Hamburg. In Bochum wollte der HSV die jüngste Heimpleite wettmachen. Doch im Endspurt um den Aufstieg wird die Mannschaft nervös.
Der Abstecher in seine Geburtsstadt gehörte für Trainer Hannes Wolf nicht zu den Höhepunkten der Saison. Das enttäuschende 0:0 beim VfL Bochum am Sonnabend bestätigte die Probleme des Hamburger SV in der Rückrunde der 2. Fußball-Bundesliga. Es mangelt der Mannschaft an Konstanz, mentaler Stärke, Zweikampfhärte und Durchsetzungsvermögen - nicht immer, zuletzt aber häufiger. Glück aber scheint der Bundesliga-Absteiger im Überdruss zu haben. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen», stöhnte Sportvorstand Ralf Becker.
Viel Zeit zum Grübeln bleibt den Hamburgern nicht. Schon am Dienstag steht für die Hanseaten das Viertelfinale im DFB-Pokal beim Liga-Konkurrenten SC Paderborn an. "Wir haben gegen Bochum im Spielaufbau zu viele Bälle verloren", sagte Wolf am Sonntag Im Kurztrainingslager im Hotel Klosterpforte im ostwestfälischen Harsewinkel. "Wir haben jetzt aber nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, weil wir uns bereits voll auf das Pokalspiel in Paderborn fokussieren."
Vor dem Pokal-Spiel kann sich Wolf dann auch noch persönlich bei den Paderbornern dafür bedanken, dass der HSV trotz des mauen Auftritts in Bochum noch immer relativ unangefochten auf dem zweiten Tabellenplatz steht. Die Ostwestfalen hatten am Sonnabend beim HSV-Rivalen Union Berlin mit 3:1 gewonnen und sind selbst nah an den Aufstiegsplätzen. "Die Paderborner sind offensiv stark und haben mit dem 3:1-Erfolg in Berlin ein starkes Zeichen gesetzt", sagte Wolf. "Sie haben viel Geschwindigkeit und Intensität. Da müssen wir voll da sein."
HSV-Sportvorstand Becker: "Alle erwarten den Aufstieg"
In der 2. Bundesliga kann sich der HSV zumindest auf eines verlassen: Spielt er schlecht, sind die Konkurrenten im Kampf um einen Aufstiegsplatz häufig schlechter - siehe Union oder der FC St. Pauli. Auf Pech und Unvermögen der Rivalen weiter zu vertrauen, könnte sich am Ende aber als bittere Fehlkalkulation herausstellen.
"Alle erwarten den Aufstieg. Das schütteln einige Jungs nicht so einfach aus den Kleidern", entschuldigte Becker das Treiben der Profis in der Rückrunde. In der ersten Halbserie Klassenprimus mit 2,17 Punkten, in der Rückrunde biederes Mittelmaß mit 1,4 Zählern. Lediglich 14 von 30 möglichen Punkten gelangen den Norddeutschen in dieser Phase. Nach Aufstieg sieht das, was der HSV in der zweiten Saisonhälfte darbietet, nicht aus.
"Umso mehr es in Richtung Ende geht, desto mehr spitzt sich die Sache auch zu", beschrieb Becker die Lage. "Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass der Druck für die Jungs nicht zu groß wird." Beschwörungsformeln scheinen die Hamburger eher zu lähmen denn zu motivieren. "Nicht jeder hat die mentale Stärke, damit gut umzugehen. Jetzt ist es unsere Aufgabe, den Jungs klarzumachen, dass wir grundsätzlich eine wahnsinnige Qualität haben und dass man sich nicht zu sehr unter Druck setzen sollte", erklärte Becker.
Talent Köhlert wirbelt bei den HSV-Profis
Zu den wenigen Lichtblicken beim müden 0:0 des HSV zählt Mats Köhlerts, auch wenn seine Premiere als Profi nur zwölf Minuten dauerte. "Vom Spielertyp her war er genau der Typ, den wir noch mal bringen wollten", sagte Trainer Wolf am Sonnabend in Bochum. Sein Kurz-Fazit für Köhlerts Kurzeinsatz: "Gut. Mentalität, Power."
Das 20 Jahre alte Offensiv-Talent war von Wolf in den Kader für die Reise zum Zweitliga-Spiel in Bochum und die Viertelfinalpartie des DFB-Pokals am Dienstag beim SC Paderborn beordert worden. In Jann-Fiete Arp wurde indes ein anderes Talent ins Regionalliga-Team geschickt. "Ich war einfach nur froh, dass ich mitfahren durfte", sagte der 1,67 Meter große Köhlert.
Empfohlen hatte sich der gebürtige Hamburger in der zweiten Mannschaft und der U20-Nationalmannschaft. "Ich finde Mats super, auch im Training hat er schon einen sehr guten Eindruck gemacht", sagte Mitspieler Orel Mangala.
Ob Köhlert auch langfristig beim HSV bleibt, ist offen. Sein Vertrag läuft im Sommer aus. Köhlert zuckt bei der Frage nach seiner Zukunft mit den Achseln: "Keine Ahnung. Ich bin jetzt hier beim HSV und froh, mein Debüt gegeben zu haben. Daran will ich jetzt anknüpfen."
Nun soll wieder Lockerheit ins HSV-Team einziehen
Im Kurztrainingslager im Hotel Klosterpforte in Ostwestfalen soll bis zum Pokal-Viertelfinale am Dienstag beim SC Paderborn wieder Lockerheit ins Team einziehen. Ein Erfolgserlebnis - und auch noch auswärts - wäre von großer Bedeutung für die Hamburger in der gegenwärtigen Situation. "Ein geiles Spiel für beide Vereine. Keiner hätte vor der Saison erwartet, dass der HSV oder Paderborn das Halbfinale erreichen würde", meinte Innenverteidiger Rick van Drongelen, der sich auf die Abwechslung freut.
Der Verein lechzt geradezu nach den 2,656 Millionen Euro, die es für einen Halbfinaleinzug geben würde. Trainer Wolf geht es weniger um die Finanzen als vielmehr um das Selbstvertrauen seiner Männer in der Schlussphase der Liga. Deshalb kommt ihm der Nebenschauplatz Pokal gerade recht. "Das ist ein anderer Druck als in der Liga", meinte er.