Hamburg. Mit Lukas Hinterseer, Bobby Wood und Manuel Wintzheimer bewirbt sich ein Trio um die womöglich einzige Stelle im HSV-Sturm.
Ziemlich genau fünf Minuten, so behauptet es zumindest Lukas Hinterseer, liegen zwischen seinem Kinderzimmer und dem HSV-Trainingsplatz. Gemeint ist natürlich nicht der Rasen im Volkspark, sondern das Grün, das der HSV in knapp zwei Wochen im Trainingslager okkupieren wird. Dann schlagen die Hamburger ihr Trainingslager im österreichischen Kitzbühel auf – und dann soll auch Hinterseers Geburtsort einmal mehr groß herauskommen.
„Es lässt sich dort schon ganz gut aushalten“, sagte Hinterseer am Dienstag strahlend – und untertrieb damit natürlich ganz bewusst. „Für mich ist das ein echtes Heimspiel. Einige Freunde und Familie werden sicherlich vor Ort sein“, sagte der Österreicher. Nicht da sein wird dagegen Hinterseers berühmter Onkel Hansi. Der Schlagerstar führt zwar auch die Pension Hinterseer, die nur ein paar Hundert Meter oberhalb der Talstation am Hahnenkamm zu finden ist. Doch der singende Onkel und der kickende Neffe haben eher keinen Draht: „Wir haben keinen Kontakt“, gab Fußballer Hinterseer zu – und ließ vor allem die Boulevard-Journalisten aufhorchen.
Hinterseer: Heckings Taktik noch unklar
Wirklich Schlagzeilen machen will Hinterseer, Lukas aber weniger durch familiäre Nebengeschichtchen als viel mehr durch eine fußballerische Hauptgeschichte. „Ich habe richtig Bock hier“, sagte der Neuzugang gestern, als er den HSV als „eine ganz andere Hausnummer als Bochum oder Ingolstadt“ bezeichnete. „Megatoll“ sei es hier, es würde „megagroßen Spaß“ machen, und Hamburg sei ja ohnehin „megaschön“.
Dem „Megadreikampf“ um den einzigen Sturmplatz in Dieter Heckings bevorzugten 4-1-2-3-System sieht Hinterseer dagegen gelassen entgegen. Noch habe der Trainer gar nicht kundgetan, mit welcher Taktik er in der kommenden Saison zu spielen gedenke, sagte der Torjäger. Und überhaupt: „Druck ist doch Teil des Geschäfts.“
Davon können Hinterseers Sturmkonkurrenten Bobby Wood und Manuel Wintzheimer auch ohne Showbiz-Onkel sicher ein Lied singen. Denn der buchstäbliche Ball liegt nach der Verpflichtung des 18-Tore-Stürmers nun bei den in der vergangenen Saison eher mäßig erfolgreichen Wood und Wintzheimer. Beide haben in der letzten Spielzeit nur jeweils drei Treffer erzielt, sind dabei aber keinesfalls vergleichbar.
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Hecking will noch mit Wood sprechen
Der Fall Wood: Der US-Amerikaner ist seit rekordverdächtigen 27 Monaten im Formtief, woran auch sein Leihwechsel nach Hannover nichts ändern konnte. Beim Bundesligaabsteiger hat der 26-Jährige genauso enttäuscht wie zuvor beim HSV, nachdem er dort im Frühjahr 2017 den Vertrag seines Lebens unterzeichnet hatte. Dieses Arbeitspapier, das Wood sogar in der Zweiten Liga mehr als zwei Millionen Euro im Jahr garantiert, ist auch der Hauptgrund, warum der Hawaianer überhaupt noch in Hamburg ist.
„Wir sind nicht in der Situation, Bobby beiseitezuschieben“, sagt Trainer Dieter Hecking. Mit anderen Worten: Wood ist nicht vermittelbar, soll deswegen aber seine Chance suchen. „Ich werde noch das Gespräch mit ihm suchen und erkunden, wie er seine Situation sieht“, so Hecking. „Beim Training zeigt er sich sehr spielfreudig, ist sehr präsent, macht körperlich einen guten Eindruck.“
Wintzheimer will sich jetzt durchsetzen
Den machte Wintzheimer trotz der „nur“ drei Tore bereits zum Ende der vergangenen Saison. Denn nachdem das Talent zunächst kaum eine wirkliche Chance erhielt, brachte der Youngster es zum Ende der Spielzeit auf die beachtenswerte Quote von jeweils einem Tor alle 107 Minuten. Den erhofften Wechsel zu einem anderen Club überdachte Wintzheimer dann aber doch noch einmal und ließ im Sommer hinterseermäßig wissen, dass er „großen Bock“ habe, sich beim HSV durchzusetzen.
Der „heiße Dreikampf“ um den Platz im Sturm dürfte bereits an diesem Mittwoch im Rahmen des Testspiels beim Meiendorfer SV auf einen echten Höhepunkt zusteuern. Hauptgrund hierfür ist aber natürlich keine Vorentscheidung in dem – Stand jetzt – völlig offenen Gerangel um die Stammplätze. Sondern die Rekordtemperaturen, die derzeit in Hamburg herrschen. Beim Nachmittagstraining am Dienstag wurden 34 Grad im Volkspark gemessen. Im Schatten.
Hinterseer traf gerne gegen den HSV
Aus diesem heraustreten will nun Hinterseer. „Ich möchte hier meinen eigenen Weg gehen“, sagte der 28-Jährige, der in 273 Karrierespielen beeindruckende 96 Tore erzielte. Eine Quote, an die er auch beim HSV anknüpfen möchte. „Es macht riesig Spaß, bei so einem Verein spielen zu dürfen. Das empfinde ich als etwas Besonderes.“
Mehr als besonders ist es auch, was Hinterseer nicht für, sondern gegen den HSV geleistet hat. In drei Spielen mit Bochum und Ingolstadt spielte der Österreicher bereits im Volkspark. Keine dieser drei Partien verlor er. Und noch besser: Beide Tore, die in diesen 270 Minuten gegen den HSV im Volkspark fielen, erzielte: Hinterseer. Nachdem nun Onkel Hansi in so erlauchten Heimatfilmen wie „Da, wo die Berge sind“, „Da, wo die Herzen schlagen“, „Da, wo es noch Treue gibt“ und „Da, wo wir zu Hause sind“ mitspielte, bleibt für Neffe Lukas eigentlich nur ein Titel für seinen HSV-Film: „Da, wo das Tor steht.“