Hamburg. Daniel Heuer Fernandes muss seinen Status als Nummer eins verteidigen. Julian Pollersbeck verletzt sich im Training.
Für Julian Pollersbeck endete der Dienstagnachmittag mit einem Schreckmoment. Im Volkspark lief die zweite Einheit des Tages, als der Torhüter des HSV bei einer Übung unglücklich umknickte und sich am Knöchel verletzte. Pollersbeck wurde lange behandelt und schließlich mit dem Golfcart in die Kabine gebracht. Er wird wohl ein paar Tage aussetzen müssen.
Für den 25-Jährigen ist das ein denkbar schlechter Start in die Vorbereitung. Erst am Montag hatte Dieter Hecking dem ehemaligen Stammtorhüter Hoffnungen gemacht, in der internen Hierarchie wieder nach oben zu klettern. „Wir werden immer wieder genau hingucken. Es liegt einzig an den Torhütern selbst, wie sie sich zeigen“, sagte der Trainer und heizte damit den Kampf um die Rollenverteilung im HSV-Tor neu an. Insbesondere Pollersbeck, der vor der Saison zur Nummer drei degradiert wurde und um dessen Zukunft weiterhin spekuliert wird, erhielt von Hecking ein klares Signal. „Julian hat alle Chancen, sich in der Hierarchie wieder dahin zu arbeiten, wo er gerne hinwill.“
Vertrauen in Pollersbeck verloren
Pollersbecks alte Position der Nummer eins hat seit dieser Saison Daniel Heuer Fernandes inne. Weil die ehemalige sportliche Führung um Ralf Becker das Vertrauen in Pollersbeck verloren hatte, wurde Heuer Fernandes für 1,2 Millionen Euro von Darmstadt 98 geholt. Der 26-Jährige spielte eine wechselhafte Hinrunde. Trotzdem behält er – Stand jetzt – den Status als Nummer eins. „Man muss sehen, dass es Daniel im Großen und Ganzen sehr gut gemacht hat, auch wenn er in der Rangliste nirgendwo auftaucht“, sagte Hecking.
Was der Trainer meinte, war das traditionelle Ranking des Fachmagazins „Kicker“ zum Ende jeder Halbserie. Die Redakteure listeten die ihrer Ansicht nach zehn besten Torhüter der Hinrunde auf. Der Name Heuer Fernandes fehlte – obwohl er nach Heidenheims Kevin Müller die wenigsten Gegentore kassierte. In den vergangenen beiden Spielzeiten wurde der HSV-Torhüter vom „Kicker“ noch jeweils in die Kategorie „Herausragend“ eingestuft – einmal mit deutlichem Abstand auf Platz eins, einmal als Zweiter. Allerdings jeweils noch als Torhüter von Darmstadt 98.
Andere Rolle für Heuer Fernandes
Beim HSV spielt Heuer Fernandes eine andere Rolle. Als Torhüter eines Topteams der Liga bekommt er deutlich weniger Gelegenheiten, sich auszuzeichnen. „Das war in der Tat die größte Umstellung“, sagte der Torhüter, als er am Dienstag über sein erstes Halbjahr beim HSV sprach. „In Darmstadt wurde ich häufiger geprüft. Hier standen wir in den ersten Spielen sehr kompakt. Ich habe mich daran gewöhnt“, sagte Heuer Fernandes. Nach ein paar Wacklern zu Saisonbeginn steigerte sich der Neuzugang im Laufe der Hinrunde und rettete dem HSV mit starken Reaktionen auf der Linie mehrere Punkte. Sein kleiner Fehler im letzten Spiel des Jahres in Darmstadt kostete ihn eine bessere Gesamtbewertung – auch in der „Kicker“-Rangliste.
Trainingsauftakt beim HSV mit drei Talenten
Nun muss sich auch Heuer Fernandes im Dreikampf mit Pollersbeck und Tom Mickel, der bisherigen Nummer zwei, wieder beweisen. Bei Mickel weiß das Trainerteam, was es an ihm hat. Vor allem eine professionelle Einstellung im täglichen Training. Genau diese Berufsauffassung bemängelten die Verantwortlichen in der vergangenen Saison bei Pollersbeck. Doch der U-21-Europameister hat darauf reagiert. Nach seinem gescheiterten Wechsel im Sommer nahm sich Pollersbeck einen Privattrainer.
Seit August arbeitet er mit dem Sportwissenschaftler Yannick Obenauer (48) zusammen. Den Kontakt zu dem früheren Athletiktrainer von 1899 Hoffenheim stellte ihm seine neue Agentur um Berater-Schwergewicht Roger Wittmann her. Pollersbeck und Obenauer arbeiten seitdem bis zu zweimal die Woche an seiner Athletik. Über Neujahr waren die beiden zusammen in Dubai, schufteten dort täglich an Pollersbecks Fitness.
Lob von Hecking für Pollersbeck
Trainer Hecking hat Pollersbecks neuen Trainingsfleiß positiv zur Kenntnis genommen – und lobt in diesem Zusammenhang auch den Torwarttrainer Kai Rabe. „Er hat alle drei Torhüter auf ein neues Niveau gebracht“, sagte Hecking. Und auch die Stimmung innerhalb des Torwartteams stimmt.
„Wir verstehen uns alle sehr gut. Das ist auch wichtig, weil wir viel Zeit zusammen auf dem Trainingsplatz verbringen und schon eine spezielle Position haben“, sagt Heuer Fernandes und spricht damit die besondere Rivalität an, die der Konkurrenzkampf unter Torhütern mit sich bringt. „Jeder will zwischen den Pfosten stehen“, sagt Heuer Fernandes. Er weiß, dass er beim HSV als Neuzugang im Tor unter besonderer Beobachtung steht – und entsprechend schnell kritisiert wird. „Ich habe das mitbekommen“, sagt er. „Ich wollte genau diese Herausforderung. Ich will meine Leistungen bringen. Das ist mir in den einen oder anderen Spielen sehr gut gelungen.“
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Eine selbstbewusste Aussage, die der Deutsch-Portugiese in der kommenden Woche in seinem zweiten Heimatland untermauern will. Heuer Fernandes wurde in Bochum geboren, doch seine Großeltern leben in Monte Real im Norden von Lissabon. Die Nähe zu seinen Wurzeln soll ihm helfen, sich im Kampf um das HSV-Tor erneut zu behaupten.