Hamburg. Der Gambier führt die Hamburger ein halbes Jahr nach der Identitätsdebatte zum 4:1-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg.

Bakery Jatta lief mit ausgebreiteten Armen zu Vorbereiter Sonny Kittel. Sein Lächeln im Gesicht ließ erahnen, was der Gambier in diesem Moment gefühlt hat: Glück und Genugtuung. Gerade einmal 17 Minuten waren zu diesem Zeitpunkt zwischen dem HSV und dem 1. FC Nürnberg gespielt, da hatte der Abend bereits seine Geschichte gefunden. Jatta, seine Identität, Nürnberg, das Hinspiel, der Protest, die Debatte.

Und dann am Donnerstagabend: das Tor, der Jubel, der Sieg. Mit 4:1 (2:0) gewann der HSV den Jahresauftakt gegen den Absteiger aus der Bundesliga und liegt als Tabellenzweiter nun wieder voll auf Aufstiegskurs. „Es war wichtig, mit so einer eindrucksvollen Leistung in die Rückrunde zu starten. Am Ende war es auch ein in der Höhe verdienter Sieg“, sagte Linksverteidiger Tim Leibold.

Der Name Bakery Jatta sollte diesen Abend prägen

Der Name, der diesen Abend prägen sollte, war aber ein anderer: Bakery Jatta. Fast sechs Monate nach dem 4:0 im Hinspiel und dem Beginn der Jatta-Debatte war dieser Abend so etwas wie die Schlusspointe unter die Geschichte, die vor dem Rückspiel wieder thematisiert wurde.

Vor allem aber war es für den HSV ein Auftakt nach Maß in die Restrückrunde. Mit 34 Punkten liegen die Hamburger nun wieder drei Zähler hinter Tabellenführer Arminia Bielefeld und dank des besseren Torverhältnisses einen Platz vor dem punktgleichen VfB Stuttgart. Nürnberg dagegen befindet sich als Tabellenvorletzter auch unter Trainer Jens Keller im freien Fall. Auch wenn der Club-Coach befand: „Das 4:1 ist zu hoch ausgefallen.“

So stark ist der neuformierte HSV-Kader

Für den HSV war der Abend auch die erste Antwort auf die ungewisse Frage: Wie stark ist der neuformierte Kader nach viereinhalb Wochen Vorbereitung? Wie ist die Form nach den Ausschlägen in den Testspielen wirklich? Schon in der Anfangsphase wurde deutlich, dass das HSV-Konstrukt funktioniert. Vor allem Neuzugang Louis Schaub fügte sich im zentralen Mittelfeld richtig gut ein, auch Jordan Beyer zeigte rechts hinten keine Anpassungsprobleme. „So ein Einstand mit so einer Stimmung ist überragend“, sagte Schaub. „Besonders habe ich mich für Baka gefreut. Er ist ein super Typ und hat sich das wirklich verdient.“

Hecking hatte in den vergangenen Wochen lange getüftelt, ehe er die richtige Startelf konzipierte. Wie erwartet durfte sich Trainings-Zuspätkommer Ewerton auf der Ersatzbank Gedanken über seine Berufsauffassung machen, während Rick van Drongelen wieder von Beginn an spielte und die Mannschaft als Kapitän anführte. Der dritte Neuzugang Joel Pohjanpalo saß dagegen zunächst draußen. Stürmer Bobby Wood, der in die USA nach Cincinnati wechseln könnte, und Verteidiger Jonas David, der vor einer Ausleihe zu Drittligist Würzburger Kickers steht, standen genau wie Xavier Amaechi gar nicht im Kader.

Kittel spielte maßgenau in die Füße von Jatta

Gegen zunächst sehr passive Nürnberger zeigten sich die Hamburger spielfreudig. Vor allem Kittel und Jeremy Dudziak hatten richtig Spaß. Die beiden waren es auch, die das 1:0 einleiteten. Kittel spielte nach Dudziaks Balleroberung schließlich von der Grundlinie maßgenau in die Füße von Jatta, der den Ball mit links über die Linie drückte (17.). Elf Minuten später erhöhte Lukas Hinterseer per Elfmeter, nachdem Dudziak von Konstantinos Mavropanos gefoult wurde (28.). Zu diesem Zeitpunkt deutete sich sogar ein Kantersieg an.

Doch der HSV zog sich erst einmal in Passivität zurück. „Ein 2:0 zur Halbzeit ist ein gefährliches Ergebnis“, floskelte der Langzeitverletzte Jan Gyamerah zur Pause und zeigte einmal mehr, dass Fußballfloskeln eben auch ihre Wahrheit haben. Nur sechs Minuten sollte es dauern, ehe Nürnbergs Tim Handwerker nach einem Fehlpass des Ex-Nürnbergers Tim Leibold mit einem Distanzschuss den Anschluss herstellte.

Als sich viele der 39.985 Zuschauer bereits auf ein neuerliches Zitterspiel eingestellt hatten, meldet sich der Videoschiedsrichter. Zuvor hatte FCN-Verteidiger Georg Margreitter einen Hinterseer-Schuss mit der Hand geblockt. Eine korrekte Entscheidung. Diesmal nahm sich Kittel den Ball und traf gegen Ex-HSV-Keeper Christian Mathenia mit einem frechen Panenka-Gedächtnis-Lupfer zum 3:1 (67.).

Nürnberg wurde nicht wirklich gefährlich

Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt mehr oder weniger entschieden, weil Nürnberg nicht wirklich gefährlich wurde. Auch die HSV-Fans kümmerten sich nur noch um das eigene Team. Bis auf ein Anti-Nürnberg-Spruchband und ein paar Schmähgesänge verzichteten die Hamburger Anhänger auf einen Fanprotest gegen den Nürnberger Jatta-Protest.

Der Protagonist des Abends war dann wieder mittendrin, als der eingewechselte Gideon Jung nach einem schönen Spielzug über Kittel und Leibold zum 4:1-Endstand traf (82.). Als Jatta nach dem Schlusspfiff angeschlagen vom Feld humpelte, wurde er von den HSV-Fans mit Sprechchören gefeiert.

Der HSV in der Einzelkritik