Hamburg. Der Neuzugang spricht über seinen lange erhofften Wechsel in den Volkspark. Erster Einsatz heute in Wolfsburg.

Der Letzte war der Erste. Martin Harnik ging voran, als sich der HSV am Mittwochnachmittag auf den Weg zum Trainingsplatz machte. „Danke schön“, rief der 32-Jährige den Fans zu, die ihn herzlich empfangen hatten. Obwohl der letzte und zugleich älteste Neuzugang der abgelaufenen Transferperiode noch nie beim HSV gespielt hatte, war es für Harnik wie eine Rückkehr nach Hause. „Hamburg ist meine Heimat, und der HSV stand mir schon immer nah. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich mir gut vorstellen kann, einmal für den HSV zu spielen“, sagte Harnik am Mittwoch in seinem ersten Interview nach seinem Wechsel von Werder Bremen in den Volkspark.

Es sollte aber 32 Jahre, zwei Monate und 23 Tage dauern, ehe der gebürtige Hamburger Harnik seinen ersten Arbeitsvertrag beim HSV unterschrieb. „Ich hätte selbst nicht mehr gedacht, dass es noch einmal klappt, für den HSV zu spielen“, sagt Harnik und lächelt zufrieden. Nachdem der Stürmer 2006 von seinem Heimatverein SC Vier- und Marschlande zu Werder Bremen gewechselt war, gab es immer mal wieder den Versuch des HSV, Harnik zu holen.

Vierter oder fünfter Versuch

Ohne Erfolg. Stattdessen ging es über die Stationen Fortuna Düsseldorf, VfB Stuttgart und Hannover 96 vor einem Jahr zurück zu Werder Bremen. Nun also doch noch der HSV. „Es war bestimmt schon der vierte oder fünfte Versuch. So konkret wie in diesem Sommer war es aber noch nie“, sagt Harnik. „Das Lächeln war direkt wieder zurück, als der HSV sich gemeldet hat.“

Schon vor Wochen hatten sich die Hamburger noch unter Sportvorstand Ralf Becker mit einem möglichen Harnik-Transfer beschäftigt. Doch erst am letzten Tag des Transferfensters nutzten die Hamburger die Chance, Harnik auch finanziell stemmen zu können. Im ersten Jahr des Leihgeschäfts zahlt Werder noch die Hälfte des Gehalts. Schafft der HSV den Aufstieg, wird Harnik für ein weiteres Jahr fest verpflichtet. Schon jetzt denkt er daran, seine Karriere 2021 beim HSV ausklingen zu lassen. „Ich bin dann 34 Jahre alt. Dann muss man sehen, ob es körperlich und sportlich noch Sinn hat.“

Physisch in bester Verfassung

Noch aber fühlt sich Harnik physisch in bester Verfassung. „Ich kann noch laufen wie ein Junge, habe noch super Laktatwerte. Das Alter auf dem Papier ist nicht ganz so entscheidend.“ Harnik liefert auch gleich den passenden Vergleich: „Im Gegensatz zu Claudio Pizarro bin ich ja noch ein Talent.“ Mit dem bald 42-Jährigen stand der seit Kurzem 32-Jährige noch am Sonntag gegen Augsburg gemeinsam in den Schlussminuten auf dem Platz. Schon 2009 spielten die beiden für wenige Tage bei Werder zusammen. Damals noch mit Mesut Özil und auch Aaron Hunt.

Zehn Jahre später werden Hunt und Harnik am heutigen Donnerstag um 16 Uhr zum ersten Mal wieder zusammen auf dem Platz stehen. Dann testet der HSV im AOK Stadion beim VfL Wolfsburg (live auf HSVtv und YouTube). „Für diejenigen, die zuletzt weniger gespielt haben, ist das Spiel eine gute Chance, sich gegen einen guten Gegner zu zeigen“, sagte Trainer Dieter Hecking am Mittwoch. Also auch für Harnik und Hunt.

Die beiden sind mit 33 und 32 jetzt die ältesten und erfahrensten HSV-Profis. Zusammen bringen es Hunt (304) und Harnik (240) auf mehr als 500 Bundesligaspiele. Künftig könnten die beiden zusammen mit Lukas Hinterseer (28) ein offensives Routinier-Dreieck bilden. Mit „Hansi“, wie ihn Harnik in Anlehnung an Hinterseers berühmten Onkel nennt, hat er bereits mehrfach zusammen in der österreichischen Nationalmannschaft gespielt. 2017 gab Harnik seinen Rücktritt bekannt, Hinterseer wurde dagegen jetzt wieder nominiert.

Harniks erstes Training beim HSV:

Haarig: Harniks erstes Training beim HSV

Martin Harnik am Mittwoch auf dem Weg zu seinem ersten Training beim HSV.
Martin Harnik am Mittwoch auf dem Weg zu seinem ersten Training beim HSV. © WITTERS | Tim Groothuis
Am Montag hatte der HSV den Transfer des gebürtigen Hamburgers von Werder Bremen perfekt gemacht.
Am Montag hatte der HSV den Transfer des gebürtigen Hamburgers von Werder Bremen perfekt gemacht. © WITTERS | Tim Groothuis
Trainer Dieter Hecking erhofft sich durch Martin Harnik mehr Variabilität in der Offensive.
Trainer Dieter Hecking erhofft sich durch Martin Harnik mehr Variabilität in der Offensive. © WITTERS | Tim Groothuis
Martin Harnik (r.) ist nicht der einzige Neuling beim Training am Mittwoch. Auch Youngster Jonah Fabisch (2. v. r.) darf sich und seine Haarpracht erstmals bei den Profis zeigen.
Martin Harnik (r.) ist nicht der einzige Neuling beim Training am Mittwoch. Auch Youngster Jonah Fabisch (2. v. r.) darf sich und seine Haarpracht erstmals bei den Profis zeigen. © WITTERS | Tim Groothuis
Man kennt sich aus Bremen: Martin Harnik (M.) spielte von 20007 bis 2009 mit Geburtstagskind Aaron Hunt (r.) für Werder.
Man kennt sich aus Bremen: Martin Harnik (M.) spielte von 20007 bis 2009 mit Geburtstagskind Aaron Hunt (r.) für Werder. © WITTERS | Tim Groothuis
Für Stürmer Bobby Wood (l.) könnte die Verpflichtung von Martin Harnik bedeuten, dass er künftig beim HSV noch weniger Einsatzzeit bekommt.
Für Stürmer Bobby Wood (l.) könnte die Verpflichtung von Martin Harnik bedeuten, dass er künftig beim HSV noch weniger Einsatzzeit bekommt. © WITTERS | Tim Groothuis
Verteidiger Jan Gyamerah (r.) kommt Martin Harnik (M.) in die Quere.
Verteidiger Jan Gyamerah (r.) kommt Martin Harnik (M.) in die Quere. © WITTERS | Tim Groothuis
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Nun spielen beide für den HSV. „Wir haben uns immer super verstanden. Der Trainer hat auch gesagt, dass er sich ein System mit uns beiden gut vorstellen kann“, sagt Harnik, der unter Hecking in einem 4-4-2-System als zweite Spitze oder im 4-3-3 als Rechtsaußen oder alleine im Sturm spielen könnte. „Ich bin weder der klassische Mittelstürmer noch der klassische Außenstürmer. Ich bin sehr viel intuitiv und instinktiv unterwegs, suche mir meine Räume.“

Harnik schließt Wechsel zum FC St. Pauli aus

In zehn Tagen könnte der Hamburger Jung, der sich bei seiner Familie in Kirchwerder ein Grundstück gekauft hat, dann sein erstes Pflichtspiel für den HSV bestreiten. Und das ausgerechnet gleich im Stadtderby beim FC St. Pauli. „Das Spiel hält die ganze Stadt in Atem. Ganz Deutschland verfolgt das Spiel. Und dann findet es noch an einem Montagabend statt. Einen besseren Einstand kann es nicht geben“, sagt Harnik, der trotz seiner Vergangenheit als Bremer von den rivalisierenden HSV-Fans am Mittwoch nach dem Training mit Blumen beschenkt wurde.

Und mit einem Satz hat sich Harnik ohnehin die Sympathie der Anhänger gesichert. Ob er sich nach seinem Wechsel von Werder zum HSV vorstellen könne, irgendwann noch einmal vom HSV zum FC St. Pauli zu wechseln, wurde Harnik am Mittwoch gefragt. Seine unmissverständliche Antwort: „Das kann ich ausschließen.“ Harnik grinst. Er hat seine fußballerische Heimat gefunden. Auch wenn es ein wenig länger gedauert hat.