Effenberg schießt gegen “Bild“ und Protest-Trio. Hecking sieht Defizite bei Pollersbeck. “Papa“ gibt Bochum-Anekdote preis.
Die HSV-News am Freitag, den 6. September 2019:
- Fall Jatta: Effenberg mit Rundumschlag
- Effenberg: Hecking "Trainer des Jahres"
- Hecking entwirft spontanes HSV-Leitbild
- Hecking: "Pollersbeck hat Defizite"
- Wie weit ist Kapitän Hunt?
- Harnik überzeugt mit starken Laufwerten
- Löw missfällt der Volkspark-Rasen
- Ergometer statt Mannschaftstraining
- Papadopoulos als kleinlauter Bankdrücker
- HSV ist Zweitliga-Krösus
Effenberg ledert im Fall Jatta los
Im Anschluss an das Testspiel beim VfL Wolfsburg (1:1) hat Dieter Hecking die Urheber der Identitäts-Debatte um Bakery Jatta öffentlich zu einer Entschuldigung angemahnt.
"Wenn man einen Fehler gemacht hat, kann man auch dazu stehen und muss nicht noch dumme Kommentare schreiben", sagte Hecking am Donnerstagabend in Richtung der "Bild"-Gruppe.
Und auch Stefan Effenberg knöpft sich nun noch einmal "Sport Bild" und "Bild"-Zeitung vor. Die Geschichte über Jattas mutmaßlich gefälschte Identität sei "rein spekulativ" gewesen, schrieb der gebürtige Hamburger in einer am Freitag veröffentlichten Kolumne auf "t-online.de".
"Hier ist ein 21-Jähriger der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen worden", schrieb Effenberg weiter über Jatta. "Das war mit Sicherheit die schlimmste und schwierigste Zeit seines Lebens."
Daher wünsche er sich, dass sowohl Jatta als auch der HSV nun "mit aller Härte" gegen die angesprochenen Medien vorgingen. "Es geht zwar um Sportler, in erster Linie sind das aber immer noch Menschen. Das war ihnen komplett egal", schrieb Effenberg.
Effenberg knöpft sich Protest-Trio vor
Auch die Verantwortlichen des 1. FC Nürnberg, VfL Bochum und Karlsruher SC, die gegen die Niederlagen gegen den HSV jeweils Protest eingelegt hatten, geht der "Tiger" scharf an.
"Es gab keine Fakten, keine Beweise, also auch keinen Grund dafür", schrieb der 51-Jährige: "Da kann mir auch kein Verantwortlicher erzählen, dass er den Einspruch einlegen musste – nur aufgrund eines Berichts. Mit Fair Play hat das gar nichts zu tun."
Stattdessen hätten die Zweitliga-Clubs ihre sportlichen Niederlagen öffentlich eingestehen sollen, findet Effenberg: "Die Verantwortlichen sollten sich hinterfragen, ob sie in ihrem Verein die richtigen Leute sind."
Lob fand der ehemalige Nationalspieler dagegen für den Umgang des HSV mit der Affäre. "Hecking ist für mich schon jetzt Trainer des Jahres", schrieb Effenberg angesichts der uneingeschränkten Rückendeckung des Hamburger Coaches für seinen Schützling Jatta.
In diesem Zusammenhang habe der HSV überhaupt seit Jahren endlich wieder mit einer Stimme gesprochen, merkte Effenberg an: "Was die Außendarstellung sowie die soziale Kompetenz und Intelligenz angeht, ist der Verein nach langer Zeit ganz offensichtlich wieder erstklassig."
Bilder vom HSV-Test gegen Wolfsburg:
Mit Debütant Harnik: HSV testet in Wolfsburg seine Form
Hecking entwirft spontanes HSV-Leitbild
Auch Dieter Hecking erfreut der deutlich positive Trend in der Außenwahrnehmung des HSV. "Ich weiß, dass dahinter viel Arbeit von allen steckt", sagte der beliebte HSV-Trainer am Freitag am Volksparkstadion.
"Es ist unsere Verpflichtung und Herausforderung, dieses Niveau auch zu halten. Auch wir müssen Konstanz in unseren Auftritt bringen", sagte Hecking. Dabei gehe es nicht nur um die Moderation des Falls Jatta.
Generell müsse Zusammenhalt vorgelebt werden, wenn es einmal nicht so gut laufe. "Wir müssen jeden mitnehmen, der für den HSV arbeitet. Damit wir wieder so wahrgenommen werden, wie es der Verein in den letzten Jahren nicht hatte, als die Zerrissenheit offensichtlich war."
Nun gelte es, die inzwischen gute Geschlossenheit weiter vorzuleben, sagte Hecking in seinem eigenen Spontan-Leitbild – denn: "Die Bewährungsproben werden immer häufiger und in immer kürzeren Abständen kommen."
Hecking: "Pollersbeck hat Defizite"
In Wolfsburg stand Julian Pollersbeck immerhin mal wieder 45 Minuten zwischen den Pfosten. Er machte seine Sache ordentliche, rettete mehrfach in höchster Not. Vor allem in zwei Eins-gegen-Eins-Duellen gab er eine gute Figur ab und ging beide Male als Sieger hervor. "Ich fand, dass er gute Aktionen hatte", honorierte auch Trainer Hecking, der den U-21-Europameister im Sommer zur Nummer drei gemacht hat.
Folgerichtig bleibt der Coach kritisch über den ehemaligen Stammtorwart: "Polle hat langsam adaptiert, wo wir seine Schwächen sehen. Kai Rabe (Torwarttrainer; d. Red.) macht da einen sehr, sehr guten Job. Es ist auch im zwischenmenschlichen Bereich nicht einfach, mit der ehemaligen Nummer eins, die gerade nur Nummer drei ist, persönlichen Umgang zu haben. Ich glaube, dass Polle auch merkt, dass wir ihn besser machen wollen und er eben auch ein paar Defizite hat."
Kapitän Hunt braucht noch Zeit
Wie weit ist Kapitän Aaron Hunt? Das Testspiel in Wolfsburg, bei dem er knapp 70 Minuten zum Einsatz kam, hat gezeigt, dass der Spielmacher noch Zeit benötigt, um seine Topform zu erreichen. Momentan wird Hunt glänzend durch Sonny Kittel vertreten. Der Neuzugang vom FC Ingolstadt ist nicht nur torgefährlich, sondern auch schneller als Hunt.
"Das möchte ich nicht zu hoch hängen", sagt Hecking am Tag nach dem 1:1 in der Autostadt. "Aaron war gerade dabei, den Saisonrhythmus aufzunehmen, dann kamen die drei Wochen verletzungsbedingte Pause. Ich kenne das aus meiner Wolfsburger Zeit, dass er immer erst ein bisschen Anlaufzeit braucht. Deswegen war es erst einmal gut, dass er gestern 70 Minuten beschwerdefrei gespielt hat."
Klingt nicht so, als käme Hunt schon beim anstehenden Stadtderby am Millerntor gegen den FC St. Pauli (16.9.) für die Startelf infrage. Oder etwa doch? "Ganz wichtig wird für ihn jetzt die nächste Woche, wie spritzig und dominant er wieder im Training auftritt", sagt der HSV-Coach.
Hecking stellt Startelf für Harnik in Aussicht
Martin Harnik ist dagegen schon eher ein Kandidat für die Startelf. Der Österreicher hat seine Torgefahr gleich bei seinem Debüt in Wolfsburg unter Beweis gestellt. Unmittelbar nach der Partie hatte Hecking noch den Eindruck, der Neuzugang wäre in der zweiten Hälfte "etwas verloren" gewesen. Dieser Eindruck dürfte sich nach der Auswertung der Laufwerte relativiert haben. "Er hat viele Meter und Sprints gemacht. Das zeigt schon, dass er bereit wäre für 90 Minuten. Bremen hatte mir schon bestätigt, dass er körperlich auf einem sehr guten Niveau ist."
Löw vom Volkspark-Rasen genervt
Joachim Löw hat nach dem Abschlusstraining der deutschen Nationalmannschaft im Volksparkstadion kaum ein gutes Haar am Rasen der Hamburger Arena gelassen.
Gleich zu Trainingsbeginn wirkte der Bundestrainer unzufrieden mit der Qualität des Geläufs. Mehrere Unebenheiten ließen die Bälle immer wieder verspringen.
Unmittelbar vor dem DFB-Team hatte Gegner Niederlande dort trainiert. Beide Teams treffen am Freitag (20.45 Uhr/RTL) in der Gruppe C der EM-Qualifikation im HSV-Stadion aufeinander.
Beim gerade erst von der DFL und der Deutschen Rasengesellschaft verliehenen "Pitch of the Year" hatte es das Hamburger Spielfeld nicht aufs Treppchen geschafft – die ersten drei Plätze gingen an Darmstadt 98, Jahn Regensburg und Arminia Bielefeld.
HSV-Profis auf dem Ergometer
Apropos Training: Das wurde für die HSV-Profis für heute um 10 Uhr am Volksparkstadion kommuniziert. De facto ging es für die Spieler dann aber lediglich eine Runde aufs Ergometer.
Papadopoulos hat aus der Geschichte gelernt
Gegen Wolfsburg durfte Kyriakos Papadopoulos endlich noch einmal 90 Minuten durchspielen. Zum Vergleich: An den ersten fünf Spieltagen der Zweiten Liga sammelte der Innenverteidiger insgesamt nur wenig mehr Einsatzzeit (104 Minuten).
Nach dem Auftakt-Remis gegen Darmstadt war der Grieche vorerst aus der Startelf geflogen, erst am vergangenen Wochenende durfte "Papa" noch einmal 14 Minuten reinschnuppern. Kein Wunder, dass der Papadopoulos mit seiner eigenen Situation alles andere als zufrieden ist. Statt loszupoltern, gab sich der 27-Jährige nach dem Test beim VfL allerdings eher einsilbig und kleinlaut.
"Ich versuche, mein Bestes zu geben, um der Mannschaft und mir selbst zu helfen", sagte er angesichts seiner Ambitionen auf die erste Elf. Über sein Bankdrücker-Dasein gab er zu Protokoll: "Ich habe nichts dazu zu sagen, es ist halt so. Ich muss damit leben."
Zur Erinnerung: In der Abstiegssaison hatte Papadopoulos ungleich lauter auf seine Ausbootung reagiert. Nach seiner Kritik am damaligen Trainer Christian Titz war der Abwehrchef im März 2018 vom HSV noch öffentlich gemaßregelt worden.
Auch deshalb scheint Ersatzspieler Papadopoulos dieser Tage sein Temperament ein wenig zu zügeln. "Ich fühle mich gut, ich bin gesund", sagte er am Donnerstag lediglich. Dafür habe er im Sommer auch Extraschichten in Athen geschoben.
Was ihn aber zusätzlich wurmt: Auch seine Karriere in der griechischen Auswahl liegt derzeit auf Eis. "Ich habe nicht gespielt, was soll ich da zur Nationalmannschaft gehen?", fragte er gestern rhethorisch. Eigentlich habe ihn der griechische Manager beim Spiel gegen Bochum beobachten wollen. "Ich habe ihm gesagt: 'Du brauchst nicht kommen, ich spiele eh nicht'."
Nachdem Dieter Hecking unmittelbar nach dem Wolfsburg-Spiel noch die aus seiner Sicht inflationär genutzten Grätschen von Papadopoulos moniert hatte, schlug der Trainer am Freitag versöhnliche Töne an. "So ein Spiel wie gestern liegt ihm natürlich, wenn wir als Mannschaft insgesamt mehr verteidigen müssen. Das ist das Spiel, das auf Papa zugeschnitten ist."
Aber haben Papadopoulos' zweifellos kompromisslosen Grätschen gereicht, um Eigenwerbung bei seinem Coach zu betreiben? "Es ist nicht ausgeschlossen, dass er seine Einsatzzeiten bekommen wird. Aber auch da gilt der Satz, dass es die anderen momentan gut machen", sagt Hecking, dem die Schnelligkeitsdefizite des Griechen missfallen. "Wenn es um Schnelligkeit geht, weil wir durch hohes Pressing auch mal Räume geben wollen, haben Gideon und Rick im Moment halt die Nase vorn."
Tatsächlich steht die HSV-Abwehr gewöhnlich recht hoch – eine Spielweise, die schnelle Verteidiger erfordert. Papadopoulos hat dagegen seine Stärken, wenn die Mannschaft so wie in Wolfsburg tief steht und er eng am Mann verteidigen kann. Hecking schließt allerdings nicht aus, dass es solche Situationen auch in Zukunft wieder geben kann: "Seine Art hilft natürlich auch in gewissen Situationen."
HSV ist Zweitliga-Krösus
Bei den Trikotpreisen (89,95 Euro) ist der HSV wie bereits berichtet ligaweit Spitze – schlecht für die Fans. Gut für jeden, der es mit der Raute hält, ist dagegen diese Berechnung: Laut Branchenmagazin "Sponsors" ist der HSV bei den Gesamteinnahmen Unterhaus-Krösus.
Demnach nimmt der aktuelle Tabellenführer sowohl beim Ärmelsponsor (1,5 Millionen Euro pro Saison von Feinkost Popp) als auch für den Stadionnamen (4 Millionen Euro von Volksparkstadion-Sponsor Klaus-Michael Kühne) sowie und durch den Ausrüster (4,5 Millionen Euro von Adidas) das meiste Geld ein.
Lediglich beim Trikotsponsor erhalten drei Konkurrenten mehr Geld als der HSV (1,8 Millionen Euro von Emirates): Namentlich der VfB Stuttgart (6 Millionen/Mercedes-Benz-Bank), Hannover 96 (3,8 Millionen/Heinz von Heiden) und der 1. FC Nürnberg (3,4 Millionen/Nürnberger Versicherungen).