Paderborn. Nach der Endpleite von Paderborn platzt es aus dem Routinier heraus. Hunts Lob für Paderborn offenbart eine tiefe Sehnsucht.

Aaron Hunt stand wie paralysiert im Bauch der Benteler-Arena und griff sich immer wieder in seinen Bart. „Ich muss aufpassen, was ich sage“, nuschelte der Kapitän des HSV, ehe er nach dem 1:4 von Paderborn und dem damit verbundenen Nicht-Aufstieg dann doch noch sehr deutliche Worte fand. „Wir haben alle versagt in dieser Saison“, sagte Hunt rund 15 Minuten nach dem Schlusspfiff, der den Nichtaufstieg der Hamburger einen Spieltag vor Schluss besiegelte.

Die HSV-Profis in der Einzelkritik

„Wir haben eine katastrophale Rückrunde gespielt und sind völlig verdient nicht aufgestiegen. Wenn man in so einem entscheidenden Spiel so auftritt, hat man es nicht verdient aufzusteigen.“ Sätze, die man vom sonst eher ruhigen Hunt so noch nie gehört hatte. Und die deutlich machen, warum der HSV den noch vor Wochen sicher geglaubten Aufstieg verspielt hat. „In den entscheidenden Spielen haben wir uns mehr verpisst als gestellt“, sagte er.

Mentaler Zustand nicht mehr zu reparieren

Nach seiner vierten Verletzung innerhalb der Rückrunde saß der 32-Jährige in Paderborn zunächst auf der Bank. Chefcoach Hannes Wolf hatte zu Wochenbeginn entschieden, den Routinier in den erweiterten Trainerstab einzubinden, um dessen Erfahrung für die Mannschaft zu nutzen. Doch auch diese Maßnahme sollte nichts mehr bewirken.

Alles muss raus: Kapitän Aaron Hunt hat der verpasste Wiederaufstieg schwer zugesetzt.
Alles muss raus: Kapitän Aaron Hunt hat der verpasste Wiederaufstieg schwer zugesetzt. © Imago/DeFodi

Der mentale Zustand des Teams, das wurde am Sonntag noch einmal deutlich, war auf der Zielgeraden nicht mehr zu reparieren. „Das hat nichts mit fußballerischen Fähigkeiten zu tun, sondern damit, in Drucksituationen mutig zu sein und einen klaren Kopf zu behalten. Das haben wir nicht geschafft“, sagte der tief enttäuschte Hunt.

Die Statistik

SC Paderborn

Zingerle - Dräger, Schonlau, Hünemeier, Collins - Gjasula, Klement - Pröger (70. Tekpetey), Vasiliadis (84. Gueye), Antwi-Adjej - Michel (89. Zolinski). - Trainer: Baumgart

HSV

Mickel - Bates (46. Bates), Lacroix, van Drongelen - Sakai, Gideon Jung (72. Wintzheimer),  Janjicic, Santos - Narey, Jatta (46. Arp) -  Lasogga. - Trainer: Wolf

Schiedsrichter

Benjamin Cortus (Röthenbach)

Zuschauer

15.000 (ausverkauft)

Tore

1:0, 2:0 Vasiliadis (25./46.), 2:1 van Drongelen (71.), 3:1, 4:1 Antwi-Adjej (81./86.)

Gelbe Karten

Gjasula  – Jatta, Lacroix, Janjicic

1/6

Hunt: "Eine Riesenenttäuschung für mich"

Der Absturz des HSV in der Rückrunde hat auch mit seiner Person zu tun. Besser gesagt: mit seiner Muskulatur. Gleich in der ersten Woche der Januar-Vorbereitung zog er sich einen Faserriss im Oberschenkel zu. Es folgte der zweite, dann der dritte. Schließlich noch die vierte Verletzung. Hunt sollte die junge Mannschaft führen. Das gelang ihm auch in der Hinrunde. Doch während sich der ehemalige Nationalspieler im Jahr 2019 von Rehatraining zu Rehatraining quälte, brach das interne Mannschaftsgefüge mit jeder Niederlage weiter zusammen. „Das ist eine Riesenenttäuschung gerade für mich, weil ich fast die gesamte Rückserie nicht mitwirken konnte“, sagte er.

HSV ereilt Derbyfluch wie einst St. Pauli

Besonders bitter war im Nachhinein sein dritter Faserriss im Derby beim FC St. Pauli. Seit diesem Spiel Anfang März hat der HSV in der Liga keinen Sieg mehr geschafft. Ein Derbyfluch, wie ihn vor acht Jahren auch der FC St. Pauli erlebte, als er nach dem Sieg im Volkspark im Februar kein Spiel mehr gewann und aus der Bundesliga abstieg. Nun erlebt der HSV sein Derby-Trauma. „Wir haben nach dem St.-Pauli-Spiel bis auf die ersten 20 Minuten gegen Darmstadt nie mehr unsere Leistung auf den Platz gebracht“, sagte Hunt.

Hunt schwärmt von Paderborns Trainer

Nach dem Derby hatte der HSV zwölf Punkte Vorsprung auf Paderborn. Acht Spiele später sind es vier Zähler Rückstand. „Glückwunsch an die Paderborner. Sie haben es verdient. Sie spielen einen tollen Offensivfußball, haben einen guten Trainer, der das immer wieder einfordert“, sagte Hunt. „Es macht Spaß ihnen zuzuschauen.“ Ein Satz, auf den man beim HSV lange wartet. ​

Die Höhepunkte des Spiels

12. Minute

Doppel-Chance für Paderborn – doch erst kann van Drongelen Prögers Schuss zur Ecke klären, dann wehrt Mickel einen weiteren Versuch des Angreifers mit der rechten Schulter ab.

15. Minute

Am Ende einer Hamburger Eckballserie kommt Lacroix zum Kopfball, doch Gjasula blockt den Ball kurz vor der Linie. Das anschließende Gestochere endet für die Hausherren glimpflich.

19. Minute

Nächste dicke Möglichkeit für den HSV, erneut durch einen Abwehrspieler. Diesmal zieht van Drongelen von der Strafraumgrenze ab, den gefühlvollen Schuss pariert Zingerle zur Ecke.

25. Minute

Tor für Paderborn – 1:0. Der HSV hat das Spiel im Griff, lässt sich nach einem Fehler von Bates aber auskontern. Pröger narrt auf rechts gleich drei Spieler und zieht dann im Sechzehner ab. Mickel lässt den Ball nach halblinks abklatschen, Vasiliadis bedankt sich und schiebt zur Führung ein.

31. Minute

Narey hat die dicke Ausgleichschance! Lasogga behauptet im Strafraum den Ball und sieht recht den freien Narey. Der Offensivmann hat Zeit, sich die Ecke auszusuchen, schießt aber zu zentral, sodass Zingerle per Fuß abwehren kann.

38. Minute

Jatta holt nach schönen Sakai-Pass einen Eckball heraus, in dessen Folge Lasogga knapp über die Latte köpft.

46. Minute

Tor für Paderborn – 2:0. Das ging fix: 20 Sekunden nach Wiederanpfiff luchst Vasiliadis nach einem Santos-Fehler Lacroix den Ball ab, hängt den HSV-Verteidiger locker ab und täuscht dann auch nach van Drongelen. Der Niederländer fälscht den Schuss zwar noch ab, dadurch wird er für Mickel im langen Eck aber unhaltbar.

53. Minute

Mickel verhindert die Vorentscheidung, indem er an den Schuss des völlig freien Antwi-Adjej gerade noch die Fußspitze bringt.

54. Minute

Wenig später zieht Vasiliadis erneut ab, Mickel packt aber sicher zu und vermeidet damit den dritten Treffer des quirligen Paderborners.

65. Minute

Gewaltiges Glück für den HSV: Antwi-Adjej darf von links scharf flanken, Klement köpft nicht minder scharf – aber eben auch haarscharf am Tor vorbei.

66. Minute

Sekunden später erhält Klement erneut die Chance, diesmal am Boden – doch der Schuss geht ins Toraus.

67. Minuten

Es geht weiter im Minutentakt: Kurz nach einem Klement-Lupfer, den Mickel pariert, zieht Michel aus der Distanz wuchtig ab. In diesem Fall klärt Mickel zur Ecke. Diese ergibt eine Paderborner Kopfballchance, Arp rettet vor der Linie.

71. Minute

TOOOOOOOOOR für den HSV – 2:1! Van Drongelen bringt den HSV zurück ins Spiel! Der aufgerückte Niederländer wuchtet eine Ecke von Santos per Kopf zum Anschlusstreffer in die Maschen.

74. Minute

Sakai verliert den Ball gegen Tekpetey, bügelt im Laufduell Richtung HSV-Tor seinen eigenen Fehler aber wieder aus.

77. Minute

Arp mit der Chance zum Ausgleich, doch den Schuss des Jokers wehrt Zingerle per Fuß ab. Nareys Nachschuss bleibt in den Paderborner Beinen hängen.

81. Minute

Tor für Paderborn – 3:1. Antwi-Adjej setzt sich links im Strafraum durch und schließt mit rechts ab. Der Ball landet über Mickel hinweg im rechten Eck.

86. Minute

Tor für Paderborn – 4:1. Fast eine Kopie des vorigen Treffers: Erneut bricht Antwi-Adjej auf der linken Seite durch und schiebt den Ball in die rechte lange Ecke.

1/17