Hamburg. Beim DFB unter Horst Hrubesch ausgebildet, zählen die drei HSV-Zugänge am Freitag gegen Bochum erneut zum Stammpersonal.
Vor ein paar Wochen saßen Jan Gyamerah, Jeremy Dudziak und David Kinsombi zusammen im Papaye. Das afrikanische Restaurant an der Stormarner Straße in Wandsbek serviert traditionelle Gerichte wie Fufu, gebratene Kochbananen oder Maniok-Knödel. Die drei Neuzugänge des HSV, die alle afrikanische Familienwurzeln haben, trafen sich hier mit dem dienstältesten HSV-Profi Gideon Jung, der seinen drei Teamkollegen dabei geholfen hat, sich in ihrem neuen Club zurechtzufinden.
Der Kennenlernprozess der ersten drei Zugänge des HSV-Sommers begann allerdings nicht im Papaye in Wandsbek, sondern schon vor sieben Jahren bei der deutschen Nationalmannschaft. Genauer gesagt in der U-18-Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes unter Trainer Horst Hrubesch, der HSV-Legende. In wechselnder Besetzung ließ der 68-Jährige die drei Talente auf den Außenbahnen seiner Mannschaft spielen. Jan Gyamerah erinnert sich vor allem an sein erstes gemeinsames Spiel mit Kinsombi beim 3:0 in Kelsterbach gegen Italien im November 2012. „In dem Spiel waren David und ich die Flügelzange. David kam über links, ich über rechts. Das war echt witzig, weil ich ihn eigentlich nur als Innenverteidiger kannte“, sagt Gyamerah im Abendblatt-Gespräch und lacht.
Flügelzange Gyamerah und Dudziak
Nur wenige Monate später setzte Hrubesch gegen Holland dann auf die defensive Flügelzange Gyamerah und Dudziak. Die beiden kannten sich schon als 15-Jährige aus der Westfalenauswahl. Das wusste auch Hrubesch, an den sich Gyamerah ebenfalls noch gut erinnert. „Er war mein erster Trainer im Jugendbereich, der auch mal strenger werden konnte und mir mal in den Hintern getreten hat“, erzählt Gyamerah. „Gleichzeitig war er total herzlich und hat auch Witze gemacht.“ Gesehen hat er Hrubesch seit acht Jahren aber nicht mehr.
Im Gegensatz zu Kinsombi, der damals unter Hrubesch sein erstes U-18-Länderspiel überhaupt gemacht hatte. Vor zehn Monaten trafen sie sich zufällig wieder. „Vor unserem Auswärtsspiel mit Kiel gegen St. Pauli höre ich in unserem Hotel eine Stimme, als ich gerade zum Essen gehe. Da dachte ich noch: Diese Stimme kenne ich doch. Und dann stand da plötzlich der Horst Hrubesch hinter mir“, sagt Kinsombi zum Abendblatt. In jenem Spiel gegen St. Pauli war Jeremy Dudziak noch sein Gegenspieler. Nun spielen beide für den Rivalen HSV, genau wie Gyamerah.
Die drei Spieler verbindet noch mehr
Die drei ehemaligen U-18-Nationalspieler verbindet aber noch mehr als nur ihre Hrubesch-Ausbildung, ihr Geburtsjahrgang 1995 und ihre Vorliebe für afrikanische Spezialitäten. Das Horster Dreieck wird am Freitag in der Startelf stehen, wenn der HSV gegen den VfL Bochum (18.30 Uhr/Sky) mit einem Sieg die vorübergehende Tabellenführung übernehmen könnte. Hrubesch wird dann zwar nicht im Stadion sein, der langjährige DFB-Trainer verfolgt die Entwicklung seiner drei früheren Schützlinge aber mit Interesse. Sprechen wollte Hrubesch am Dienstag nicht über die drei, als das Abendblatt ihn am Telefon erreichte.
Zum einen genießt er nach dem Ende beim DFB seinen Ruhestand, zum anderen hat er über all die Jahre auch einfach zu viele Toptalente betreut, über die er reden könnte. Allein in der U 18 von 2012 spielten heutige Stars wie die Bayern-Profis Serge Gnabry, Joshua Kimmich, Niklas Süle oder Leon Goretzka. „Die Jungs waren schon damals unglaublich weit“, sagt Kinsombi. „Kimmich hatte seinerzeit als alleiniger Sechser vor der Abwehr alles abgeräumt. Selbst im Training habe ich ungern gegen ihn gespielt.“ Auch Gyamerah sagt: „Das war schon ein brutaler Jahrgang.“ Als 17-Jähriger war er damals auf dem Sprung zu den Profis des VfL Bochum und galt als großes Talent, ehe ihn eine Schambeinverletzung für zwei Jahre stoppte.
Kinsombi und Dudziak im zentralen Mittelfeld
Gyamerah war im Februar der erste von elf Zugängen, den sich der HSV für die neue Saison sicherte, ehe Dudziak und Kinsombi folgten. Am Freitag wird „Gyambo“, wie er in Bochum und beim HSV nur gerufen wird, zum ersten Mal gegen den Verein spielen, bei dem er die vergangenen acht Jahre verbrachte. „Die Vorfreude ist megagroß“, sagt Gyamerah. Mit seinem Kumpel aus Bochum, Ex-HSV-Talent Vitaly Janelt, hat er bereits geschrieben. Mit seinem Jugendtrainer Angelo Daut traf er sich schon am Montag in Hamburg zum Essen. Keiner kennt den VfL so gut wie Gyamerah. „Das ist ein ganz gefährlicher Gegner. Bochum wird auf das Spiel brennen. So wir wir es auch getan haben vor einem Jahr im Volksparkstadion.“
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Gyamerah ist der einzige Teil des Horster Dreiecks, der aus der Hrubesch-Zeit noch auf seiner Außenposition geblieben ist. Kinsombi und Dudziak werden dagegen am Freitag gemeinsam im zentralen Mittelfeld spielen, weil Kapitän Aaron Hunt erneut ausfällt. Beim Pokalspiel in Chemnitz durften sie wie damals in der U 18 des DFB eine Achse bilden. Und insbesondere Dudziak ist nach seinem Wechsel vom Millerntor in den Volkspark in der Kreativzentrale auf Anhieb ein wichtiger Bestandteil. Bei St. Pauli musste er dagegen noch häufig als Außenverteidiger ran. „Ich wurde als Mittelfeldspieler geholt“, sagt der 23-Jährige über seine Rolle beim HSV.
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Verpflichtet wurden Dudziak, Kinsombi und Gyamerah noch von Sportchef Ralf Becker und Trainer Hannes Wolf, doch auch unter den Nachfolgern Jonas Boldt und Dieter Hecking sind sie gesetzt. Wie damals beim DFB. „Es ist schon witzig, dass wir nun gemeinsam beim HSV spielen. So klein ist manchmal die Fußballwelt“, sagt Kinsombi. Und auch ihr alter Trainer Horst Hrubesch wird sich freuen, dass endlich mal wieder DFB-Talente beim HSV funktionieren.