Hamburg. Das junge Team agiert angeschlagen. Doch in den entscheidenden Spielen könnte einige Aufstiegserfahrung zum Tragen kommen.
Die Frage muss erlaubt sein: Spricht überhaupt noch irgendetwas für den Aufstieg des HSV? Siebenmal in Folge haben die Hamburger nicht mehr gewinnen können. In der Rückrundentabelle steht der HSV auf dem 16. Rang. Und nimmt man nur die letzten Wochen seit dem Derbysieg gegen den FC St. Pauli, dann gibt es sogar kein einziges Team, dass eine schlechtere Form aufweist. Ach ja, und jetzt muss die Mannschaft von Trainer Hannes Wolf auch noch zum SC Paderborn. Dem Tabellenzweiten. Und vor allem: dem mit Abstand besten Team der Rückrunde.
Was bitte schön soll den Fans da also noch großartig Hoffnung machen?
Ein ungewöhnlicher Vorschlag: die Mannschaft. Klingt komisch, macht aber Sinn. Denn ob man es nun glauben mag oder nicht: Beim HSV haben viel mehr Spieler, als man denkt, bereits nachgewiesen, dass sie aufsteigen können.
„Es ist unbeschreiblich. Es war ein geiles Gefühl, als der Ball über der Linie war“, sagte zum Beispiel Pierre-Michel Lasogga. Nicht heute oder gestern. Sondern vor sechs Jahren. Als er Hertha BSC bereits fünf Spieltage vor Schluss im Heimspiel gegen den SV Sandhausen zum Wiederaufstieg in die Bundesliga schoss. „Meine Mutter hat mir gesagt, dass ich mir wohl alles für das Aufstiegstor aufgehoben hätte“, sagte Lasogga. „Wie so oft hatte meine Mutter recht.“
Özcan machte Aufstiegstrainer Wolf nass
Nun weiß man leider nicht, was Mama Lasogga ihrem Filius vor dem so wichtigen Spiel gegen Paderborn sagen wird. Aber obwohl der bullige Torjäger mit zwei Aufstiegen sogar der größte Aufstiegsexperte im Kader des HSV ist, ist er beileibe nicht alleine.
Die frischesten Erinnerungen an eine Aufstiegsfeier haben Trainer Hannes Wolf und Mittelfeldmann Berkay Özcan. Der eine (Wolf), weil es gerade einmal zwei Jahre her ist, dass er nach dem Aufstieg mit dem VfB Stuttgart noch auf dem Rasen mit Bier übergossen wurde. Und der andere (Özcan), weil er derjenige war, der das Glas erhob und den Gerstensaft über seinen Coach ausschüttete. „Es fühlt sich sehr, sehr gut an“, sagte damals Wolf, der auch jetzt wieder beim Motivationskommando „Ich glaube noch immer an den HSV-Aufstieg“ vorwegmarschiert: „Der Fußball schreibt die verrücktesten Geschichten.“
Narey war der Mann für die wichtigen Tore
Zu diesen Geschichten gehören auch die wohl eher weniger beachteten Aufstiege von Torhüter Julian Pollersbeck (mit dem SV Wacker Burghausen II 2012 in die fünftklassige Bayernliga Süd), Defensivtalent Jonas David (mit der U 14 von Eintracht Norderstedt 2014 in die Regionalliga Nord), Ersatztorhüter Tom Mickel (mit Energie Cottbus II 2007 aus der NOFV-Oberliga Süd in die Regionalliga Nord) oder Khaled Narey (mit der B-Jugend des SV Bergisch Gladbach 2008 in die B-Jugend Bundesliga).
"Der junge Khaled Narey führte im Mittelfeld klug Regie und erzielte außerdem noch wichtige Tore", hieß es damals in der Stadionzeitung des nordrhein-westfälischen Clubs. Elf Jahre später wäre es allerdings höchste Zeit, dass der inzwischen weitaus erfahrenere Narey nach acht Spielen ohne Treffer auch in Hamburg seine Torgefahr in der entscheidenden Aufstiegsphase wiederentdeckt.
Van Drongelen griff nach Coup zum ersten Bier
Auch Rick van Drongelen kennt den verlockenden Geschmack eines Aufstiegs ganz genau. Das erste alkoholische Kaltgetränk seines Lebens hat sich der Innenverteidiger gegönnt, als er mit 17 Jahren mit seinem Ex-Club Sparta Rotterdam in die erste holländische Liga aufgestiegen ist. „Der perfekte Moment für das erste Bier“, sagte van Drongelen, der nach seinem Profi-Debüt in der Aufstiegssaison sogar noch einen Treffer beisteuerte.
Und auch David Bates weiß, wie man aufsteigt. Nicht mit dem Verein, aber mit der Nationalmannschaft. Für van Drongelens Abwehrkollegen waren die Länderspielsiege gegen Albanien (4:0) und Israel (3:2), durch die Schottland in die B-Gruppe der Nations League aufstieg, sogar die wichtigsten Spiele seines Lebens. „Tolle Tage waren das“, sagt Bates, der dieses Erlebnis gerne auch mit dem HSV wiederholen wollen würde.
Mangala erst zur Aufstiegsfeier wieder fit?
Um aber tatsächlich noch eine Chance auf den Doch-noch-Aufstieg zu haben, müsste der HSV zunächst einmal in den beiden Spielen gegen Paderborn und Duisburg siegen. Und dann wohl auch noch in einer möglichen Relegation. Doch wie befürchtet wird Orel Mangala dann nicht dabei sein, nachdem sich der Belgier einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zugezogen hat. Mangalas einzige Hoffnung: Für eine Aufstiegsfeier, an die momentan kaum noch einer glaubt, sollte er fit genug sein.