“, sagt Wettstein, der gespannt ist, welche Vorschläge noch aus der Bundesliga präsentiert werden.