Hamburg. Platz eins scheint vergeben zu sein. Doch dahinter wird es richtig spannend. Fällt die Vorentscheidung am Supersonnabend?
Am Mittwochvormittag hätte man im Volkspark meinen können, es gäbe etwas zu feiern. Rund 300 Fans waren bei strahlendem Wetter zum HSV-Training gekommen. Der Autogramme-Ansturm auf die Profis um Kapitän Aaron Hunt, Stürmer Pierre-Michel Lasogga oder Köln-Torschütze Manuel Wintzheimer war riesig. Spieler und Anhänger grinsten um die Wette. Der späte 1:1-Ausgleich im Spitzenspiel beim 1. FC Köln am Montagabend hatte beim HSV nachhaltige Wirkung hinterlassen.
Fünf Spieltage vor Saisonschluss haben es die Hamburger selbst in der Hand. Drei Punkte Vorsprung auf Rang drei sowie drei Heimspiele gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel verschaffen dem Team eine sehr gute Ausgangssituation. „Alles ist möglich“, sagte Cheftrainer Hannes Wolf am Mittwoch nach dem Training, meinte damit aber nicht die Tabellensituation der Zweiten Liga, sondern die Einsatzchancen der Rückkehrer Hunt, Lasogga und Hee-chan Hwang im Heimspiel gegen Erzgebirge Aue am Sonnabend im Volksparkstadion (13.30 Uhr).
Dritte Muskelverletzung von Hunt
Kapitän Hunt hatte sich im Derby beim FC St. Pauli vor fünfeinhalb Wochen die bereits dritte Muskelverletzung im Oberschenkel in diesem Jahr zugezogen. Trainer Wolf ist entsprechend vorsichtig, auch wenn Hunt sagt: „Ich habe keine Angst. Ein Restrisiko besteht auch in drei Wochen noch. Ich fühle mich gut.“ Hunt will sich mit Wolf nach der Einheit am Donnerstag besprechen und dann eine Entscheidung treffen, ob er schon gegen Aue wieder spielt oder erst am kommenden Dienstag im DFB-Pokal-Halbfinale gegen RB Leipzig.
Als sicher gilt, dass Toptorschütze Pierre-Michel Lasogga nach seiner Adduktorenverhärtung gegen Aue wieder in die Startelf zurückkehrt. Der Südkoreaner Hwang dürfte nach fast sieben Woche Pause für eine Einwechslung infrage kommen. „Es ist ein positiver Trend zu erkennen, aber bei der Vorgeschichte ihrer Verletzungen schauen wir von Tag zu Tag und warten das nächste Training mit Spielformen ab“, sagte Wolf.
Große Personalprobleme
Rechtzeitig vor den entscheidenden Saisonspielen hat der HSV-Trainer damit nahezu alle Profis wieder zur Verfügung. Die Personalprobleme hatten den Hamburgern in den vergangenen Wochen stärker zugesetzt als angenommen. Insbesondere das Fehlen von Hunt machte sich bemerkbar. Mit dem Spielmacher auf dem Platz (19 Partien) holte der HSV im Schnitt 2,2 Punkte pro Spiel, ohne ihn (zehn Partien) nur 0,9. Seit dem 4:0-Erfolg bei St. Pauli, dem bislang letzten Spiel mit dem Kapitän, blieb der HSV in vier Ligaspielen in Folge sieglos. Der Kampf um den Aufstieg hat sich in dieser Zeit zu einem echten Schneckenrennen entwickelt. Denn auch Verfolger Union Berlin blieb zuletzt viermal in Folge sieglos, St. Pauli sogar fünfmal.
Und so streiten sich fünf Spieltage vor Schluss noch sieben Clubs um die ersten drei Ränge. Einzig Platz eins scheint dabei vergeben zu sein. Der 1. FC Köln wird sich die Zweitligameisterschaft angesichts des Restprogramms kaum mehr nehmen lassen. „Wenn man fünf Spieltage vor Schluss sieben und zehn Punkte Vorsprung hat, dann sollte man es über die Runden bringen. Sonst hat man es auch nicht verdient“, sagte FC-Geschäftsführer Armin Veh nach dem 1:1 gegen den HSV.
Hinter Köln wird es spannend
Doch hinter Köln wird es richtig spannend. Vor allem für die Hamburger, die in den Spielen bei Union Berlin und dem SC Paderborn noch gegen zwei direkte Konkurrenten auswärts antreten müssen. „Jetzt ist richtig Druck drauf, den müssen wir aushalten, daraus Energie machen und wieder auf unsere beste Leistung kommen. Jetzt spitzt sich alles zu. Ich hoffe, dass die Situation die Sinne schärft. Wir haben nur noch Endspiele, nur noch Finals“, sagt Trainer Wolf.
HSV erkämpft sich Punkt in Köln:
HSV erkämpft sich einen Punkt in Köln dank Wintzheimer
Der Weg zum Aufstieg führt für den HSV über die Heimspiele. Halten die Hamburger ihren Schnitt von 1,79 Punkten pro Spiel, landen sie am Ende bei 61 Zählern und dürften damit aufsteigen. Oder einfacher ausgedrückt: Der HSV braucht aus den letzten fünf Spielen noch drei Siege. Statistisch gesehen reichten seit Einführung der Dreipunkteregel in der Saison 1995/96 durchschnittlich 60,83 Punkte für Platz zwei und damit den direkten Wiederaufstieg. Der HSV käme mit drei Siegen auf 61 Zähler.
Vorentscheidung am Supersonnabend
Allerdings mussten sich die Aufsteiger in den vergangenen Jahren häufiger mal strecken. In den Spielzeiten 2015/16 und 2016/17 musste der Zweitplatzierte 66 und 67 Punkte holen, um die Relegation zu vermeiden. Schaut man sich jedoch in den vergangenen Jahren die Punkteausbeute nach 29 Spieltagen an, wird die 60-Punkte-Marke wohl auch in dieser Saison wieder reichen.
Eine Vorentscheidung im Schneckenrennen um den Aufstieg könnte am Supersonnabend fallen. Mit dem HSV, Holstein Kiel, Paderborn und Union Berlin treten die Teams auf den Rängen zwei bis fünf alle gleichzeitig an. Kiel und Paderborn treffen sich sogar im direkten Duell. Der HSV könnte bei perfektem Verlauf seinen Vorsprung mal wieder auf sechs Punkte ausbauen, bei einer Niederlage aber auch Platz zwei verlieren.
Läuft es aus Sicht des HSV optimal, wäre der Aufstieg in die Bundesliga rechnerisch sogar schon in zwei Wochen mit einem Heimsieg gegen Ingolstadt möglich. Dafür müsste die Mannschaft von Hannes Wolf aber die kommenden drei Spiele gewinnen und die Konkurrenz entsprechend patzen. Angesichts der Hamburger Wankelmütigkeit muss man aber eher davon ausgehen, dass die Entscheidung erst am letzten Spieltag am 19. Mai gegen den MSV Duisburg fällt. Ohne Drama geht es beim HSV schließlich selten.