Hamburg. Erst sah er Gelb, dann sprichtwörtlich Rot: Nach dem 0:1 beim HSV ließ Robin Dutt seinem Ärger über den Schiedsrichter freien Lauf.
Zuerst analysierte er das Spiel ganz ruhig und gratulierte dem HSV fair zum Sieg, doch dann platzte Robin Dutt doch noch der Kragen. Die Pressekonferenz nach der 0:1 (0:0)-Niederlage im Volksparkstadion nutzte der Coach des VfL Bochum zu einem Rundumschlag gegen Schiedsrichter Christian Dingert (Gries) und die neue Verwarnungsregel für Fußballtrainer.
Was Dutt derart aufbrachte, war eine Szene aus der Nachspielzeit am Freitagabend: Weil dem VfL in seinen Augen eine Chance durch Kapitän Anthony Losilla verwehrt worden war und Dingert stattdessen Stürmerfoul pfiff, sah der Gästetrainer Gesprächsbedarf mit dem Unparteiischen. Dieser zeigte ihm den neuen Regeln gemäß die Gelbe Karte – was Dutt später zu einer wütenden Stellungnahme veranlasste.
Dutt: "Das fühlt sich sch... an"
Sogar der Vierte Offizielle Henry Müller habe Dutt nach dessen eigener Aussage gesagt, dass er die Szene mit Losilla ebenfalls nicht abgepfiffen hätte. Daraufhin habe er Dingert "ganz normal zur Rede gestellt", sagte Dutt: "Die Situation war emotional und aufgeladen. Und der Schiedsrichter antwortet mir dann mit einem Lächeln im Gesicht: Ich kann ja auch mal einen Fehler machen", sagte der Bochumer Coach.
"Daraufhin habe ich gesagt: Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Herr Dingert. Und dann bekommst du die Gelbe Karte unter die Nase gehalten, das fühlt sich irgendwie scheiße an. Das ist nicht mehr mein Sport, da verliere ich den Respekt vor der Autorität."
Dutt: "Das ist nicht mehr meine Welt"
Die neue Regelung – seit der laufenden Saison können Schiedsrichter auch Trainern Gelbe und Rote Karten zeigen – ist für Dutt ein Unding. "Ich bin seit 20 Jahren Fußballtrainer und noch nie auf die Tribüne geflogen und kann jedem Schiedsrichter noch in die Augen schauen. Jetzt gibt es die Gelbe Karte und bei einem weiteren Wort auch noch die Gelb-Rote Karte“, sagte der 54-Jährige: "Das ist nicht mehr meine Welt, das macht keinen Spaß. Wir haben deswegen nicht verloren, aber du fühlst dich einfach so behandelt, als wenn du wer weiß wer bist."
Hecking springt Dutt zur Seite
Unterstützung in seiner Haltung erfuhr Dutt tags darauf von seinem Hamburger Kollegen. "Es ist halt wie immer: Das Menschliche kommt zu kurz", sagte HSV-Trainer Dieter Hecking am Sonnabendvormittag. "Da hat der Robin schon Recht. Und das ist auch nicht mehr meins." In der Wortwahl könne er Dutts Kritik sogar "eins-zu-eins" nachvollziehen.
Hecking selbst bezeichnete die neue Kartenregelung wie zuvor schon einmal als "Schwachsinn" und sagte: "Ich weiß nicht, wie ich reagiere, wenn man mir die Gelbe Karte unter die Augen hält." Auch er habe während des Spiels gegen Bochum einen Disput mit Dingert gehabt. "Er kam zu mir und sagte: Nehmen Sie die Arme runter", erzählte Hecking. "Ich sage: Wo soll ich denn meine Emotionen noch hinhalten? Ich meine, beim Jubeln darf ich meine Arme dann auch nicht mehr hochnehmen? Ist das dann auch nicht mehr erlaubt?"
Dutt gibt Dingert einen Tipp
Eine solche "Schärfe" im Gespräch beabsichtige er eigentlich gar nicht, sagte Hecking: "Das ist nicht gut! Für uns Trainer, und das meine ich immer wieder, macht das so keinen Spaß mehr. Wir sind aber die wichtigsten Leute und diejenigen, für die der Druck am größten wird, wenn es nicht läuft." Wenn ein Trainer dann einmal seinen Unmut äußere wie im Fall Dutt, müsse ein Schiedsrichter eben auch darüberstehen, sofern er sich nicht persönlich beleidigt fühle. "Und ich glaube nicht, dass Robin Dutt gestern da total persönlich beleidigend gewesen ist", sagte Hecking.
Eigentlich habe Dingert nach Dutts Empfinden sogar eine "grundsolide" Spielleitung bewiesen, "da gibt es nichts auszusetzen". Das aus seiner Sicht unschöne Ende hätte sich der Schiedsrichter laut Dutt allerdings sparen können, wenn er seinen Rat befolgt hätte: "Hör doch einfach weg, der Typ beruhigt sich schon wieder. Stattdessen: Gelbe Karte, Grinsen, ab vom Hof."