Hamburg. Lasogga und Papadopoulos sind die HSV-Trümpfe im Saisonfinale. Ob sie ein Teil des Umbruchs werden, ist noch offen.
Den Auszug des HSV-Girokontos hatte sich Ralf Becker am Mittwochmorgen noch nicht angeschaut. Vermutlich kennt der Sportvorstand die Zahlen ohnehin auswendig. Zum anderen lässt sich der DFB mit der Ausschüttung der Pokalprämie von 2,656 Millionen Euro bekanntermaßen ein paar Tage Zeit. „Ich freue mich, wenn ich das Geld für Transfers ausgeben kann“, sagte Becker und grinste, als er am Mittag im Volkspark den immer noch Magen-darm-infizierten Trainer Hannes Wolf im Mediengespräch vertrat.
Am Tag nach dem 2:0-Sieg im DFB-Pokal-Viertelfinale beim SC Paderborn und dem erstmaligen Einzug in das Halbfinale seit 2009 wirkten die Frühlingsgefühle, die der Erfolg ausgelöst hatte, noch immer nach. „Wir wollen diesen geilen Abend, dieses geile Gefühl mitnehmen“, sagte der ansonsten nicht gerade für Gefühlsduselei bekannt gewordene Sportchef Becker. Sein emotionaler Ausschlag hatte daher auch nur die handgestoppte Länge eines Halbsatzes, ehe der Schwabe zu gewohnter Nüchternheit ansetzte. „Das entscheidende wird jetzt sein, am Montag in der Liga gegen Magdeburg mit einem Sieg nachzulegen. Dann war es eine gute Woche.“
Und nur wenn am 19. Mai der Wiederaufstieg in die Bundesliga gelingt, war es für den HSV auch eine gute Saison – Pokalhalbfinale hin oder her. Die große Zeit der Entscheidungen für Ralf Becker, den neuen Sportdirektor Michael Mutzel sowie die Clubbosse um Vorstandschef Bernd Hoffmann beginnt allerdings erst danach. Das wurde am Dienstagabend mit Blick auf die Startelf des HSV und die Schlüsselspieler der Partie deutlich.
Papadopoulos' Gehalt würde sich verdoppeln
Da wären zum einen Doppelpacker Pierre-Michel Lasogga und Comebacker Kyriakos Papadopoulos, die prägenden Gesichter des Abends. Zwei Persönlichkeiten, die dem HSV durch ihre Leistungen in Paderborn zwar viel Geld eingebracht, dem Club in den vergangenen Jahren aber auch schon viel zu viel Geld gekostet haben. Und die die Frage aufwerfen, wie viel Geld sie dem HSV in der kommenden Saison wert wären.
Bei Papadopoulos ist die Rechnung einfach. Der Vertrag des Griechen läuft noch bis zum Sommer 2020. Bei einer Rückkehr in die Bundesliga würde sein in der Zweiten Liga reduziertes Gehalt wieder auf rund vier Millionen Euro steigen. Bedenkt man, dass auch Sommer-Rückkehrer Bobby Wood wieder auf 3,5 Millionen Euro Grundgehalt käme, wären mehr als 20 Prozent des angepeilten Mannschaftsetats von 40 bis 50 Millionen Euro bei einem Wiederaufstieg bereits mit zwei Profis belastet. Kein Wunder also, dass Becker nicht in emotionale Trauerzustände verfallen würde, sollten sich Papadopoulos und Wood einem neuen Club anschließen. Im Gegenteil.
Lasoggas Pokal-Show in Paderborn:
HSV: Lasogga-Show bei Pokal-Sieg in Paderborn
Lasogga-Angebot unterhalb der Obergrenze?
Anders sieht es im Fall Lasogga aus. Der im Sommer vertragslose Stürmer hat gerade erst Gespräche mit Becker über seine Zukunft geführt. Der HSV würde ihn gerne halten. Laut „Sportbild“ allerdings nur im Fall des Wiederaufstiegs. Dann würde im Volkspark die neue Gehaltsobergrenze von zwei Millionen Euro pro Spieler gelten. Das Angebot, das der HSV Lasogga machen wird, dürfte zudem niedriger ausfallen. Ob sich der 27-Jährige, der selbst in der Zweiten Liga noch ein Grundgehalt von 3,4 Millionen Euro pro Jahr bekommt, darauf einlassen wird? „Es ist eine offene Sache. Unsere Situation ist klar“, sagte Becker am Mittwoch. Und Lasogga? „Ich hänge an diesem Verein“, sagte der Torjäger nach dem Pokal in Paderborn. Doch zu welchem Preis?
Fragen, die sich ohnehin erst beantworten lassen, wenn klar ist, in welcher Liga der HSV in der kommenden Saison spielt. Klar ist schon jetzt, dass mit Orel Mangala und Douglas Santos zwei weitere Schlüsselspieler den HSV nach der Saison verlassen werden. Mit David Kinsombi von Holstein Kiel ist der Mangala-Ersatz bereits gefunden. Die Pokaleinnahmen will Becker auch dafür nutzen, diesen rund drei Millionen schweren Transfer zu finanzieren. „Wie bei allem werden wir das Geld teilen, sicherlich geht auch ein Teil in den Kader“, sagte Becker, ganz ohne Gefühle.
Dass der Kader in der kommenden Saison in jedem Fall anders aussehen wird, kündigte Becker am Mittwoch bereits an. „Es wird im Sommer Veränderungen geben. Die werden wir nicht ängstlich angehen, die werden wir lösen“, sagte der 48-Jährige selbstbewusst. Neben Mangala und Santos sowie Lewis Holtby wird aller Voraussicht nach auch Fiete Arp den HSV im Sommer verlassen. Becker muss diese Abgänge kompensieren und dabei noch einen Transferüberschuss erwirtschaften.
Dass sich der Manager mit solchen Aufgaben auskennt, hat er mit Holstein Kiel bewiesen. Als er als Sportchef mit den Störchen vor zwei Jahren in die Zweite Liga aufstieg, holte er zwölf Neuzugänge ablösefrei, unter anderem auch Kinsombi vom Karlsruher SC. Am Ende der Saison verpasste Kiel den Durchmarsch in die Bundesliga nur knapp.
Für den HSV soll die Saison ein anderes emotionales Ende nehmen. Nach dem Einzug in das Pokalhalbfinale will der Club die Frühlingsgefühle besser transportieren als nach dem Derbysieg bei St. Pauli. „Wir können uns jetzt kurz freuen“, sagt Becker am Ende gewohnt nüchtern. „Die Liga hat aber Priorität.“