Vor der Berufungsverhandlung äußert sich der Sportgerichtsvorsitzende Hans E. Lorenz skeptisch. HSV strebt eigene Lösung an.

Am Freitag verhandelt das DFB-Sportgericht über den Einspruch des HSV und des FC St. Pauli gegen die Rekord-Geldbußen, die für das Abbrennen von Pyrotechnik im Derby Mitte September verhängt worden waren. Doch Hans E. Lorenz, der Vorsitzende der Kammer, ist offenbar selbst nicht von der abschreckenden Wirkung der Strafen überzeugt. „Der Umstand, dass so etwas sanktioniert wird, führt nicht zur Lösung des Problems“, sagte Lorenz der Deutschen Presse-Agentur. „Wir reagieren ja immer nur."

Im deutschen Fußball sei das Thema ein „Evergreen“, sagte Lorenz und zog den Vergleich zum Straßenverkehr: Trotz Bestrafung würden Autofahrer betrunken oder bei Rot über die Ampel fahren. „Vermeiden kann man das nur, indem man Ampeln oder gleich Autos abschafft.“ Viel wichtiger als Strafen sei die Kommunikation mit den Fans. „Die Strafen können allenfalls Motivation sein, den Dialog mit den Fans aufrechtzuerhalten oder zu intensivieren.“

Der HSV war in erster Instanz zu einer Geldstrafe in Höhe von 200.000 Euro verurteilt worden, Lokalrivale St. Pauli zu 120.000 Euro. Unmittelbar vor Beginn der zweiten Halbzeit hatten HSV-Fans nach DFB-Angaben unter anderem 35 bengalische Feuer gezündet. Auch Anhänger der Gastgeber brannten bengalische Feuer ab. Beide Fangruppen sind Wiederholungstäter. Der DFB-Kontrollausschuss hatte sogar eine Geldbuße von 250.000 Euro beziehungsweise 180.000 Euro beantragt.

HSV will Pyrotechnik kontrolliert abbrennen

Um das Problem zu lösen, will der HSV in nächster Zeit das kontrollierte Abbrennen von Pyrotechnik fernab des Zuschauerbereichs bei einem Zweitligaspiel testen. "Wir befinden uns da in Gesprächen mit den zuständigen Behörden der Stadt Hamburg. Und wir gehen davon aus, dass wir das noch in dieser Saison realisieren können", sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann am Sonnabend nach der HSV-Mitgliederversammlung. "Es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass das, was bei jedem ortsüblichen Musikkonzert passiert, für den Fußball nicht zulässig sein soll."

In seiner Rede in der Edel-optics.de-Arena hatte der 56-Jährige die aktive Fanszene ausdrücklich gelobt. Zugleich hatte sich Hoffmann von denjenigen distanziert, die durch das unkontrollierte Abbrennen von Pyrotechnik andere Zuschauer gefährden. "Wir verstehen uns nicht als Anwälte dieser 20 durchgeknallten Straftäter, denen Gesundheit und Leben ihrer Mitmenschen egal sind, wenn sie unkontrolliert Pyro zündeln", meinte er. "Um das klar zu sagen: Hier gilt eine absolute Null-Toleranz-Politik."

Doch betonte Hoffmann auch: "Wir wollen eben auch keine total durchgeplante und durchzertifizierte Liga, in der sich alle in vorauseilender Weise sozial erwünscht verhalten." Stimmung und Atmosphäre im Stadion seien "das Rückgrat des Geschäftsmodells Profi-Fußball".

FC St. Pauli – HSV: die Bilder des Stadtderbys

Pyro und zwei Tore – FC St. Pauli schlägt den HSV

HSV-Kapitän Rick van Drongelen ist bedient: Der FC St. Pauli siegt mit  2:0 im Stadtderby.
HSV-Kapitän Rick van Drongelen ist bedient: Der FC St. Pauli siegt mit 2:0 im Stadtderby. © Witters
St. Pauli jubelt über das 1:0: Torschütze Diamantakos lässt die Muskeln spielen.
St. Pauli jubelt über das 1:0: Torschütze Diamantakos lässt die Muskeln spielen. © Witters
Rick van Drongelen unterlief ein unglückliches Eigentor zum 2:0 für St. Pauli.
Rick van Drongelen unterlief ein unglückliches Eigentor zum 2:0 für St. Pauli. © Witters
Kurz vor der Pause erzielte Hinterseer den mutmaßlichen Ausgleich für den HSV. Doch der Treffer zählte nicht, weil der Ball beim Abspiel Jattas im Toraus gewesen sein soll.
Kurz vor der Pause erzielte Hinterseer den mutmaßlichen Ausgleich für den HSV. Doch der Treffer zählte nicht, weil der Ball beim Abspiel Jattas im Toraus gewesen sein soll. © Witters
Manche können es einfach nicht lassen: Der Anpfiff der zweiten Hälfte verzögerte sich wegen der Pyro-Inszenierung der Ultras auf beiden Seiten.
Manche können es einfach nicht lassen: Der Anpfiff der zweiten Hälfte verzögerte sich wegen der Pyro-Inszenierung der Ultras auf beiden Seiten. © Witters
Die Rechnung für diese Clowns zahlen mal wieder die Vereine.
Die Rechnung für diese Clowns zahlen mal wieder die Vereine. © Witters
Der FC St. Pauli war viel aggressiver und handlungsschneller als der HSV.
Der FC St. Pauli war viel aggressiver und handlungsschneller als der HSV. © Witters
Hecking schimpfte an der Seitenlinie über das Gegentor und korrigierte anschließend einiges an der Grundordnung seines Teams.
Hecking schimpfte an der Seitenlinie über das Gegentor und korrigierte anschließend einiges an der Grundordnung seines Teams. © Witters
Knoll räumt HSV-Spielmacher Kittel unsanft ab.
Knoll räumt HSV-Spielmacher Kittel unsanft ab. © Witters
Dieses Bild täuscht: Tim Leibold und der HSV waren in der ersten Halbzeit meistens einen Schritt zu spät gegen Finn Ole Becker und St. Pauli.
Dieses Bild täuscht: Tim Leibold und der HSV waren in der ersten Halbzeit meistens einen Schritt zu spät gegen Finn Ole Becker und St. Pauli. © imago / MIS
Duell der Topsprinter Conteh gegen Narey.
Duell der Topsprinter Conteh gegen Narey. © Witters
Youngster Vagnoman ersetzte den schwer verletzten Gyamerah rechts hinten in der Viererkette.
Youngster Vagnoman ersetzte den schwer verletzten Gyamerah rechts hinten in der Viererkette. © Witters
Dadurch konnte Rechtsaußen Narey, der im Vorfeld von einigen als Rechtsverteidiger gehandelt worden war, auf seiner Stammposition bleiben.
Dadurch konnte Rechtsaußen Narey, der im Vorfeld von einigen als Rechtsverteidiger gehandelt worden war, auf seiner Stammposition bleiben. © imago / Beautiful Sports
HSV-Keeper Heuer Fernandes bekam in der Anfangsphase mehr zu tun als ihm lieb war.
HSV-Keeper Heuer Fernandes bekam in der Anfangsphase mehr zu tun als ihm lieb war. © Witters
HSV-Profi Bakery Jatta wurde von den St.-Pauli-Fans mit Respekt empfangen. Auf dem Platz fand er kaum statt.
HSV-Profi Bakery Jatta wurde von den St.-Pauli-Fans mit Respekt empfangen. Auf dem Platz fand er kaum statt. © Witters
Adrian Fein war der beste HSVer in einer schwachen ersten Hälfte aus Sicht der Gäste.
Adrian Fein war der beste HSVer in einer schwachen ersten Hälfte aus Sicht der Gäste. © imago / Beautiful Sports
St. Paulis Knoll im Duell der Mittelfeldarbeiter mit Kinsombi.
St. Paulis Knoll im Duell der Mittelfeldarbeiter mit Kinsombi. © Witters
Tolle Geste: Die HSV-Profis wärmten sich geschlossen im Trikot des schwer verletzten Jan Gyamerah auf.
Tolle Geste: Die HSV-Profis wärmten sich geschlossen im Trikot des schwer verletzten Jan Gyamerah auf. © Witters
St. Paulis Kultfan, Schauspieler Axel Prahl (an der Seite von Geschäftsführer Andreas Rettig), ließ sich das Hamburger Stadtderby nicht entgehen.
St. Paulis Kultfan, Schauspieler Axel Prahl (an der Seite von Geschäftsführer Andreas Rettig), ließ sich das Hamburger Stadtderby nicht entgehen. © Witters
Anders als im Vorfahr verlief die Anfahrt des HSV-Mannschaftsbusses am Millerntor diesmal relativ friedlich.
Anders als im Vorfahr verlief die Anfahrt des HSV-Mannschaftsbusses am Millerntor diesmal relativ friedlich. © Witters
Auch der Einlass der rivalisierenden Fanlager verlief friedlich.
Auch der Einlass der rivalisierenden Fanlager verlief friedlich. © Witters
3000 HSV-Fans beteiligten sich am Derbymarsch durch den Schanzenpark bis zum Millerntor-Stadion.
3000 HSV-Fans beteiligten sich am Derbymarsch durch den Schanzenpark bis zum Millerntor-Stadion. © dpa
Unmittelbar vor der Ankunft am Stadion musste der Marsch ein zweites Mal gestoppt werden.
Unmittelbar vor der Ankunft am Stadion musste der Marsch ein zweites Mal gestoppt werden. © dpa
Der Grund war ein Rauchtopf.
Der Grund war ein Rauchtopf. © dpa
Der Fanmarsch begann um 17.35 Uhr mit rund 1500 HSV-Anhängern im Schanzenpark.
Der Fanmarsch begann um 17.35 Uhr mit rund 1500 HSV-Anhängern im Schanzenpark. © dpa
Die Polizei setzte Kameras ein, um mögliche Straftäter zu überführen. Die Stimmung blieb friedlich.
Die Polizei setzte Kameras ein, um mögliche Straftäter zu überführen. Die Stimmung blieb friedlich. © dpa
3000 HSV-Fans ziehen bei ihrem Marsch zum Millerntor-Stadion über die Karolinenstraße. Die Polizei rüstete sich mit Wasserwerfern, die aber nicht zum Einsatz kamen.
3000 HSV-Fans ziehen bei ihrem Marsch zum Millerntor-Stadion über die Karolinenstraße. Die Polizei rüstete sich mit Wasserwerfern, die aber nicht zum Einsatz kamen. © dpa
Während des rund 50-minütigen HSV-Fanmarsches waren mehrere Straßen im Karoviertel gesperrt.
Während des rund 50-minütigen HSV-Fanmarsches waren mehrere Straßen im Karoviertel gesperrt. © dpa
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