Hamburg. In der 98. Minute sorgte ein berechtigter Foulelfmeter nach Videobeweis für das verdiente Unentschieden gegen Darmstadt 98.

Als um 15.28 Uhr der Schlusspfiff im Volksparkstadion ertönte, war Erleichterung greifbar. Dank eines von Kapitän Aaron Hunt verwandelten Foulelfmeters in der 98. Minuten holte der Hamburger SV zum Saisonauftakt der Zweiten Liga ein 1:1 (0:0) gegen Darmstadt 98. Das Foul von Dario Dumic an Manuel Wintzheimer wurde von Videoschiedsrichterin Bibiana Steinhaus geahndet. Schiedsrichter Robert Hartmann hatte zunächst weiterlaufen lassen, bekam aber ein Signal aufs Ohr, sodass er sich die Szene in der "Review Area" noch einmal anschaute, und zu Recht auf den Punkt zeigte.

So kamen die Hamburger beim Debüt von Trainer Dieter Hecking mit einem blauen Auge davon. "Der Punkt war hochverdient. Ein Auftaktspiel hat immer seine Tücken. Wir hatten 45 Minuten alles im Griff und bekommen mit dem ersten Torschuss 0:1. Das macht etwas mit einer Mannschaft", analysierte Hecking und ergänzte: "Wir brauchen im letzten Drittel die letzte Zielstrebigkeit."

HSV-Fans fordern vollen Einsatz von den Spielern, Lotto King Karl half als TV-Experte aus

Der neue HSV-Trainer verzichtete bei seiner Pflichtspielpremiere auf große personelle Experimente. Mit Torhüter Daniel Heuer Fernandes, Tim Leibold, Jan Gyamerah, Adrian Fein, Ex-St.-Paulianer Jeremy Dudziak und Lukas Hinterseer standen gleich sechs Neuzugänge in der Startelf.

Und dieser „neue“ HSV wollte von Beginn an zeigen, dass die Tristesse der Vergangenheit abgehakt ist. Ein zusätzliches Leitmotiv gaben die HSV-Fans ihren Spielern mit auf den Weg. „Wir vergeben Euch alles, solange Ihr alles gebt“ stand in einem großen Banner auf der Nordtribüne. Auf Proteste gegen die Absetzung von Lotto King Karl und „Hamburg, meine Perle“ verzichteten die Anhänger indes. Vor dem Spiel herrschte merkwürdige Stille, als das Kult-Lied nicht ertönte. Es wirkte so, als wüssten die Anhänger selbst nicht, was passiert. Mit lauten „HSV“-Rufen beendeten sie die kurze Stille.

Der ehemalige Stadionsprecher war als Experte für „Sky“ im Einsatz und offenbarte, dass er trotz seiner Demission den Humor nicht verloren hat. „Ich bin jetzt ganz oben. Ich bin bei Sky“, scherzte der Musiker, der aber offen zugab: „Das Herz blutet schon:“

Vor den Augen von Xavier Amaechi (18), dessen Wechsel vom FC Arsenal London zum HSV drei Stunden vor dem Anpfiff perfekt gemacht wurde, begann die Hecking-Elf dominant. Immer wieder zwangen die Hamburger Darmstadt zu Fehlern. Nach einer schönen Flanke von Dudziak verzog Rechtsaußen Khaled Narey seine Direktabnahme (3.). Nur sechs Minuten später wurde ein Schuss von Hinterseer in letzter Sekunde geblockt.

Kapitän Hunt vergibt größte Chance der Partie, HSV hätte Elfmeter kriegen müssen

In der 14. Minute hatten die HSV-Fan den Torschrei schon auf den Lippen. Nach einem Traumpass des auffälligen Dudziak schoss Kapitän Aaron Hunt aus sieben Metern am Tor vorbei. Neue Saison, altes Leid. Die Chancenverwertung war eines Aufstiegskandidaten unwürdig.

Das untermauerte auch der stark spielende Dudziak, als er nach einer tollen Kombination über Aaron Hunt und Bakery Jatta aus zehn Metern das Tor verfehlte (27.) Unmittelbar vor dieser Gelegenheit waren alle Blick auf Schiedsrichter Robert Hartmann gerichtet. Nach einem Foul an der Strafraumgrenze von Patrick Herrmann an Leibold blieb die Pfeife zur Überraschung aller stumm. Auch Videoschiedsrichterin Bibiana Steinhaus griff nicht ein. Dabei hätte der HSV einen Elfmeter kriegen müssen.

Auch in der Folge änderte sich das Bild nicht. Das Hecking-Team dominierte die Partie, ließ den Ball gefällig laufen, nur der letzte Pass fehlte häufig. Bayern-Neuzugang Adrian Fein prüfte daher aus 25 Metern Darmstadts Torhüter Marcel Schuhen (33.).

Und so musste man nach 45 Minuten konstatieren, dass der HSV dominant (65 Prozent Ballbesitz) aber wenig effizient war. "Wir hatten vor allem im ersten Durchgang die größeren Spielanteile, da fehlt uns nur der Treffer. Am Ende ist es wichtig, dass wir noch den Ausgleich erzielen konnten“, erklärte Fein, der zu den besten Hamburgern zählte.

Darmstadt schockt den HSV in Hälfte zwei mit 14-Sekunden-Tor

Und wie es besser geht zeigten ausgerechnet die bis dahin biederen Darmstädter. Einen Weitschuss von Serdar Dursun konnte Heuer Fernandes in Minute 46 nicht ausreichend klären, und der in der Halbzeit eingewechselte Tim Skarke staubte aus kurzer Distanz ab. Gerade einmal 14 Sekunden waren im zweiten Durchgang gespielt. Schockstarre im Volkspark auf den Rängen – und auf dem Rasen.

Der HSV fühlte sich an die Vorsaison erinnert, in der vor allem im heimischen Stadion wenig zusammenlief. Trotz der Tatsache, dass sechs neue HSV-Profis in der Startelf standen, zeigten die Hamburger wie bereits in der Vorsaison kaum mentale Widerstandsfähigkeit. Viele Fehlpässe und Unsicherheiten zogen sich durch die zweite Hälfte. Die Angst war fast greifbar.

Hecking wollte neue Impulse durch Einwechslungen setzen

In der 64. Minute versuchte Hecking, ein Signal von außen zu setzen. Für Dudziak und Jatta kamen Kittel und der in der Vorbereitung lange verletzte David Kinsombi. Doch der Spielverlauf änderte sich nicht. Darmstadt spielte defensiv sehr diszipliniert und profitierte von der Verunsicherung der Hamburger, die am Ende dank des Elfmeters von Aaron Hunt zumindest einen Zähler zum Saisonstart verbuchen konnten.