Hamburg. Im Aufstiegskampf in Paderborn hoffen die Hamburger auf die Routiniers Lasogga und Hunt – allerdings in verschiedenen Rollen.
Gerade einmal fünf Wochen und drei Tage ist es her, dass der HSV von einer richtig erfolgreichen Saison träumen konnte. Pierre-Michel Lasogga hatte die Hamburger soeben mit einem Doppelpack beim SC Paderborn in das DFB-Pokal-Halbfinale geschossen. Und in der Liga hatte man die große Chance, den Wiederaufstieg frühzeitig zu entscheiden. Torschütze Lasogga gefühlsduselte von seinem HSV („Ich hänge einfach an diesem Verein“) und postete via Instagram ein Bild eines Sockens mit der Aufschrift seines verletzten Kumpels Aaron Hunt. Schwarz-weiß-blaue Wolken in Rautenform schienen sich über dem Volkspark zu formieren.
Was nach diesem Abend folgte, waren fünf Wochen und drei Tage, in denen die Hamburger mit voller Wucht aus all ihren Final- und Rathausmarktträumen gerissen wurden. Und nun? Nun muss der HSV am Sonntag wieder nach Paderborn. Verliert das Team von Trainer Hannes Wolf auch dort, liegt eine ganze Saison in Trümmern. Nach Wochen voller Frust und Enttäuschungen klammert sich der Club einmal mehr an das Prinzip Hoffnung. Und dabei kommt es am Wochenende auf zwei Spieler an, die mit den vielen verfehlten Zielen der vergangenen Jahre und auch Monate eng verknüpft sind: Lasogga und Hunt.
28 Millionen Euro Gehalt
Zwei Spieler, die immer mal wieder für vereinzelte Höhepunkte gesorgt haben in ihrer Zeit beim HSV. Die den Club innerhalb der vergangenen fünf Jahre allerdings auch rund 28 Millionen Euro Gehalt kosteten. Und die diese Summen letztlich nie zurückzahlen konnten, weil sie den körperlichen Anforderungen des Profifußballs viel zu selten Rechnung trugen. Während Lasogga wegen drei unterschiedlicher Muskelverletzungen in dieser Saison schon sieben Spiele verpasste, fehlte Hunt ebenfalls aufgrund von drei verschiedenen Faserrissen sowie einer Rückprellung allein in der Rückrunde schon 13 Mal.
Verlässt Hunt den HSV im Sommer?
Am Saisonende werden sich die Wege der Kumpel trennen. Lasogga und der HSV konnten sich bislang nicht auf eine weitere Zusammenarbeit einigen. Der 27-Jährige wird Hamburg nach fünf Jahren verlassen. Und auch Hunts Zukunft beim HSV ist noch nicht final geklärt. Es erscheint mehr als fraglich, ob sich der verletzungsanfällige Kapitän (Vertrag bis 2020) noch ein weiteres Jahr durch die Zweite Liga quälen will. Oder besser gesagt: Ob sich der HSV noch ein Jahr mit Hunt und seinen ständigen körperlichen Problemen quälen will.
Noch aber besteht die Chance, dass die beiden Freunde für ein versöhnliches Ende einer bislang völlig missratenen Rückrunde sorgen. Während Lasogga am Sonntag wieder in die Startelf zurückkehren dürfte, hofft auch Hunt noch auf einen Einsatz in den letzten zwei Saisonspielen in Paderborn sowie am letzten Spieltag gegen Duisburg. „Ich muss es irgendwie schaffen, in diesen Partien dabei zu sein“, sagte der 32-Jährige, der am Mittwoch nach seiner Rückenverletzung wieder mit der Mannschaft trainiert hatte.
Weil zu Wochenbeginn nicht klar war, ob Hunt in dieser Saison überhaupt noch einmal spielen wird, entwickelte sich im Trainerstab die Idee, den Routinier in die Arbeit einzubinden. Schafft es Hunt nicht in den Kader für das Paderborn-Spiel, soll er trotzdem auf der Bank sitzen und Hannes Wolf sowie den Assistenten André Kilian und Maik Goebbels beratend zur Seite stehen. Es ist ein Impuls, der innerhalb des Trainerteams entstanden ist, nachdem sich die Verantwortlichen gegen einen erneuten Trainerwechsel entschieden hatten.
Auch Sakai soll den HSV verlassen
Dass Hunt diese neue Rolle übernimmt, zeigt noch einmal auf, wie sehr es in der Mannschaft an Persönlichkeiten mangelt. Chefcoach Wolf und Sportvorstand Ralf Becker hatten nach der jüngsten Niederlagenserie die Debatte um die fehlenden Führungsspieler im Team eröffnet. Eine funktionierende Leitachse auf und neben dem Platz ist dem HSV in dieser Saison völlig abhanden gekommen. Lasogga klopft in der Kabine zwar gerne Sprüche, ein anerkannter Führungsspieler ist der 27-Jährige aber ebenso wenig wie der ein Jahr ältere Gotoku Sakai, der laut „Kicker“ den HSV nach der Saison trotz Vertrags bis 2020 verlassen darf – ebenfalls aufgrund seiner ständigen Leistungsschwankungen.
Am Sonntag in der Paderborner Benteler-Arena wird es dennoch wieder auf die Sakais und Lasoggas ankommen. Und zumindest die HSV-Geschichte um den Mittelstürmer beinhaltet das eine oder andere Retterkapitel. Angefangen mit seinem Tor in der Relegation 2014 in Fürth, fortgeführt mit seinem Doppelpack gegen Werder Bremen 2016 oder seinem Last-Minute-Tor auf Schalke 2017. Und auch für die Höhepunkte in dieser Saison zeichnete Lasogga verantwortlich. Sein Hattrick gegen Heidenheim in der Hinrunde und die Doppelpacks im Derby beim FC St. Pauli sowie im Pokal in Paderborn in der Rückrunde waren in dieser Saison die emotionalen Ausschläge nach oben.
Den emotionalen Tiefpunkt der Saison erlebte der HSV am vergangenen Sonnabend beim 0:3 gegen den FC Ingolstadt, als die Mannschaft am Ende des Spiels sogar von den eigenen Fans verhöhnt wurde. Die Spieler sind es dem Club nun schuldig, sich am Sonntag in Paderborn von einer anderen Seite zu präsentieren. Allen voran Aaron Hunt und Pierre-Michel Lasogga.