Hamburg. Als Profi spielte Rahn für St. Pauli und den HSV. Vor dem Derby analysiert der angehende Hecking-Praktikant die möglichen Startelfs.

Wenn man sich auf die Suche nach dem personifizierten Derbyexperten macht, kommt man nur schwer an Christian Rahn vorbei. Hamburger Jung, geboren in Altona, wohnt in Niendorf. Der Hanseat spielte für den FC St. Pauli und den HSV, er arbeitete als Trainer beim Kiezclub und im Volkspark. Wahrscheinlich gibt es keinen Seitenwechsler, der die beiden Clubs so intensiv kennt und verfolgt wie Rahn.

Alles fing in der U15 beim FC St. Pauli an. 2002 der erste Wechsel als Neu-Nationalspieler zum HSV. Die Spielerkarriere ließ Rahn wiederum 2013 bis 2015 am Millerntor ausklingen, wo er nebenbei auch seine Trainerkarriere als Co-Trainer der zweiten Mannschaft startete. Es folgte Seitenwechsel Nummer drei: Rahn kehrte als Jugendtrainer für das Gebiet Defensive (Alsterklassen U16 bis U19) zum HSV zurück, ehe er später auch die Assistenz der U23 übernahm. Seit diesem Sommer macht „Rahner“ seinen Fußballlehrerschein.

„Ganz schön viel hin und her“, sagt Rahn am Sonntag. Er ist gerade bei einem Springreitturnier seiner 17 Jahre alten Tochter, doch in Gedanken längst beim Stadtderby (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de). Und so zweigeteilt sein Lebenslauf wirkt, so eindeutig ist für ihn an diesem Montag die Favoritenrolle: „Ich glaube schon, dass es ein deutlich engeres Spiel wird als beim vergangenen Derby. Aber die Qualität des HSV wird sich durchsetzen.“

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An einen HSV-Kantersieg glaubt er nicht

Seine schönste Nachricht: Der angehende Fußballlehrer kann das Spiel aus dem HSV-Fanblock verfolgen. Als HSV-Mitarbeiter hat er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht und sich eine Karte gegönnt. „Auch beim letzten Derby hatte ich eine Sitzplatzkarte, die aber schnell zur Stehplatzkarte wurde. Bei einem 4:0 gibt es wenige Momente, bei denen man sitzen muss“, scherzt Rahn. An einen erneuten HSV-Kantersieg wie im März glaubt er nicht. „Ich vermute, dass St. Pauli ähnlich wie gegen Dynamo Dresden auftreten wird, sich also weit in die eigene Defensive fallen lassen wird, um dann mit schnellen Kontern zum Erfolg zu kommen.“

Für wen steht am Ende das Victory-Zeichen? Christian Rahn (hier als Co-Trainer des  HSV III) ist die Spielerreihen der Stadtrivalen durchgegangen.
Für wen steht am Ende das Victory-Zeichen? Christian Rahn (hier als Co-Trainer des HSV III) ist die Spielerreihen der Stadtrivalen durchgegangen. © Witters

Unsicher ist sich Rahn, wie HSV-Trainer Dieter Hecking auf den Ausfall von Jan Gyamerah reagiert. Möglichkeit Nummer eins: Der gerade erst 18 Jahre alte Josha Vagnoman, den Rahn als Individualtrainer noch selbst trainiert hat. Oder Möglichkeit Nummer zwei: Khaled Narey rückt eine Position nach hinten – macht dafür vorne rechts für Neuzugang Martin Harnik Platz. „Martin hat ja auch eine ganz spezielle Hamburg-Geschichte“, sagt Rahn, der ab kommender Woche wieder einen sehr viel intimeren Einblick hat. „Nach dem HSV-Spiel gegen Aue beginnt meine zweite Praktikumszeit unter Trainer Hecking“, sagt Rahn.

Was an dieser Stelle nicht verschwiegen werden soll: Rahns hellseherische Fähigkeiten wurden schon einmal vom Abendblatt erbeten. Neun Jahre ist das her. Damals spielte Rahn noch selbst – aber weder beim HSV noch bei St. Pauli. Sondern in Fürth. Sein Tipp von damals klingt wie ein Satz aus einem anderen Jahrhundert: „Van Nistelrooy schießt den HSV zum Sieg.“ Der Rest ist bekannt: Van Nistelrooy spielt unauffällig, dafür wird Mladen Petric zum Matchwinner – auch ohne Sieg. Der Kroate trifft zwei Minuten vor Schluss zum 1:1-Endstand. Und heute Abend? Ungewiss. Klar ist nur: It’s Derbytime.

Der FC St. Pauli

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Robin Himmelmann ist einer der wenigen Spieler, die ich selbst noch miterlebt habe in meiner Zeit bei St. Paulis U23. Für mich ist er immer noch einer der besten Torhüter der 2. Liga.“ Derby-Faktor: Himmelmann spielte zweimal gegen die Profis und einmal gegen die U23 des HSV. Gewinnen konnte er nie.

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„Zu Sebastian Ohlsson kann ich ehrlicherweise gar nicht viel sagen. Er kam ja erst kurz vor dem Ende der Transferfrist ans Millerntor, soll den verletzten Luca Zander ersetzen. Ob ihm das gelingt, muss er jetzt erst noch zeigen.“ Derby-Faktor: Spielte nie gegen den HSV, aber schon fünfmal das Göteborg-Derby.

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Florian Carstens hat eine richtig gute Entwicklung hinter sich. Durch die Verletzungen von Ziereis und Avevor hat er nun die Möglichkeit, sich langfristig seinen Stammplatz in der Innenverteidigung zu sichern.“ Derby-Faktor: Spielte achtmal im Nachwuchs gegen den HSV – und konnte nie gewinnen.

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Jamie Lawrence wurde von Anderlecht ausgeliehen. Der Waliser schaffte das Kunststück, gleich im ersten Spiel, per Kopf für St. Pauli zu treffen. Bei einer Körpergröße von 1,88 Meter sollte ihn auch der HSV bei Standards im Auge behalten.“ Derby-Faktor: Sammelte in Belgien und Holland Derby-Erfahrung.

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„Linksverteidiger Daniel Buballa könnte theoretisch auch Innenvertei­diger spielen. Er ist ein sehr schneller Mann, der immer für eine Überraschung gut ist.“ Derby-Faktor: Stand in den beiden Spielen (0:0 und 0:4) gegen den HSV in der vergangenen Saison von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz.

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Finn Ole Becker ist ein sehr, sehr guter Fußballer. Ich habe mich mal länger mit Alex Meier über ihn unterhalten. Über kurz oder lang wird ihm der Durchbruch in der Bundesliga gelingen.“ Derby-Faktor: Einer der wenigen, der gegen den HSV gewinnen konnte. Zweimal (mit zwei Toren). In der A-Jugend.

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Marvin Knolls Wiedererkennungswert ist nicht nur sein Bart, sondern sind vor allem seine guten Standards mit seinem brutal starken linken Fuß.“ Derby-Faktor: Siegte mal mit Herthas A-Jugend 2:1 gegen den HSV – und gewann auch mit Berlins U23 in Hamburg. Damals im HSV-Sturm: Heung-min Son.

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Ryo Miyaichi ist extrem schnell, könnte gerade im Umschaltspiel mit seiner Geschwindigkeit für mehr Gefahr sorgen, als es dem HSV lieb sein dürfte.“ Derby-Faktor: Spielte je einmal mit den Profis und mit der U23 gegen den HSV. Seine desas­tröse Rothosen-Bilanz: zwei Spiele, zwei Niederlagen, 1:7 Tore.

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„Aus meiner Sicht war es die beste Entscheidung von Jos Luhukay, Mats Möller Daehli von außen ins Zentrum zu stellen. Dort gehört er hin, dort ist er für St. Pauli am wertvollsten.“ Derby-Faktor: Der Norweger ist noch ungeschlagen gegen den HSV, weil er nur beim 0:0 dabei sein konnte.

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„Ich kannte Christian Conteh bislang nur flüchtig, habe ihn letzte Saison nur ein- oder zweimal bei der U23 gesehen. Ich muss gestehen, dass ich ihm diesen schnellen Durchbruch nicht zugetraut hatte. Ein Riesentalent.“ Derby-Faktor: Gewann vor einem Jahr mit der U23 1:0 gegen den HSV.

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Dimitrios Diamantakos lief in der Vergangenheit immer so ein wenig unter dem Radar. Nach den Abgängen von Meier und Allagui nun die Nummer eins in St. Paulis Sturm. Braucht aber Bälle von außen.“ Derby-Faktor: Spielte in Griechenland jede Menge Derbys. Gegen den HSV beim 0:0 dabei.

Der HSV

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Daniel Heuer Fernandes ist super in Hamburg angekommen. Man muss aber fairerweise auch sagen, dass es ihm seine Abwehr bislang sehr einfach gemacht hat. Noch musste er sich kaum auszeichnen.“ Derby-Faktor: Spielte mit Paderborn und Darmstadt schon fünfmal gegen St. Pauli – und gewann viermal.

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„Für Josha Vagnoman würde ich mich freuen, wenn er als Spieler aus dem eigenen Nachwuchs im Derby die Chance von Anfang an bekommt. Als Individualtrainer habe ich viel mit Josha gearbeitet, besonders beim Flanken.“ Derby-Faktor: Spielte in der Jugend häufiger gegen St. Pauli, verlor 2018 gegen die U23.

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„Nach seinem schwierigen Halbjahr im Anschluss an seine Verletzung ist Gideon Jung längst wieder zu einer echten Bank in der HSV-Abwehr geworden. Seinen Status hat er seitdem in jedem Spiel untermauert.“ Derby-Faktor: Siegte je einmal mit den Profis (4:0) und mit der U23 (2:1) gegen St. Pauli.

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„Was fällt mir zu Rick van Drongelen ein? Bissig, zweikampfstark, unangenehmer Gegenspieler – und vor allem ein richtig guter Typ.“ Derby-Faktor: Der Niederländer ist einer von nur drei HSV-Profis, der keine der 180 Derby-Minuten der vergangenen Saison verpasst hat. Spielte auch in Rotterdam mehrere Derbys.

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Tim Leibold konnte in kürzester Zeit Vorgänger Douglas Santos vergessen machen. Gerade in der Offensive macht der Linksverteidiger einen richtig guten Eindruck. Ein absoluter Top-Neuzugang.“ Derby-Faktor: Spielte mit dem Club fünfmal gegen St. Pauli, verlor dabei nur einmal. Schoss auch ein Tor.

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Adrian Fein ist für mich die Überraschung des Saisonstarts. Ein Super-Fußballer, was er auch in der vergangenen Saison in Regensburg gezeigt hat. Machte zuletzt auch in Deutschlands U21 zwei richtig gute Länderspiele.“ Derby-Faktor: Konnte in zwei Spielen gegen St. Pauli (mit Regensburg) noch keinmal gewinnen.

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David Kinsombi hat mich sehr beeindruckt. Großartig wie schnell er nach seiner schweren Verletzung zu alter Stärke gefunden hat. Ist eine wirkliche Stütze für den HSV – und kann durch seine Geschichte auch Pechvogel Jan Gyamerah Mut machen.“ Derby-Faktor: Verlor zwei von drei Duellen mit Kiel gegen St. Pauli.

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„Über Sonny Kittels fußballerische Fähig­keiten muss man nicht lange sprechen. Ist außen und im Zentrum stark. Sein rechter Fuß ist überragend – gerade bei Standards.“ Derby-Faktor: Hat mit Ingolstadt drei von vier Spielen gegen St. Pauli verloren. Aber: Hat in zwei Spielen am Millerntor zwei Tore gemacht.

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Khaled Narey hat sich in den vergangenen Wochen zurück ins Team gekämpft und gespielt. Seine Schnelligkeit ist seine schärfste Waffe.“ Derby-Faktor: Spielte mit dem HSV, Fürth und Paderborn gleich sechsmal gegen St. Pauli, gewann dabei drei Spiele. Traf bei zwei 4:0-Siegen insgesamt zweimal.

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„Torjäger Lukas Hinterseer arbeitet unheimlich viel für die eigene Mannschaft, müsste sich aber selbst noch viel häufiger belohnen.“ Derby-Faktor: Konnte in insgesamt fünf Spielen gegen St. Pauli nur einmal gewinnen. Aber: Traf gegen den Kiezclub zweimal – einmal mit rechts, einmal mit links.

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Bakery Jatta ist sicherlich einer der schnellsten Spieler Deutschlands, vielleicht sogar Europas. Am beeindruckendsten ist allerdings, wie schnell (und vor allem wie gut) er die ganze Geschichte um seine Identität weggesteckt hat. Toller Junge.“ Derby-Faktor: Verlor nie gegen St. Pauli.