Hamburg. Der HSV muss beim Auswärtsspiel in Fürth ohne Zuschauer auskommen. Wie es danach weitergeht, ist völlig unklar.
Es war eine merkwürdige Atmosphäre in der ersten Etage des Volksparkstadions, als HSV-Sprecher Till Müller am Donnerstag um 14.29 Uhr die Pressekonferenz vor dem heutigen Auswärtsspiel des HSV bei Greuther Fürth (18.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) eröffnete. „Moin und herzlich willkommen zur PK vor dem 26. Spieltag“, sagte Müller zunächst mit seinen üblichen Worten. Dass es dabei allerdings nicht bleiben sollte, spürte jeder der anwesenden Medienvertreter. „Es ist ein besonderer Spieltag“, ergänzte Müller schließlich.
Um die Ausweitung der Infektionen mit dem Coronavirus zu verlangsamen, finden sämtliche Partien im deutschen Profifußball an diesem Wochenende ohne Publikum statt. Womöglich wird im Anschluss sogar die komplette Saison vorerst ausgesetzt. Am Montag trifft sich die Führungsspitze der Deutschen Fußball Liga (DFL) mit Vertreter aller Clubs der Ersten und Zweiten Liga zu einer Krisensitzung in Frankfurt. Dort soll über den weiteren Spielplan gesprochen werden.
Wird die HSV-Saison komplett abgebrochen?
Es halten sich sogar hartnäckig Gerüchte, dass die komplette Saison abgebrochen wird. Ob bei diesem Szenario die bisherigen Ergebnisse annulliert würden und welche Regelung es für den Auf- und Abstieg gäbe, soll völlig offen sein.
In jedem Fall könnte es sich für den aktuell drittplatzierten HSV aber als wichtig erweisen, mit einem Sieg in Fürth und einem gleichzeitigen Patzer von Aufstiegskonkurrent VfB Stuttgart am Sonntag in Wiesbaden (13.30 Uhr) auf Rang zwei zu springen. „Links und rechts werden gerade Entscheidungen getroffen“, sagte HSV-Coach Dieter Hecking zum Umgang des Fußballs mit der aktuellen Pandemie.
Coronavirus: Hecking-Appell an den Fußball
In seiner gewohnt souveränen Art äußerte der Trainerroutinier Verständnis für den landesweiten Entschluss, der Empfehlung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu folgen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abzusagen oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. „Das Wohl der Gesellschaft steht über allem. Da sollte sich der Fußball auch schnellstmöglich zurücknehmen und unterordnen“, sagte Hecking. „Das halte ich für das Wichtigste.“
Doch bevor der Fußball wegen der Corona-Krise weltweit zum Stillstand kommen könnte, steht für den HSV erst einmal das Geisterspiel in Fürth an. Ohne Vorerfahrung mit einer solchen Situation wirkte Hecking am Donnerstag etwas ratlos, wie er seine Mannschaft auf diese spezielle Partie vorbereiten soll. „Ich kann es schwer einschätzen, denn es ist eine neue Herausforderung für alle Beteiligten – auch für die Spieler, sich zu emotionalisieren.“
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Wie Hecking den HSV auf das Geisterspiel vorbereitet
Um seinen Profis einen authentischen Eindruck von einem Pflichtspiel vor leerer Kulisse zu vermitteln, fand das Abschlusstraining am Donnerstag im Volksparkstadion statt. Tipps, was die Besonderheit eines Geisterspiels ausmacht, holte sich Hecking von einem ehemaligen Weggefährten aus seiner Zeit bei Borussia Mönchengladbach, das am Mittwoch sein Nachholspiel gegen den 1. FC Köln (2:1) vor leeren Rängen austrug.
Heckings Bekannter habe von einem „ganz komischen Gefühl“ berichtet und dieses an einem Beispiel festgemacht: „Man steht auf dem Platz und will einen Konter fahren. Normalerweise ist das Publikum da und treibt dich nach vorne, doch das war diesmal nicht so“, gab Hecking die Geschichte wieder.
Der HSV-Coach verfolgte das Rheinderby vor dem Fernseher und versuchte sich ein Bild zu machen, wie schwierig es ist, eine Mannschaft auch ohne Fans im Stadion zu Höchstleistungen zu bringen. Der fehlenden Unterstützung von den Rängen kann Hecking aber nicht nur Negatives abgewinnen. „Es wird Spieler geben, die froh sind, dass kein Zuschauer da ist, weil dann bei einem Fehler keiner pfeift“, sagte der 55-Jährige und räumte zugleich ein, dass einige seiner Spieler „die Stimulanz von außen“ brauchen.
Im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht Gastgeber Greuther Fürth, zumindest für etwas Stimmung in der Arena zu sorgen – auch wenn der Stadionsprecher abbestellt wurde. So werden die übliche Musik zum Warmmachen sowie der Einlaufsong gespielt. Im Falle eines Fürther Treffers soll auch der Torjingle, die Kleeblatthymne, ertönen. Darauf würde der HSV an diesem besonderen Abend jedoch gerne verzichten. Ehe der Zweiten Liga eine längere Pause droht.