Hamburg. Hamburgs Profivereine gehen unterschiedlich mit der Coronakrise um. Immerhin kann der HSV diesen Millionenbetrag stunden.

Am Mittwoch um 17 Uhr wurden die Spieler des HSV Hamburg per Videokonferenz von Geschäftsführer Sebastian Frecke informiert. Da der Spielbetrieb wegen der Ausbreitung des Coronavirus’ derzeit ausgesetzt ist und somit ein Großteil der Einnahmen ausbleibt, sieht sich der Club gezwungen, seine Angestellten rückwirkend zum 1. März in Kurzarbeit zu schicken.

Damit hat sich der HSVH als erster Profiverein Hamburgs zu dieser von der Bundesregierung geförderten Krisenmaßnahme durchgerungen. Die Basketballer der Hamburg Towers dürften in der kommenden Woche folgen. Aktuell führt der Bundesligist noch Gespräche mit den Spielern und den Behörden.

Auch bei den Zweitliga-Fußballern des HSV und des FC St. Pauli wurde sich mit dem Thema Kurzarbeit beschäftigt. Aktuell sehen beide Clubs aber noch von einer Umsetzung ab.

Wann ist Kurzarbeit im Fußball sinnvoll?

Damit es bei Betrieben, die von der Corona-Pandemie betroffenen sind, nicht zu einem massiven Jobabbau kommt, hat das Bundeskabinett die Regeln für Kurzarbeit gelockert. Bis zu 60 Prozent des Nettolohns kann aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung übernommen werden. Zudem entfallen die Sozialversicherungsbeiträge.

Doch kann dieses Instrument Sportvereine vor dem finanziellen Kollaps bewahren? „Kurzarbeit sorgt dafür, dass die Mannschaft zusammengehalten wird“, sagt Knut Böhrnsen, Sprecher der Arbeitsagentur Hamburg. Ein Verein kann Kurzarbeit jedoch nicht einfach anordnen, die Spieler müssen ebenfalls zustimmen.

Auch wenn es für die HSV-Handballer einen harten finanziellen Einschnitt bedeutet, wollen die Spieler den Club-Vorschlag akzeptieren. „Die Mannschaft zeigte Verständnis dafür, dass der Schritt der Kurzarbeit seitens des Vereins jetzt gegangen werden muss“, sagt HSVH-Kapitän Niklas Weller, der eine einheitliche Lösung für alle Spieler anstrebt.

Kurzarbeit beim HSV? Arbeitsrechtler klärt auf

Während die Verringerung der Arbeitszeit im Handball und Basketball ein sinnvolles Mittel in Corona-Zeiten zu sein scheint, könnten die Lösungen im Fußball anders aussehen. „Im Lizenzspielerbereich der Ersten und Zweiten Liga halte ich Kurzarbeit für keine sinnvolle Option“, sagt der renommierte Arbeitsrechtler Horst Kletke, da die Profis trotzdem trainieren müssen – in der Hoffnung, dass die Saison noch zu Ende gespielt werden kann. „Die Spieler müssen fit bleiben, um den Spielbetrieb jederzeit wieder aufnehmen zu können, sobald die äußeren Bedingungen das zulassen.“

Außerdem liegt die Beitragsbemessungsgrenze aus der Arbeitslosenversicherung bei einem Jahresgehalt von 56.250 Euro. „Was darüber hinausgeht, wird nicht zur Berechnung von Kurzarbeitergeld einbezogen“, sagt Böhrnsen.

HSV und Corona: Verzichten Spieler auf Gehalt?

Rechtsanwalt Kletke hält deshalb Einsparungen in verschiedenen Bereichen für den richtigen Weg der Krisenbewältigung. Dabei sei vor allem der Gehaltsverzicht der Fußballer kein Tabuthema mehr. „Das ist ein Weg, den man gehen kann, aber es geht nur freiwillig“, sagt Kletke. „Man muss miteinander reden und gemeinsame Lösungen finden.“

Selbst Verträge, die aktuell auch ohne Pflichtspieleinsätze zu vollen Konditionen weiterlaufen, müssten auf den Prüfstand gestellt werden. „Es ist nicht die Stunde, in der Vertragsinhalte in aller Form gewahrt werden sollten“, sagt Kletke. Vielmehr müsse die voraussichtlich bis in den Mai andauernde spielfreie Zeit „mit Augenmaß und Vernunft“ gemeinsam durchgestanden werden.

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Diesen Millionenbetrag kann der HSV stunden

Für Sorgenfalten bei den Clubbossen sorgt auch die Ende April fällige Einmalzahlung an die Berufsgenossenschaft VBG. Den HSV erwartet beispielsweise eine niedrige siebenstellige Summe. Die gesetzliche Unfallversicherung hat zahlungsunfähigen Clubs aber bereits eine Ratenzahlung oder eine Stundung des Beitrags angeboten.

Zudem können die Vereine bei der Finanzbehörde einen Antrag auf eine Stundung der Lohnsteuer stellen, um ein Horrorszenario zu verhindern. „Jeder muss seinen Beitrag leisten und vorübergehend auf etwas verzichten, sonst kann es zu vereinzelten Insolvenzen kommen“, lautet Kletkes Prognose.