Hamburg. Der frühere Hamburger kehrt als Trainer mit Darmstadt 98 zurück in den Volkspark. HSV ist für ihn ein „ absoluter Top-Verein“.

Dimitrios Grammozis hat den Kampf gegen die Uhr bereits am frühen Morgen verloren. Eigentlich will der Neu-Trainer von Darmstadt 98 nur ein Handykabel kaufen, findet aber genauso wenig den richtigen Laden wie seit Wochen die erhoffte neue Bleibe. „Ich tue mich ziemlich schwer, eine Wohnung zu finden – was aber vor allem daran liegt, dass ich kaum Zeit für die Suche habe“, sagt Grammozis, der auch jetzt wieder im Stress ist. Es ist kurz nach 10 Uhr – und das Mannschaftstraining ist erst um 15.30 Uhr angesetzt. Aber spätestens um 10.30 Uhr wollte er mit der Vorbereitung beginnen – und das verflixte Aufladekabel fehlt ja auch noch.

Es hilft also nichts: Ärmel hochkrempeln und los. So war Grammozis als Spieler. Und so ist er als Trainer. „Spieler zu sein, ist das Schönste auf der Welt“, sagt er. „Aber das Trainersein ist dann doch etwas ganz anderes, auch wenn man das als Spieler oft nicht wahrhaben will.“ Tatsächlich ist es gerade einmal 20 Tage her, dass der Deutschgrieche seinen ersten Profivertrag als Darmstadt-Cheftrainer unterschrieben hat. Nach sechs Jahren als Nachwuchscoach bei nahezu allen Jugendmannschaften des VfL Bochum. „Mir war es sehr wichtig, den Trainerjob von der Pike auf zu lernen“, sagt Grammozis am Telefon, während er weiter nach dem richtigen Handyladen Ausschau hält. „Ich habe mir ganz bewusst ausgesucht, zunächst einmal ein paar Jahre lang in den unterschiedlichen Jugendmannschaften Erfahrungen zu sammeln.“

„Er hat sich einen Superruf erarbeitet“

Ein Weg von unten nach oben, dem auch der gebürtige Bochumer Hannes Wolf einiges abgewinnen kann. „Wir haben zwar nie gegeneinandergespielt. Aber ich habe seinen Weg ganz genau verfolgt“, sagt der heutige HSV-Coach, der während Grammozis’ Bochumzeit in Dortmund als Nachwuchscoach gearbeitet hat. „Dimitrios hat über Jahre verdammt viel Arbeit in den Nachwuchs gesteckt. Er hat sich einen Superruf erarbeitet. Deswegen ist der Schritt zum Profitrainer für ihn auch völlig verdient.“

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    Grammozis, den mit Sportchef Carsten Wehlmann noch ein Ex-Hamburger zu 98 gelockt hat, wird sich erst am Sonnabend für die verbalen Blumen seines Trainerkollegen bedanken können. Der Betriebsausflug mit Darmstadt ist für ihn die erste Rückkehr als Trainer in den Volkspark, wo er vor rund 20 Jahren noch jeden Grashalm kannte. „Das ist schon sehr lange her. Aber meine Zeit beim HSV werde ich immer als ein besonderes Erlebnis abspeichern. Der HSV ist ein Schwergewicht, ein absoluter Top-Verein“, schwärmt Grammozis, der sich 2000 sogar mit dem HSV für die neue Champions League qualifizierte. „Als ich damals in Hamburg war, wurde gerade das neue Volksparkstadion fertig. Man hatte das Gefühl, bei etwas Besonderem dabei zu sein“, erinnert sich der ehemalige Mittelfeldstaubsauger. „Vor meinem Abschied hat sich der Club dann auch erstmals seit dem Triumph von 1983 wieder für die Champions League qualifiziert. Es war eine wahnsinnige Zeit.“

    Grammozis verließ den Norden

    Das alles: verdammt lang her. In seiner letzten HSV-Partie (gegen den MSV Duisburg) spielte Grammozis an der Seite von Niko Kovac im Mittelfeld, dahinter Nico-Jan Hoogma, André Panadic und Ingo Hertzsch, vorne Mehdi Mahdavikia und Roy Präger. „Der HSV ist eine andere Kategorie“, schwärmt Grammozis noch heute. „Damals war ich noch sehr jung – und ich wollte unbedingt näher zu meiner Schwester, die damals in Ludwigshafen wohnte.“ Also verließ das damalige Toptalent den Norden – und kam bis heute nie wieder.

    Bis 2000 lief Grammozis 32-mal für den HSV auf.
    Bis 2000 lief Grammozis 32-mal für den HSV auf. © Witters

    Besser soll es schon bald ein anderer Bochumer machen: Sommer-Neuzugang Jan Gyamerah, der ablösefrei vom VfL kommt. „Ich kenne Jan sehr gut“, sagt Grammozis. „Er ist ein absoluter Gewinn für den HSV. Jan ist hervorragend ausgebildet. Ich bin mir sicher, dass er sich in Hamburg durchsetzen wird ...“

    Doch das ist natürlich noch Zukunftsmusik. Heute will Grammozis zunächst einmal ein Ladekabel kaufen – und morgen den Volkspark rocken. „Wir wollen den Jungs auch Lösungen mit Ball an die Hand geben. Aber bei allem Bemühen, gut Fußball zu spielen, darf natürlich die Aggressivität nicht zu kurz kommen“, sagt er. Der Trainer Grammozis, der bereits als Sechsjähriger sämt­liche „Sportschau“-Sendungen mit dem Videorekorder aufnahm, um die Spiele anschließend in Ruhe zu analysieren. Und heute? Lässt sich nicht einmal ein verdammtes Handykabel finden.