Hamburg. Trainer Hecking schwärmt vom Neuzugang. Einige Anhänger haben kein Verständnis. Ablöse könnte auf eine Million Euro steigen.

Über seinen allerneuesten Neuzugang wusste Dieter Hecking am Montag nur Positives zu berichten. "Ich freue mich, dass wir uns mit Martin Harnik verstärken werden. So einen Spielertypen können wir noch sehr gut gebrauchen", sagte der HSV-Trainer am Tag nach dem 3:0-Sieg im Nordduell gegen Hannover 96. Harnik selbst habe "sehr viel dazu beigetragen", dass er nun für ein Jahr auf Leihbasis von Werder Bremen in seine Geburtsstadt wechselt.

HSV-Trainer Dieter Hecking (l.) freut sich über Neuzugang Martin Harnik.
HSV-Trainer Dieter Hecking (l.) freut sich über Neuzugang Martin Harnik. © WITTERS | Tay Duc Lam

Das heißt wohl: Der österreichische Stürmer hätte bei einem Wechsel zu einem anderen Club mehr verdienen können als in Hamburg, wo er eine Million Euro bis zum Saisonende erhält. In Bremen kassierte er doppelt so viel, einigte sich mit dem Nordrivalen aber, dass dieser nun die Differenz von einer Million Euro weiterhin zahlen muss. Hecking: "Das zeigt, dass er den Schritt nach Hamburg unbedingt machen will." Hier erhofft sich Harnik (32) mehr Spielzeit als in Bremen, wo er in dieser Saison nicht über zwei Kurzeinsätze hinausgekommen ist.

„Ich habe noch nie ein großes Geheimnis daraus gemacht, dass Hamburg etwas Besonderes für mich ist und habe bei vielen Bundesligaspielen, die ich hier bestritten habe, immer betont, dass dies meine Heimat ist und der HSV auch immer ein Stück Heimat bleibt", sagte Harnik. "Umso schöner, dass es jetzt noch einmal geklappt hat."

"Er ist in sehr gutem körperlichem Zustand und dürfte sofort einsatzfähig sein", sagte Hecking und hob auch hervor, wie flexibel Harnik einsetzbar sei. "Jetzt liegt es an uns, ihn in unser System zu integrieren." Weichen muss Nachwuchsstürmer Manuel Wintzheimer: Der 20-Jährige wird für ein Jahr an den VfL Bochum verliehen.

Hecking weist Vorbehalte gegen Harnik zurück

Nicht alle HSV-Fans sind von der Rochade begeistert. "Schon wieder einen Bremer?", beschwert sich User "Jay Kay" bei Facebook und verweist auf Aaron Hunt: "Der eine ist ständig krank oder verletzt, und der andere ist auch nicht der Knaller. Ich halte gar nichts von Harnik." Sabine Hinrichsen schreibt: "Die Ausleihe von Manu finde ich ja auch ganz okay, aber seit gefühlten 10 Jahren ist Martin Harnik beim HSV im Gespräch, und warum er jetzt noch mit über 30, aussortiert von der verbotenen Stadt, verpflichtet wird, ist mir nicht klar." Und Jürgen Cremer spottet: "Harnik von Bank zu Bank."

Martin Harnik machte am Sonntag beim 3:2 gegen Augsburg sein mutmaßlich letztes Spiel für Werder Bremen.
Martin Harnik machte am Sonntag beim 3:2 gegen Augsburg sein mutmaßlich letztes Spiel für Werder Bremen. © WITTERS | Tim Groothuis

Der – neben Harniks Bremer Vorleben – wichtigste Kritikpunkt der Fans: Anstatt Talenten wie Xavier Amaechi oder dem jetzt nach Bochum verliehenen Manuel Wintzheimer zu vertrauen, setze der HSV auf einen Haudegen, der zwar in 240 Bundesligaspielen 66 Tore erzielt, seine besten Zeiten aber möglicherweise schon hinter sich habe. "Da werden lieber tote Pferde wie Wood oder Harnik geritten, anstatt ein funktionierendes Gerüst aufzubauen, das eventuell nächstes Jahr auch erstligatauglich wäre", bemängelt etwa User "Mister Antrhop".

Hecking hat die Kritik wohl vernommen, aber kein Verständnis dafür: "Diese Vorbehalte finde ich typisch deutsch und unnötig. Man kann sich sicher sein, dass wir uns im Vorfeld der Verpflichtung viele Gedanken gemacht haben." Harnik habe in seiner Zeit in Hannover mit 17 Toren maßgeblichen Anteil am Aufstieg gehabt und sei auch in der Kabine ein wichtiger Faktor gewesen.

An Harniks Motivation könne es keinen Zweifel geben. Hecking: "Martin hat in Bremen hinterlegt, dass er nur dann weggeht, wenn es zum HSV geht. Mein Eindruck war, dass er auch zu Fuß in seinen Geburtsstadt gekommen wäre." Harnik, sportlich beim SC Vier- und Marschlande groß geworden, ist seit seiner Kindheit Sympathisant des HSV.

Amaechi & Co.: Die HSV-Transfers 2019/20

Einst schoss er den HSV mit einem Hattrick ab, jetzt unterschrieb er in Hamburg: An der Elbe bleibt der finnische Stürmer Joel Pohjanpalo aber nur bis zum Sommer 2020.
Einst schoss er den HSV mit einem Hattrick ab, jetzt unterschrieb er in Hamburg: An der Elbe bleibt der finnische Stürmer Joel Pohjanpalo aber nur bis zum Sommer 2020. © Witters
Ebenfalls ein Leihgeschäft ausgehandelt wurde mit Jordan Beyer und Borussia Mönchengladbach. Auch der Rechtsverteidiger bleibt nur bis Saisonende.
Ebenfalls ein Leihgeschäft ausgehandelt wurde mit Jordan Beyer und Borussia Mönchengladbach. Auch der Rechtsverteidiger bleibt nur bis Saisonende. © Witters
Mittelfeldspieler Louis Schaub ist bis Saisonende vom 1. FC Köln ausgeliehen. Die Kaufoption im Sommer liegt bei 2,5 Millionen Euro.
Mittelfeldspieler Louis Schaub ist bis Saisonende vom 1. FC Köln ausgeliehen. Die Kaufoption im Sommer liegt bei 2,5 Millionen Euro. © WITTERS | Valeria Witters
Stürmer Martin Harnik (r., mit Trainer Dieter Hecking) kommt für ein Jahr leihweise von Werder Bremen.
Stürmer Martin Harnik (r., mit Trainer Dieter Hecking) kommt für ein Jahr leihweise von Werder Bremen. © WITTERS | Tay Duc Lam
Xavier Amaechi ist der Königstransfer des HSV. Der hochtalentierte Flügelstürmer kommt für 2,5 Millionen Euro Ablöse vom FC Arsenal London. Der Engländer hat einen Vertrag bis 2023 unterschrieben.
Xavier Amaechi ist der Königstransfer des HSV. Der hochtalentierte Flügelstürmer kommt für 2,5 Millionen Euro Ablöse vom FC Arsenal London. Der Engländer hat einen Vertrag bis 2023 unterschrieben.
Abwehrspieler Timo Letschert kommt vom italienischen Erstligaclub US Sassuolo. Der Niederländer hat einen Vertrag bis 2020 unterschrieben.
Abwehrspieler Timo Letschert kommt vom italienischen Erstligaclub US Sassuolo. Der Niederländer hat einen Vertrag bis 2020 unterschrieben. © witters | witters
Will mit dem HSV nicht weiter in Liga zwei sitzenbleiben: Innenverteidiger Ewerton kam wie Leibold aus Nürnberg nach Hamburg.
Will mit dem HSV nicht weiter in Liga zwei sitzenbleiben: Innenverteidiger Ewerton kam wie Leibold aus Nürnberg nach Hamburg. © Witters
Soll die linke Seite beackern: Tim Leibold wurde für rund 1,8 Millionen Euro vom 1. FC Nürnberg losgeeist.
Soll die linke Seite beackern: Tim Leibold wurde für rund 1,8 Millionen Euro vom 1. FC Nürnberg losgeeist. © Witters
Kann mehr als nur Bälle jonglieren: Mittelfeldspieler Sonny Kittel kam von Zweitliga-Absteiger nach Hamburg. Beim HSV unterschrieb der starke Standard-Schütze einen Vertrag bis zum 30. Juni 2023.
Kann mehr als nur Bälle jonglieren: Mittelfeldspieler Sonny Kittel kam von Zweitliga-Absteiger nach Hamburg. Beim HSV unterschrieb der starke Standard-Schütze einen Vertrag bis zum 30. Juni 2023. © Witters
Jung und mutig: U-20-Nationalspieler Adrian Fein wagt den Sprung von Regensburg nach Hamburg. Der zentrale Mittelfeldspieler wird von Bayern München für ein Jahr ausgeliehen.
Jung und mutig: U-20-Nationalspieler Adrian Fein wagt den Sprung von Regensburg nach Hamburg. Der zentrale Mittelfeldspieler wird von Bayern München für ein Jahr ausgeliehen. © Witters
In der vergangenen Saison gehörte Daniel Heuer Fernandes zu den besten Torhütern der Zweiten Liga. Beim HSV unterschrieb er bis 2022.
In der vergangenen Saison gehörte Daniel Heuer Fernandes zu den besten Torhütern der Zweiten Liga. Beim HSV unterschrieb er bis 2022. © witters | witters
Torjäger aus Überzeugung: Lukas Hinterseer soll die Nachfolge von Pierre-Michel Lasogga antreten. Der ehemalige Bochumer traf in der Vorsaison 18 Mal.
Torjäger aus Überzeugung: Lukas Hinterseer soll die Nachfolge von Pierre-Michel Lasogga antreten. Der ehemalige Bochumer traf in der Vorsaison 18 Mal. © witters | witters
Mr. Vielseitig vom Kiez: Jeremy Dudziak kommt vom FC St. Pauli und kann sowohl auf den defensiven Außenbahnen als auch im zentralen Mittelfeld spielen.
Mr. Vielseitig vom Kiez: Jeremy Dudziak kommt vom FC St. Pauli und kann sowohl auf den defensiven Außenbahnen als auch im zentralen Mittelfeld spielen. © Witters
Kraftpaket und Stratege: David Kinsombi gehörte bei Holstein Kiel zu den Leistungsträgern. Zuletzt laborierte er an einem Schienbeinbruch. Zur Vorbereitung ist er  wieder fit.
Kraftpaket und Stratege: David Kinsombi gehörte bei Holstein Kiel zu den Leistungsträgern. Zuletzt laborierte er an einem Schienbeinbruch. Zur Vorbereitung ist er wieder fit. © Witters
Die Wundertüte: Jan Gyamerah kommt wie Kollege Hinterseer ablösefrei vom VfL Bochum. Der Defensivspezialist ist ein Kandidat für die Außenverteidigerposition.
Die Wundertüte: Jan Gyamerah kommt wie Kollege Hinterseer ablösefrei vom VfL Bochum. Der Defensivspezialist ist ein Kandidat für die Außenverteidigerposition. © Witters
Trainer Dieter Hecking unterschrieb beim HSV einen Vertrag für ein Jahr, der sich bei Aufstieg und anschließendem Klassenerhalt jeweils um ein weiteres Jahr verlängert.
Trainer Dieter Hecking unterschrieb beim HSV einen Vertrag für ein Jahr, der sich bei Aufstieg und anschließendem Klassenerhalt jeweils um ein weiteres Jahr verlängert. © witters | witters
Der neue starke Mann beim HSV: Jonas Boldt hat sich bei Bayer Leverkusen einen großen Namen gemacht. Nun soll er als Sportvorstand den Wiederaufstieg planen.
Der neue starke Mann beim HSV: Jonas Boldt hat sich bei Bayer Leverkusen einen großen Namen gemacht. Nun soll er als Sportvorstand den Wiederaufstieg planen. © witters | witters
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Ablöse könnte auf eine Million Euro steigen

Dass Harnik auch beim HSV auf der Bank versauern könnte, befürchtet Hecking nicht. Jairo Samperio, Sonny Kittel und Bobby Wood hätten schwere Verletzungen hinter sich, Aaron Hunt werde immer wieder von Blessuren geplagt. "Wenn wir am Ende etwas zu feiern haben wollen, müssen wir uns für alle Eventualitäten wappnen", sagte Hecking.

Seine Aufgabe sei es jetzt, den Konkurrenzkampf zu moderieren. Eines sei sicher: "Es wird nicht nur zufriedene Gesichter geben. Aber wenn wir erfolgreich sein wollen, muss das jeder verstehen." Viele HSV-Fans tun das bereits. Torsten Ziebegk heißt den Neuzugang vom Erzrivalen stellvertretend willkommen: "Ist ein Hamburger Jung, geben wir den 'Grünen' mal 'ne Chance."

Für den HSV hält sich das wirtschaftliche Risiko in Grenzen. Sollte der Club 2020 aufsteigen und 2021 die Klasse halten, könnte nach Abendblatt-Informationen eine Ablöse von einer Million Euro an Werder Bremen fällig werden.